Meinung

Nachgehakt: Angebliche LTE-Funklöcher gar nicht existent

In einem Kommentar haben wir bereits die von P3 Communications durch Crowd Sourcing erhobenen Daten zu den Mobilfunknetzen in Deutschland aufgegriffen. Die WELT hat nun auf Basis dieser Daten eine Abdeckungskarte bereitgestellt, die vor allem die Funklöcher in den Netzen der deutschen Netzbetreibern aufzeigen soll.

Doch bei genauerer Betrachtung zeigen sich bereits Schwächen an den erhobenen Daten. Ausgestattet mit einem Pixel 3 ist unser Redakteur in den vergangenen Wochen selbst durch Deutschland gefahren und hat mittels der App Cellmapper das Mobilfunknetz an bestimmten Orten erfasst und auch die Funktürme aufgezeichnet. Beispielhaft wird daher das Mobilfunknetz der Deutschen Telekom als Referenz genommen.

Keine Übereinstimmung mit Auswertung von WELT

Am Beispiel des Niedersächsischen Ortes Ebstorf, südlich von Lüneburg, haben wir andere Daten ermittelt, als die Karte der WELT zeigt. Die WELT präsentiert auf der Karte ein mittelgroßes Funkloch zwischen Velgen und Hanstedt I, welches allerdings so nicht existiert. Unseren Messungen zufolge ist dort zwar der Signalpegel recht schwach, aber doch vorhanden. Sowohl von Ebstorf aus, als auch von Barum wird das entsprechende Gebiet mit LTE 800 versorgt, der aktuell niedrigsten für LTE genutzten Frequenz.

Datensatz von P3
Datensatz gesammelt von Cellmapper

Datensatz nicht ausreichend

Die Daten, die P3 Communications erhoben hat, basieren auf Samples von 150.000 Smartphones. Im Hintergrund haben 800 verschiedene Apps heimlich die Daten aufgezeichnet, und anonymisiert an das Unternehmen weitergeleitet. Aktuell haben alle 3 Netzbetreiber etwa gleich viele Kunden. Ist der Datensatz repräsentativ, dann kann davon ausgegangen werden, dass alle Probanden gemeinsam ein Gesamtbild des deutschen Marktes ergeben. Doch hier liegt bereits die Schwierigkeit: Auch wenn es viele Probanden gibt, bedeutet das nicht gleich, dass die Statistik repräsentativ ist (Literary-Digest-Disaster).

Aber gehen wir mal davon aus, dass die Proben repräsentativ sind. Damit gäbe es 50.000 Kunden im Telefónica Netz, 50.000 Kunden im Vodafone Netz und 50.000 Kunden im Telekom Netz. Im Telekom Netz waren zum Zeitpunkt des Quartalsberichtes Q3 2018 11,6 Millionen Kunden im LTE-Netz des Bonner Anbieters unterwegs. Das wären 26 Prozent der gesamten Mobilfunkkunden (43 Millionen) unter Magenta-Flagge.

Von den 150.000 Teilnehmern insgesamt und den 50.000 Teilnehmern mit Telekom Netz haben also nur 26 Prozent überhaupt Zugang zum LTE-Netz. Damit wurden Daten von nur 13.000 Kunden im Telekom-Netz für LTE gesammelt. Diese 13.000 ergeben auf die Fläche der Bundesrepublik Deutschland eine Anzahl von ganzen 0,036 Probanden pro Quadratkilometer. Und genau diese Studie nehmen Politiker als Basis um das Mobilfunknetz zu bewerten? Vor allem, da die Studie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mal repräsentativ ist.

Viele Kunden, gerade im Discounter-Bereich, bekommen außer bei Telefónica keinen Zugang zum LTE Netz, ganz egal ob es Vodafone oder Telekom heißt. Wie soll man denn mit solch einer Konstellation auf Basis einer durch Crowd Sourcing erhaltenen Datenbasis eine vernünftige Aussage treffen? In anderen Ländern, wie beispielsweise den USA, mag das vielleicht gehen. Dort bekommt aber nahezu jeder Kunde auch Zugang zum LTE Netz.

Beispiele wie das in Ebstorf finden sich zuhauf, dafür muss man nur in die einschlägigen Foren von Mobilfunkbegeisterten schauen. Ohne genaue Messmethodik lässt sich ein Gesamtbild nicht ermitteln, weder von P3 Communications, noch von etwaigen Funkloch-Apps der Länder. Das deutsche Mobilfunknetz hat sehr viel Potenzial für Verbesserungen. Die Mobilfunknetzbetreiber selbst wissen aber immer noch am Besten, wo welches Funkloch im eigenen Netz klafft und dafür muss man nur den Schritt gehen und mal auf die eigenen Ausbaukarten schauen.

Am Beispiel 65719 Hofheim-Wildsachsen: Abgesehen davon, dass für Vodafone und Telekom im Ort teils gar keine Daten vorliegen, wird die LTE-Abdeckung der Telekom sogar unterschlagen. Die hat dort, wie Vodafone, schon seit 2012/2013 LTE 800 und seit 2017 auch LTE 1800 ausgebaut, erscheint auf der P3-Karte jedoch komplett schwarz/ohne LTE-Abdeckung.

– User FTTH im Telefon-Treff Forum

Mobilfunk geht uns alle an

Die “Schuld” am schlechten Mobilfunk in Deutschland, sofern es denn eine gibt, liegt in vielen Aspekten. Zum einen gibt es immer wieder Widerstand aus der Bevölkerung gegen neue Mobilfunkstandorte. Auch zieht der deutsche Staat durch sehr teure Frequenzauktionen regelmäßig Milliarden an Euros aus dem Markt, den die Unternehmen besser für den Ausbau verwenden könnten. Auch steht jeder einzelne in der Verantwortung, bei einem Funkloch Anfragen an die Unternehmen zu stellen, selbst politisch aktiv zu werden und auch mal dem eigenen Bürgermeister oder Land- und Bundestagsabgeordneten zu schreiben.

Dafür ist das Wort “scheinheilig” erfunden worden.  @Die_Gruenen haben sich in einem Gemeinderat noch nie für einen #Mobilfunk-Standort eingesetzt. Da kommt immer ein “Nein”. #Farbebekennen. “Mobilfunknetz: Deutschland international Schlusslicht”: Link

-Markus Jodl, Sprecher Deutsche Telekom

Meckern ist einfach, doch es ändert sich nur etwas, wenn man mal seinen ausgeruhten Allerwertesten bewegt. Sowohl im Breitband, als auch in anderen Belangen des Lebens.


Entwickler: CellMapper.net
Preis: Kostenlos

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  • Euere Bemühungen in allen Ehren - es gibt ganze Ortschaften, da funktioniert nicht mal 2G.

    • Richtig, habe ich auch hier direkt nebenan. Komplettes Netz tot wenn man da durch fährt. Getestet mit zwei Netzen.

    • Vor ungefähr 10 Jahren bin ich auf die weiterführende Schule gekommen, im ganzen Dorf gabs da keinen Empfang. Anfangs dachte ich noch, dass das sicher bald behoben wird. Vor zwei Jahren war ich dann fertig mit Schule, aber von Empfang immer noch keine Spur. Und ich kenn einige Orte hier, wo es genau so ist (Orte zwischen Ulm und Augsburg, also nicht mal die größte Pampa).

  • Abgesehen davon wer wo welches Netz bekommt. Ich finde es eher erschreckend, dass die Menschen schon anfangen Pipi in den Augen zu kriegen, wenn sie in der letzten Haltestelle von einem 250 Seelen Dörfchen ihr Candy Crush nicht starten können, weil da "nur" ein E oben in der Ecke steht. Weiß man ohne Smartphone tatsächlich nichts mehr mit sich anzufangen? Traurig eigentlich. Und selbst wenn man den Klotz doch nicht aus der Hand legen will, könnte man doch auch mit "E" jemanden anrufen und sich unterhalten...

    • Bei Spielen bin ich ganz bei dir. Nur ärgere ich mich, dass die mir bekannten Navigationsprogramme unter W10M nicht komplett offline funktionieren (zumindest die Städtenamen werden über Internet abgefragt) bzw. Öfis haben keine offline Fahrpläne hinterlegt. Heißt, mindestens sehr gute Edge-Qualität ist erforderlich, wenn ich mein Smartphone nach dem besten Weg frage, um auf Offline-Karten weiterzunavigieren.

    • Naja – ich denke, über solche Mätzchen reden wir hier alle nicht.
      Es geht um elementares Telefonieren.
      Wenn man nicht mal ein Taxi rufen kann, sondern dafür um Festnetz in einem Hotel betteln muß…….. Hauptsache, wir sind irgendwann einmal Weltmeister in KI.
      Mit solch bekloppten Politikern wird das nichts. Da bringt ja nicht mal der Geheimdienst die Akten erfolgreich übern Flur zu einer anderen Abteilung.
      Das Einzige, was in diesem Land gnadenlos funktioniert, ist das Eintreiben von Steuern, GEZ-Gebühren und Strafzetteln. Da wird unter Umgehung des üblichen Mahnwesens nach der 1. Mahnung gleich mit Erzwingungshaft gedroht, während dessen in der Fußgänger ein Mullah ungestraft Leute abmessern kann, weil der arme Mensch ja ein Trauma hat.
      Leute, Leute. Zeit, dass sich was ändert.

      • Was du da schreibst, ist teilweise schlicht falsch.
        Was zB ist "übliches Mahnwesen" ?
        Und was das in den zwei letzten Absätzen hier zu suchen hat, verstehe ich nicht.
        (Hattest du dich nicht beschwert, dass Politisches hier nichts zu tun hat ? Oder warst das nicht du ?)

        • Ich meine das in der Wirtschaft übliche Mahnwesen: Rechnung, 1.Mahnung, 2.Mahnung, Rechtsmittel.
          Ich weiß nicht in welcher Firma du arbeitest. Kann mir aber nicht vorstellen, dass die bei ausbleibender Zahlung nach 1 Mahnung gleich Erzwingungshaft androht.
          Soviel dazu.
          Zur (vermeintlichen) Politik:
          Man kann in Deutschland nicht über Mobilfunk und Internet sprechen und gleichzeitig die Politik außen vor lassen.
          Es gibt kaum ein technisch-wirtschaftliches Gebiet in Deutschland, was so stark
          durch staatliche Regelungen und politische Einflußnahmen gesteuert wird, wie der Mobilfunk. Ganz abgesehen von den üblichen Behinderungen wegen Unfähigkeit der politischen Entscheidungsträger.
          Es liegt nicht an Nokia, Apple oder dem SurfacePhone, wenn – einzigartig in Europa – ganze Landstriche digital unterversorgt sind.
          Was ich damit sagen will:
          Würde der Staat nur digital an seine Steuern, Zwangsgebühren und Knöllchen rankommen, hätten wir längst 7G bis ins finsterste Tal.

          • Was du als übliches Mahnwesen bezeichnest, ist Zivilrecht und hat nichts mit Steuern und Bußgeldern zu tun. Im Übrigen ist das mit den Mahnungen ein Entgegenkommen Deines Gläubigers, denn die Zahlung wird fällig, wenn das genannte Datum erreicht ist, dann bist im Verzug, da bedarf es keiner Mahnungen mehr, Dein Gläubiger kann klagen und bei Erfolg vollstrecken. Erzwingungshaft gibt es hier nicht. Die gibt es auch bei Steuern nicht. Steuern sind öffentliches Recht. Bußgelder Strafrecht. Bußgelder sind Strafen, die du statt Haft, bezahlen kannst. Hier gibt es kein „übliches Mahnwesen“. Das war auch vor 100 Jahren und danach nicht anders. Der Hinweis auf Erzwingungshaft ist erstmal nur ein Hinweis. Du kriegst auch da ein paar Aufforderungen, bis du tatsächlich inhaftiert wirst.
            Dass Du Politik mit Wirtschaft und Versorgung in Verbindung bringst, ist richtig. Ich meinte aber den Mullah-Kommentar.
            Ich arbeite übrigens in einer Anwaltskanzlei.

  • Bei dem ganzen Statistik aufstellen wird vergessen, dass die Sendemasten auch nicht dumm sind. Diese regeln vollautomatisch je nach Auslastung ihre Sende- und Empfangskegel mehr oder weniger in die Waagrechte. Heißt, ist eine der Sendeantenne am Sendemasten an seiner Auslastungsgrenze, wird der Kegel (elektrisch) nach unten abgesenkt. Teilnehmer an der Empfangsgrenze müssen sich dann entweder mit einem niederen, aber flächendeckenderen, Netzverfahren abfinden oder versuchen, sich an einem anderen Masten einzuwählen. Zu den aufgenommen Daten muss also immer auch die Auslastung der Masten und die Uhrzeit mit ausgewertet werden. Es kann durchaus sein, dass komplett Deutschland um 4 Uhr früh mit LTE abgedeckt ist, aber um 16 Uhr nur die Hälfte der Fläche, weil sich die Sendekegel auf Punkte um die Sendemasten zusammenballen. Die Qualität des LTE-Netzes muss man sich als wabernde Fläche (abhängig von lokalen Flaschenhälsen: Sendemastausbau, aktive Teilnehmer, Verteilung der Teilnehmer, Antennenkapazität, Rechenleistung, Sendemastanbindung) vorstellen.
    Und was vielen bei dem Geschimpfe um die Masten nicht wirklich bewusst ist: Alle aktiven Sendeteilnehmer müssen sich die Internetanbindung des Sendemasten teilen und wir wissen alle, wie schlecht manche Dörfer an das lokale Kabelnetz angebunden sind. Wenn man einmal von der Anbindung per Richtfunk von Masten zu Masten absieht, sind Funkmasten immer nur so gut angebunden an die kabelgebundenen Recourcen wie die nähere Umgebung. Die Masten haben vermutlich zwar Mindestkapazitäten zugeteilt, teilen sich aber darüber hinaus die selben Kapazitäten wie die Haushalte/Gewerbe. Hier gibt es gemeinsame Abhängigkeiten.

  • Heimlich gesammelt und weiter gegeben? Schön das P3 da macht was es will.. Vielen Dank für unseren Datenschutz...

    Und man muss gar nicht weit ins grüne fahren. Selbst in Ruhrgebiet oder kurz vor Köln (10km) hat man ernste Probleme mit dem Netz (hier das der Telekom) .. Da dauert das laden einer durchschnittlichen Website bis zu 5 Minuten...

    Nix ist Ordnung im Funkgebiet Deutschland

  • Wenn jemand die Tatsacje nachstellen möchte sollte mal mit der Bahn zwischen Düsseldof Nord und Köln Süd pendeln. Dort jagt ein Funklöcher das nächste.
    Oder von Köln nach Bremen, im Münsterland findet man kilometerlange Strecken wo man nicht mal telefonieren kann.
    Ich finde es schon etwas lächerlich das man jetzt versucht zu behaupten das Funklöcher in Deutschland nicht existent sind, denn das ist definitiv gelogen.

    • "Ich finde es schon etwas lächerlich das man jetzt versucht zu behaupten das Funklöcher in Deutschland nicht existent sind, denn das ist definitiv gelogen...)

      Das sind Zuckungen einer autokratischen Kleptokratie und ihrer Hofberichterstatter.

  • Funklöcher? Fahrt mal die A4 von Dresden nach Polen. Nach Dresden hat man nur noch naher der größeren Städte Bautzen und Görlitz ein einigermaßen anständiges Netz. Dazwischen gerade mal Edge. Und kaum in Polen angekommen hat man LTE+. Und die Landstriche dort sind dünner besiedelt.

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veröffentlicht von
Tomás Freres

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