Meinung

Microsofts fehlende Smartphone-Präsenz: Die Auswirkungen anhand dreier Beispiele

Es gibt sie noch, die Mobile-Sparte von Microsoft – zumindest technisch gesehen. Lumia, Elite x3, Idol 4 Pro und Co., spielen aber keine Rolle mehr auf dem Handymarkt der Gegenwart. Negative Auswirkungen sind angesichts der unglaublichen Kursexplosion der Microsoft-Aktie nicht sofort ersichtlich, doch es gibt sie.

Anhand dreier Beispiele aus meinem persönlichen Umfeld , die meiner Ansicht nach repräsentativen Charakter haben, will ich aufzeigen, welche Folgen das Sterben von Windows Phone für Microsoft als Ganzes hat.

Marc, der Macbook-Wechsler

Mein Kumpel Marc war sehr viele Jahre Windows-Nutzer, vor allem in der Jugend, weil er die ganze Counterstrike/Starcraft/Warcraft-Zockerepoche mitgemacht hat. Als er in die Berufswelt einstieg, im kreativen Bereich, holte er sich seinen ersten Mac. Er besaß bereits ein iPhone, hinzu kamen dann noch Airpods, Apple Watch, iPad Pro und Apple TV. Bis vor zwei Jahren war er das, was man abfällig als “Fanboy” bezeichnet – ein glühender Verfechter aller Produkte aus Cupertino.

Der Bruch kam als Apple seine neuen Macbooks veröffentlichte. Das größte Problem war gar nicht die Touchbar, schließlich gab es auch Versionen ohne, sondern die beschränkte Anschlusswahl, fehlender SD-Kartenslot und die Abschaffung beliebter Features wie “MagSafe” (magnetischer Stromstecker). Ein kurzer Blick auf Alternativangebote (und ein Gespräch mit mir), führte ihn schnell zum Surface Book 2. Kurz gesagt: Er liebt die 15 Zoll Variante der mobilen Workstation (16 GB RAM nervt ihn ein wenig).

Da saß er nun, der “Fanboy”, mit einem Gerät, das so gar nicht in sein Ökosystem passte. Die Airpods funktionieren natürlich ohne Problem auch mit einem Windows Laptop, das iPad wird davon sicher nicht beeinträchtigt. Aber nach nur kurzer Zeit kam der Wunsch bei ihm auf auch seine anderen Gadgets in Richtung Microsoft zu bewegen.

“Es gibt doch auch Handys von Microsoft, oder? Wie sind die so? – kam dann nach zwei Wochen die Frage. “Und hattest du nicht mal einen Fitnesstracker von Microsoft?”. Uff, gleich zwei Dämpfer auf einmal, die ich ihm da überbringen musste. Windows Phone ist in 2018 nicht mehr empfehlenswert (erst recht nicht, wenn man vom iPhone kommt) und das Microsoft Band 2 hat so viele Verarbeitungsprobleme, dass man es auch vergessen kann.

Jetzt hat er also ein wirklich tolles Surface Book 2, sein persönlichstes Gerät, das iPhone, funktioniert aber bei weitem nicht so gut damit, wie mit einem Macbook. Er will nicht wieder zurück zum Mac, zumindest noch nicht. Die Gefahr, dass er zurück wechselt ist aber ständig präsent, denn Microsofts Ökosystem bindet ihn eben weder funktional noch emotional so fest an sich.

Kathi: “Die Lumias waren am besten”

Bei Kathi hat der Verlauf direkter mit Windows Phone zu tun. Ihr erstes Windows Phone war das LG Optimus 7. Sie liebte die Kacheloptik, die Räume, das schnelle Posten über Facebook und das generell sehr flüssig laufende System (Android war eine Diashow zu der Zeit). Schnell steigerte sich ihr Wunsch nach besserer Hardware und sie kaufte sich das Lumia 900, dann das 920, 925 und letztlich das Lumia 950. Trotz instabilem Windows 10 Mobile, hielt sie lange am Lumia 950 fest, weil sie die Kamera so genial fand und auch weiterhin fasziniert war von den Livekacheln.

Sie liebt aber auch diverse Apps wie “Boomerang”, “Snapchat”, verschiedene Videostory-Apps und die Ebay-App. Schweren Herzens wechselte sie zunächst auf ein Samsung Galaxy A5 und, weil ihr Android so gar nicht gefielt, auf ein iPhone SE. Das iPhone SE sei nach dem Lumia 950 das “perfekte Telefon” für sie. Kurz danach kaufte sie sich ein iPad, da ihr das SE für die Couch zu klein ist. Nun überlegt sie, ob sie sich ein Macbook 12-Zöller kaufen soll, um darauf zu arbeiten.

Hier gab der Appmangel bei Windows Phone einen sehr direkten Ausschlag, der Kathi in die Arme von Apple getrieben hat. Es kam ihr gar nicht in den Sinn nach einem Surface Go statt dem iPad für die Couch zu schauen. Genauso wenig denkt sie jetzt an einen Surface Laptop oder Surface Pro bei der Wahl ihres Arbeitsgerätes.

Leo – Die Apple Watch hätte mich fast gehabt

Hier meine eigene Geschichte, die nur indirekt etwas mit dem Tod von Windows Phone zu tun hat. Es geht hier eher um das mangelnde Verständnis Microsofts, wie wichtig ein vollständiges Geräte-Ökosystem für Verbraucher ist.

Ich bin riesiger Surface (Test) Fan, das dürfte soweit klar sein. Seit 2010 habe ich Windows Phone vor allen Kritikern verteidigt, anfangs, weil ich es tatsächlich für sehr viel besser gehalten habe als Android und iOS, später, weil ich nicht wahrhaben wollte, dass es vorbei ist. Ich wechselte widerwillig zu Android und nutze jetzt mit trotziger Notwendigkeit mal das Nokia 7 Plus (Test), mal das Google Pixel 2.

Zum Testen der Microsoft App-Updates für iOS, habe ich mir allerdings vor einem halben Jahr ein iPhone 6s gekauft. Das Interface begrüßte mich in gewohnt langweiliger Manier (und optisch gar nicht so viel anders als zu meinen iPhone 3G-Zeiten). Nach kurzer Eingewöhnung gefiel mir vor allem der Formfaktor – eigentlich bin ich nämlich Fan von kompakten Smartphones. Da ich viel Sport treibe und auch sonst sehr viel mit dem Fahrrad unterwegs bin, holte ich mir eine Apple Watch hinzu.

Was soll ich sagen? Auch wenn mich das iPhone 6s an sich nicht umgehauen hat, war (und bin) ich hin und weg von der Apple Watch. Ich habe schon eine Vielzahl an Android Wear-Uhren ausprobiert und auch die Fitbit Ionic getestet. Apple kann in Sachen Smartwatch keiner das Wasser reichen.

Das Problem: Die Apple Watch funktioniert nur mit iOS. Nur sehr schwer habe ich das iPhone und die Apple Watch wieder in die Schublade legen können und auch nur, weil ich eigentlich eine tiefe Abneigung gegen die Möchtegern-Elitären aus Cupertino hege.

Welche Erkenntnis können wir aus den obigen Beispielen ziehen?

Die Surface-Marke von Microsoft übt eine sehr wichtige Funktion bei der Kundenakquise und -bindung aus. Surface bietet die richtige Kombination aus Glamour und funktionaler Innovation. So stark die Strahlkraft der Marke auch ist, so wackelig ist sie als einziges Argument für ein Leben im Microsoft Hardware-Ökosystem.

Apple-Kunden finden für alle technologischen Notwendigkeiten ihres Alltags eine Lösung aus Cupertino. Hier sollte sich Microsoft ein Beispiel nehmen. Ein Microsoft Band oder ein Surface-Lautsprecher (oder ein Surface Phone) mag einzeln betrachtet nicht den Ausschlag für die Kundengewinnung geben. In der Summe halten sie die Menschen im Ökosystem, stärken die Identifikation mit der Marke und produzieren letzten Ende das, was man als “Fan” bezeichnet.

 

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    • Auch viele Firmen, die schütteln heute noch den Kopf, aber solange der möchte gern Boss noch am Ruder ist kommt nichts mit Visionen.....

  • Meine Frau 👩 ist nur dank der Windows Launcher Oberfläche auf dem Huawei P20 im der Windows 10 Universum geblieben. Ihr Lumia 950 Windows 10 Phone hatte halt keinen Michelin -Führer und keine Outdooractive-App. Sonst würde sie mit PC, Tablet auch aus dem Microsoft-Universum wechseln. Bei den Eltern kam nach der Einstiegsdroge IPad dann doch nach dem Klapphandy 2 mal das Iphone 8. Als Rentner hast du keine Lust, auf verschiedenen Geräten alle Menüs zu suchen.
    Ehrlich gesagt verstehe ich es nicht, warum Microsoft es nicht schafft, ein Surfacefon mit einer Telefon -App in Handy-Größe hinzubekommen.
    Jetzt geht’s in der Firma auch los: Von 12.000 Microsoft 7 Arbeitsplatz-PCs gehen die Mitarbeiter nach und nach auf IPADS. Mobil und für Besprechungen ist das Thema. Hat sich jeder ans Dienst-Ipad gewöhnt, wird privat das Gleiche gekauft. Von daher sehe ich den Microsoft-Aktienkurs als überteuert an.

    • Damit liegst Du gar nicht so falsch. Die Menschen wollen das gleiche OS auf allen Endgeräten nutzen. Geht mir auch so! Daher hab ich fast ausschließlich nur Apple Geräte. Auf den Konzern konnte ich mich bisher immer verlassen, was man von MS nicht sagen kann. Allerdings könnte ich mir wieder einen Wechsel zu MS vorstellen. Einzig in Sachen Gaming kann mit der XBOX keiner MS das Wasser reichen. Auch wenn es mehr PS 4 Verkäufe gibt, die Xbox Gamer sind die treuesten. Und ich liebe meine One S.

  • Ich glaube die Existenz eines vollständigen Ökosystems, so schön und erstrebenswert es auch ist, wird allein nicht den Ausschlag geben. Es fehlt vor allem an der Unterstützung durch die App-Programmiere und andere Firmen, die keine 3rd-Party-Apps zulassen.

  • Genau das habe ich hier vor langer Zeit vorausgesagt. Es ist das Ökosystem, das Anwender bindet, nicht das einzelne Gerät. Ein unvollständiges Ökosystem ist ein großer Fehler. Für die Aussage wurde ich verbal geteert und gefedert.

    • Sorry, sehe ich anders. Das trifft nur auf Kids und Fanboys zu.
      Der mündige erwachsene denkt 2x nach und schaut, was für seine Zwecke am Besten geeignet ist.
      Das erlebe ich fast täglich. Die Fanboys zum Glück nicht so oft!

  • Ich kann den Bericht und die Kommentare gut nachvollziehen und ich denke das dicke Ende kommt erst noch für MS.
    Eine ganze Genration ist mit Androiden/iPhone/iPod und Spielekonsolen aufgewachsen. Nun müssen die langsam mal Produktiv mit ihren PC's arbeiten.
    Was liegt da näher wie in dem bekanntem Ökosystem zu bleiben, also Chromebook/ Mac. Hinzu kommt das man auf diesen Geräten auf Office nicht verzichten muss. In Behörden/Unternehmen wird Windows sicher noch länger überleben aber der Consumer braucht es nicht mehr. Ob ich , wenn mein Lumia 650 ersetzt werden muss wechsle, ist nicht ausgeschlossen. Mein Laptop ist 8 Jahre alt und das letzte Tablet mit Dual-Boot ( Wegen der Multiamedia Fernsteuer Apps unter Andoid) ist aus einem China-Shop, in ein "Premium" Produkt auf Windows Basis investiere ich jedenfalls nicht mehr.

  • Nur komisch,das sich von den Millionen von Iphone Nutzern,kaum oder sehr wenig einen Mac kaufen ! Mein Sohn hat ein IPhone aber dazu einen Windows High End PC,genau so sehe ich es bei vielen in meiner Umgebung.Ich denke MS sieht es sich genau und wird 2019 mit einem Mobilen Gerät kommen.

  • Kleine Anekdote am Rande:
    Das MS-Ökosystem läuft bei mir noch komplett. Nur als Smartphone nutze ich jetzt hauptsächlich das P20pro – mit Launcher 10 – eigentlich alles wie früher mit dem 950XL.
    Ich hatte mir seinerzeit auch den MS-WirelessAdapter zugelegt, um Surface und Lumia an den schon etwas älteren Fernseher anbinden zu können (mehr Spielerei als Nutzwert). Also entsprechende App auf dem Lumia oder Surface aufrufen, einrichten, TV-Kanal wählen und wenn’s klappt, gucken.
    Neulich habe ich auf dem P20pro ein paar Youtube-Videos angesehen und plötzlich poppte da ein Fenster auf, ob ich denn den Film nicht an meinem TV gucken will.
    Auf „ja“ gedrückt und kurze Zeit später lief der Youtube-Film auf meinem alten Fernseher.
    Nun – was will ich damit sagen?
    Microsoft war trotz aller beteiligten Ökosystem-Geräte nicht in der Lage, kurz. schmerzlos und erfolgreich mir als Ökosystem-User soetwas anzubieten.
    Verschenkte Möglichkeiten en mass – wir kennen das ja alle.
    Dieser Verein fühlt sich zu Höherem berufen und merkt nicht bzw. ignoriert, wie dabei die eigene Fallhöhe exponentiell ansteigt.

  • Ich denke schon, dass ein vollständiges Ökosystem ausschlaggebend war, ist und sein wird. Das Ineinandergreifen und das Zusammenspiel von Smartphone, Tablet und PC und z.B. Tracking Watch (im Idealfall sogar TV-Software) ist für den Konsument wichtig, weil es das Leben ungemein erleichtert. Im Businessbereich ist es nahezu unabdingbar, dass mobile als auch stationäre Hardware softwaremäßig aus einem Guss sind. Wenn Microsoft dieses ignoriert, dann sitzen dort die falschen Entscheidungsträger. Wäre Apple für den Durchschnittskunden und auch für kleine Betriebe tatsächlich bezahlbar, müssten wir hier nicht mehr über Microsoft diskutieren. Es ist eine himmelschreiende Energieverschwendung von Microsoft ihre Microsoft-Anwendungen auf Android zum Laufen zu bringen.
    Es war damals ein reiner Managementfehler, nicht genügend Entwickler für die fehlenden Apps auf Windows Mobile zu finden. Mit ausreichender Vergütung, anderen Anreizen, Wettbewerben mit Prämierung usw. hätte man es geschafft. Kapital ist/war ja genug da. Stattdessen wird am PC-Betriebssystem gewerkelt, was das Zeug hält. Heraus kommen oft eher Verschlimmbesserungen oder kosmetische Retuschierungen als wirkliche Entwicklungen.
    Für Microsoft sehe ich nur eine Lösung: die Aufteilung in zwei unabhängige Konzerne: ein Konzern für das Cloudgeschäft und Businessgeschäft für die Großkunden und ein Konzern für das Softwaregeschäft mit einer starken Abteilung für Hardware (Surface, Xbox usw.)
    Fazit: Wenn es Microsoft nicht fertig bringt, Windows wieder mobil nutzbar zu machen, geht Microsoft Windows dem Ende entgegen.
    P.S. Für die meisten Anwender reicht für die normalen Anwendungen am PC eigentlich Linux Mint samt LibreOffice (habe mir Linux spaßeshalber nach Jahren wieder installiert und war äußerst positiv überrascht).

  • <------WindowsFanboy.....So richtig Stolz auf seine Elite X3....allgemein baut HP tolle Ware....Microsoft selbst ist nicht so mein Fall....aber die Kombination mit den OEM's alla HP ist ne feine Sache....schade das MS bei vielen Sachen den Stecker zieht....War nicht mal eine LiteVersion der Elite X3 in Planung? Doch da hat MS ja den Stecker der MobilenWelt gezogen und HP hat den "kleinen" Elitebruder eingestampft (Gott sei dank hat HP nicht gewechselt auf Android)....aber was wäre wenn HP umgezogen wäre auf Android? Hätte MS nicht einen treuen OEM verloren der Top Ware baut...Bleibe der Elite X3 so lange Treu bis Softwaretechnisch nix mehr geht!!!!!Ersatzgerät wenn notwendig wird nach gekauft hihi

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veröffentlicht von
Leonard Klint

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