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“Microsoft macht auf Apple” – Wirklich?

Anfang der Woche konnte man mal wieder Apples Medienmaschinerie in Aktion sehen. Am Dienstag veröffentlichte der Techriese seine Quartalszahlen und die waren alles andere als berauschend. iPhone Verkäufe gesunken, Gewinn gesunken – zum ersten Mal seit 2001 schloss Apple das Geschäftsjahr mit einem Umsatzrückgang ab.

Am selben Tag tauchten dann aber “plötzlich” erste Fotos vom neuen MacBook Pro auf und die Presse konnte über die kommenden Geräte sprechen, statt über magere Geschäftszahlen. Zufall? Ich glaube kaum.

In der Regel muss Apple aber gar nicht nachhelfen, um die Berichterstattung zu bekommen, die sie wollen. Die Automatismen zwischen dem Milliarden-Konzern und der Fanboy-Presse sind bereits gut eingespielt. Dass die Touch Bar des neuen MacBook Pro tatsächlich als große Innovation aufgenommen wird, zeigt aber vermutlich auch, dass die Erwartungen an Apple mittlerweile gesunken sind.

Neues MacBook Pro mit Touch Bar

An dieser Stelle könnte man auch wieder darauf hinweisen, dass Lenovo schon vor Jahren ein ähnliches Konzept unter dem Namen Adaptive Keyboard vorgestellt hat. Bei der damaligen 2. Generation des Thinkpad Carbon Ultrabooks wurde die oberste Tastenreihe durch eine Touchleiste ersetzt, auf der Funktionstasten kontextabhängig eingeblendet wurden. Das Feature konnte sich allerdings nicht durchsetzen. Es spricht einiges dafür, dass Apples Touch Bar, dank besserer Umsetzung und einer breiten Software-Unterstützung (auch unter Mithilfe von Microsoft), mehr Erfolg haben wird.

Bizarres Medienecho für Microsoft

Wer echte Innovation sehen wollte, der musste diese Woche nach New York schauen, wo Microsoft das kommende Creators Update für Windows 10 und seinen neuen Surface Studio All-in-One PC vorgestellt hat. Leider will die Mainstream-Presse scheinbar keine echte Innovation sehen – zumindest nicht, wenn sie von Microsoft kommt.

So war der häufigste Aufhänger der Berichterstattung in den Medien, dass Microsoft jetzt “einen auf Apple macht”, wie in der folgenden Schlagzeile von Spiegel Online:

“Techbook”, Axel Springers Abklatsch einer Techseite, fiel nach dem Microsoft Event sogar nichts anderes ein, als ein ganzes Special darüber zu bringen, wie oft Microsoft angeblich schon bei Apple abgekupfert hat. Ein Tag zuvor titelte die selbe Seite übrigens noch “Darum wird Apple 2017 richtig abräumen”.

Ich glaube nicht, dass Cupertino aktiv Einfluss auf derartige Berichterstattung nimmt, aber wenn die Artikel von Apple bestellt wären, würden sie vermutlich nicht viel anders aussehen.

Wieviel Mac steckt wirklich im Surface Studio?

Nun muss man fairerweise sagen: Ja, Apple hat mit seinem iMac das Segment der All-in-One PCs wieder attraktiv (und profitabel) gemacht. Und ja, Apples Design war stilprägend und hat auch beim Surface Studio erkennbar Spuren hinterlassen. Aber wenn man die Konzepte und die technischen Fähigkeiten objektiv vergleicht, dann muss man einfach sagen: Die iMacs wünschten sie wären Surface Studios.

Allein das stufenlose Display-Scharnier, das es ermöglicht, das Surface Studio als Zeichenfläche in der Horizontalen zu nutzen, ist ein ganz großer Wurf. Und mit dem Surface Dial versucht Microsoft (ähnlich wie Apple mit seiner Touchbar) ein komplett neues Bedienkonzept einzuführen. Im Zusammenspiel mit dem großen Touchscreen und der Surface Stift Unterstützung, wird das Surface Studio damit kreative Möglichkeiten eröffnen, von denen man im Apple-Universum noch träumt. Dass Microsofts All-in-One das iMac auch leistungsmäßig in die Tasche steckt, sei dabei nur am Rande erwähnt.

Viele Beobachter scheinen leider keinen Sinn für derartige “Details” zu haben. Sie werfen einen kurzen Blick auf das spektakuläre Microsoft Gerät und sehen darin nur eine halbstarke Apple Kopie. Ich glaube das ist oftmals keine böse Absicht, sondern bloße Inkompetenz. Für viele Nutzer sind iPhones, Macbooks, iMacs einfach die Referenzgeräte, die sie aus dem Alltag kennen und sie sind oft gar nicht in der Lage, neue Technologie anders einzuordnen, als im Bezug zu Apple-Produkten.

Hinzu kommt, dass viele dieser Leute Microsoft schon vor Ewigkeiten abgeschrieben haben und den Redmondern noch immer keine interessanten Neuerungen zutrauen. Dass Microsoft schon seit Jahren absolute Spitzen-Hardware entwickelt und längst wieder zu den innovativsten Unternehmen der Branche gehört, ist im Mainstream noch nicht angekommen.

Microsoft zielt auf die Kreativen

Wenn sich Microsoft an Apple orientiert hat, dann vor allem bei der Positionierung seiner neuen Produkte. Allein der Name “Creators Update” für die kommende Windows 10 Aktualisierung zeigt, welche Zielgruppe Microsoft im Blick hat: Künstler, Designer, Kreative – jene Leute also, die sich bislang gerne mit Macs geschmückt haben und mittlerweile immer häufiger die Vorzüge der Surface Reihe entdecken. Für kreative Privatanwender kommt eine neue MS Paint App (mit 3D Features) und vermutlich auch ein Groove Music Maker, bei der Vergleiche mit Apples GarageBand App tatsächlich auf der Hand liegen.

Ich denke das hat auch viel mit Image zu tun. Bei Windows denken die meisten Leute noch immer zuerst an Solitaire und Excel Sheets (no offense an alle Solitaire und Excel Fans da draußen).  Der hippe Designer, der auf seinem Surface Pro mal eben ein neues Mottorad-Design skizziert und  dann mit HoloLens und Co. 3D-Modelle entwirft, hat da einfach den größeren Coolness-Faktor. Hinzu kommt, dass diese “Kreativen” oft die Meinungsmacher sind, die Leute, die Produkte in Filmen, Blogs und anderen Medien positionieren.

Ich denke, dass Microsoft mit seinem neuen Fokus aber auch auf die veränderte Arbeitswelt reagiert. Wir reden bei Microsoft ständig über “Business”, aber Business bedeutet heutzutage eben nicht mehr nur Büroarbeit. Immer mehr Menschen wollen mobiler und selbstständiger arbeiten. Unter “Kollegen” versteht man immer häufiger Menschen am anderen Ende der Welt, statt am Schreibtisch nebenan. Und in vielen Bereichen – Forschung, Entwicklung, Bildung, Medizin, etc. –  gibt es noch enormes Technisierungspotential. Virtual Reality, Mixed Reality, auch die Cloud, könnten hier den Arbeitsalltag in den nächsten Jahren radikal verändern.

Es wäre interessant darüber zu diskutieren, welche Visionen Microsoft oder Apple oder Google für diese zukünftige Arbeitswelt haben und was uns ihre neuen Produkte über die jeweilige Philosophie der Unternehmen verraten. Stattdessen geht es (auch in diesem Artikel) viel zu oft bloß darum, wer was bei wem abgeguckt hat.


Dies ist ein Meinungsbeitrag. Die Meinung des Autors spiegelt nicht notwendigerweise die Ansichten von WindowsUnited oder anderer Mitarbeiter wider. 

 

Zeige Kommentare

  • Allein die Preiskategorie und der Trailer deuten darauf hin, dass man hier Apple nachahmen möchte, trotzdem ist das Surface Studio um einiges besser geraten

    • Neiiiin hast du schonmal ein Apple Video gesehen? ?
      Apple: Musik, Jemand beginnt zu erklären: „Wir haben etwas vollkommen neues geschaffen“ oder „um etwas neues zu schaffen mussten wir alles von grund an neu entwickeln“
      Bei Microsoft ist Musik und Bilder vom Artikel…
      Bei dem neuen Video ist das anders, aber Microsoft hat ihres zu erst rausgebracht... Wer will sich also an wem orientieren :P

  • Dass ist göttlich. Niemand kommt damit klar, dass Microsoft so innovativ ist. Also müssen sie als Schutzreaktion alles schlechtreden. Viele haben nur noch nicht verstanden, dass Microsoft heute ein ganz anderer Konzern also noch vor 10 Jahren ist.

  • Ich bin seid jahren treuer Ms-Anhänger daher kann ich die Meinung des Autors auch nachvollziehen. Aber es ist im grunde egal wer die cooleren sachen oder mehr Innovationen bringt. Entscheidend ist was der Kunde will. Und da hat apple leider seit jahren die Nase vorn. Es geht auch um Werbung und Marketing. Und wenn apple es schafft weniger innovative Produkte für teuer geld an den man zu bringen dann haben sie einfach recht in dem was sie machen.

    • Naja, ein Phone raus zu bringen ohne Klingenanschluss, ist schon Panne und erklärt sich nur damit, dass ihnen langsam die Luft ausgeht und sie gezwungen sind, ihre Kundschaft noch stärker an sich und ihre überteuerten Produkte zu binden oder sollte ich fesseln sagen...

      • Das kann man natürlich aus verschiedenen Blickwinkeln sehen. Ich gebe dir recht, dass auch ich es bedenklich finde wenn man von einem Standard abweicht und der Kunde erstmal eingeschränkt wird.

        Das mit dem Klinkenstecker sehe ich aber wie mit der Nano-Sim oder dem Lightning-Anschluss. Es wird weniger Platz im Gerät benötigt, der dann wiederum für andere Dinge genutzt werden kann.

        Und mal ehrlich: Wer wirklich permanent mit Kopfhörern am Handy unterwegs ist, hat auch keine Probleme damit mal von einem Dritthersteller einen Kopfhörer zu benutzen, oder seine ultra-Kopfhörer mit dem Adapter weiterhin am Handy zu nutzen.
        Es wird ja nun wirklich so getan als könnte man beim neuen iPhone keine Musik mehr hören ohne erst 200€ für einen Apple-Kopfhörer zu kaufen. Gerade weil es eben den Adapter gibt, der soweit ich gehört habe dem Gerät beiliegt, halte ich den Entfall des Klinkesteckers für eine sinnvolle Entscheidung und fände es gut wenn das bei allen Handys passiert (da eben dann per USB).
        Mal ehrlich: Jeder muss den Klinkestecker am Gerät haben, obwohl nur ein kleiner Bruchteil der Kundschaft das Ding überhaupt braucht.

        • Ich muss dir komplett widersprechen: Welchen Vorteil hat es wenn ich es nicht laden kann während ich Musik höre? Und dann vergleiche doch mal das iphone 6 mit dem iphone 7... Hat sich kaum was geändert... Was bringt also der angebliche vorteil wegen mehr platz im Gehäuse? mMn nichts! Es ist unsinnig und es gibt keinen vorteil! Die argumentation mit adapter ist absolut unsinnig weil das genauso scheiße ist wie beim neuen macbook! Wozu denn so viele adapter wenn es auch einfach geht?

      • UND wenig englisch kenntnisse bzw verständnis problem... Eingefleischte apple fanboys haben schon zugegeben, dass surface studio ein geniales produkt ist. Das mit abkupfern hin oder her, wer das geld hat, soll sich ein surface studio holen, das sieht besser aus und hat ganz einfach mehr dampf

      • Dein Kommentar zeigt, dass du dich für einen Besserwisser hälst. Microsofts Event richtete sich nicht mehr an normale Consumer. Doch gerade hier ist Innovation gefragt und nicht nur bei einer kleinen Minderheit.

  • Wer auf Emotionen setzt,hört auf Apple und dem Herdentrieb! Wer sein Gehirn nutzt bleibt Microsoft treu

    • Das "Problem" ist, dass es von ersten viel zu viele gibt und das auf alle Bereiche des Lebens bezogen.

    • Oder baut sich selbst was, bzw kauft bei Leuten die Hardware zeitgemäß nutzen. Ich muss denke ich nicht erst erwähnen, dass ich sowohl vom Book wie auch vom Studio alles andere als begeistert bin. I7 hin oder her, aber dann muss eben auch mal die Grafikkarte stimmen und hier eine 965m bzw 970m zu verbauen ist mehr als frech für den Preis.
      Aber zumindest hier ist man besser als Apple, deren Kisten haben teils noch schlechtere GK.... Ne Leute da bleib ich bei MSI, Schenker und DELL. Da bekomme ich für 2500+ deutlich mehr....

  • Also wenn das neueste Gerücht stimmt, dass das nächste iPhone angeblich ein paar Nummern überspringen wird und "iPhone 10" heißen soll, dann können wir wenigstens sagen, wer bei wem in Sachen Namensgebung abgekupfert hat^^

  • Und Apple ist auch der Erfinder des Smartphones, des Tablets, des Tablets mit Stift und der Vista.. ähh Touch Bar.
    In den Medien wird halt idR Apple benutzt. Mittlerweile nicht mehr nur aus rationalen Gründen.

    • Wenn ich mich Recht entsinne, wurde mindestens das Smartphone und das Tablet vorher von Microsoft vorgestellt. Allerdings ohne den bahnbrechenden Erfolg von Apple.

      • Erfunden hat Microsoft das Smartphone und das Tablet allerdings auch nicht. Behauptet ja auch keiner... anders als bei Apple.
        Es ist schon ziemlich bedenklich, wie unsere tolle, aufgeklärte, unabhängige Presse den Marketingsprech von Apple unreflektiert übernimmt und andere Unternehmen des Plagiats bezichtigt. Dass irgendjemand dafür Geld bekommt, glaube ich allerdings auch nicht. Die sind tatsächlich so blöd.

  • Das die erst jetzt darauf kommen ist mir unbegreiflich. Den Markt hatt Apple. Unheimlich schleifen lassen. Zugreifen Profit machen. Ich kann das nicht nur wirtschaftlich nachvollziehen.

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veröffentlicht von
Königsstein

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