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Kommentar: iOpium für die grünen Roboter mit ein paar bunten Fenstern als Nebenwirkung!

Nutzt du ein iPhone? Das neueste Model? Nein?! Pfui…

„Welches Smartphone hast Du da?“, frage ich mich jedes Mal, wenn ich in der Regionalbahn zur Uni fahre. Ich versuche, jede Kleinigkeit zu bemerken, um zu erkennen, wer welches Handy in der Hand hält. Ist das da ein Galaxy S5? Ach ja… Und dieses Mädchen hat immer noch ein ein Jahr altes iPhone 5s. Zu alt? Oder immer noch aktuell?

Diese Gedanken beschäftigen mich schon seit mehreren Jahren. Und nicht nur mich. Viele Internetforen sind von gegenseitigen Hass- und Aggressionsattacken überfüllt, die nur darauf gerichtet sind, die „Komplizen“ des feindlichen Lagers zu demütigen und die „Wahrhaftigkeit“ der eigenen Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Technik-Sparte zu bestätigen. Woher stammt diese Tendenz, die zumindest für mich den Eindruck einer Subkultur mit einer Prise Neo-Religiosität macht?

Alles fing – für viele von uns – schon in der Schule an. Als im Jahr 2007 das erste iPhone aus dem geheimen Inkubator von Apple Inc. auf die Welt gebracht wurde, war das Volk erschüttert, denn es gab nichts Vergleichbares zuvor. Der Jesu (Nicht umsonst sind die kilometerlangen Schlangen beim Verkaufsstart da!) von Cupertino war geboren. Seitdem kennt man den Begriff des „wahren“ Smartphones. Es war allmächtig. Rechner, Navigator, Telefon, Spielkonsole, Office-Programme, Internetzugang – alles war im Taschenformat drin. Außerdem konnte man dieses Wunderhandy unmittelbar mit Gesten und Fingerberührungen direkt auf dem Bildschirm bedienen. Das iPhone ist zum revolutionären Kultprodukt geworden und bleibt es bis heute.

Im Jahr 2008, erschien der heutzutage schlimmste Gegner vom iPhone – das Android Smartphone. Durch die Offenheit des Quellcodes, eroberte dieses Betriebssystem fast 85% des Marktes. Diesen Erfolg erzielte Googles Spross durch die großen Individualisierungsmöglichkeiten des Systems, die jedoch dazu führen, dass ein HTC-Handy und ein Samsung-Handy mit derselben Android-Version ganz unterschiedlich aussehen konnten.

Die „dritte Macht“ im Krieg namens „iOS vs. Android“ stellte ab 2010, das Windows Phone dar. Das neue Betriebssystem für Smartphones von Microsoft brachte frischen Wind im Sinne des Designs – als die Start-Bildschirme von iOS und Android etwas ähnlicher aussahen, hat das Windows Phone ein minimalistisches Interface eingebracht, das ausschließlich aus Typographie und interaktiven Kacheln bestand.

Und was tut sich heutzutage? Wenn ich also durch den Zug gehe, schaue ich immer aufmerksam auf die Hände der Fahrgäste. In der Mehrheit der Fälle sehe ich Androiden. Ein bisschen seltener kommen iPhones vor. Windows Phones sind dabei eine Rarität. Und im Netz wird der wahre Sachverhalt erkennbar. Meistens hört man von den Apple-Fans, dass das iPhone genau so groß sei, wie es sein sollte. Bis zu der Veröffentlichung des iPhone 5 war das 4. „ideal an die Händegröße angepasst“.

Die Telekom Werbung aus dem Jahre 2012 zeigt das (schon wieder) neue perfekte iPhone 5, dessen Display noch ein Stück größer geworden war, dabei aber immer noch perfekt in die Hand passte. War denn das vorherige Modell nicht perfekt genug? Ebenso verhielt es sich mit dem Release von iPhone 6 und 6 Plus, deren Bildschirmdiagonalen von der Apple-Community früher nicht anerkannt bzw. gar verleugnet worden wären. Und sieh da: Jetzt war es noch „perfekter“ geworden! Gehst Du, liebe(r) Leser(in), auch von der Vorstellung aus, dass die Perfektion eigentlich nicht relativiert werden kann, denn sie müsste nichts zu wünschen übrig lassen? Wie kann man also von einem Ideal reden, wenn es noch verbessert sein kann?
Nicht nur Apple Jünger, sondern auch Android Anhänger äußern in den Foren sowie im realen Leben eine recht unaufhaltsame Schadenfreude.

Für iPhone Besitzer sind alle anderen Marken außer Apple häufig Emporkömmlinge, genauso wie deren Nutzer, weil sie sich dieses Premium-Produkt nicht leisten können/wollen. Aber auch mein alter guter Bekannter spottet ständig über mein „unwürdiges“ und „verbuggtes“ Windows Phone-Gerät. Obwohl ich von mehreren Technik-Nachrichten weiß, dass sein „ach so gutes“ Galaxy-Android-Handy mit der Zeit immer langsamer funktioniert, fange ich deswegen nicht gleich an zu jubeln. Ich sehe doch ein, dass sein Smartphone seine Zwecke erfüllt, und zwar in dem Maße, das von dem Besitzer erfordert wird.

Ich persönlich bin dagegen mit einem Windows Phone unterwegs. Ja, es hat noch „Kinderkrankheiten“. Ja, es gibt nicht so viele Spiele dafür wie auf dem iPhone oder Android. Ja, es ist allgemein nicht vollständig „ausgereift“. Aber ja, es hat noch viel Potential. Und ich mag es, denn mich fasziniert die Beobachtung der technischen Entwicklung. Das mag mein subjektiver Eindruck sein, aber diesen hat jede(r) für sich. Nicht nur ich empfinde praktisch Liebesgefühle zu meinem alltäglichen digitalen Begleiter, denn die moderne Welt beeinflusst uns alle so, dass wir gewöhnlich nicht mehr Plattform-agnostisch sind. Man liebt sein Handy wie einen echten Freund. Viele hüten es wie ihren Augapfel. Manche pilgern sogar zu den „heiligen Orten“:

Und das ist genau die Parallele, die ich dazu ziehen möchte: Die gegenwärtige Liebe zu Gadgets verwandelt sich allmählich in eine Art Neoreligion. Diese Besessenheit ist stark in unserem Leben verwurzelt; es gibt viele Diskussionen um Zeitverschwender wie soziale Netzwerke und High-Tech-Medien. Dabei machen sich dieselben Anzeichen solchen „Glaubens“ bemerkbar – Treue zur eigenen Betriebssystem-Plattform, Schadenfreude über die Misserfolge der „Gegner“ und eine nahezu dogmatische Einstellung im Verhältnis zu dem Software-Ökosystem des bevorzugten Herstellers.

Auch die Gesichter meiner Arbeitskollegen, in deren Anwesenheit ich das Wort „Windows Phone“ verwende, krümmen sich beinahe vom Gemisch aus Ekel und Hohn. Es geht ja eigentlich um die Marktanteile, und nur deswegen wird in unserer Firma keine App für diese Plattform entwickelt. Alles klar, aber wozu diese Verachtung? Das Handy, das ich benutze ist schließlich nicht mein eigenes Werk, in das ich meine Philosophie verkörpert habe. Aber ich als bloßer Nutzer eines Produkts, das auf dem Markt angeboten wird, fühle mich etwas gekränkt – warum wohl? Mir scheint es, weil zurzeit die Wahl des technischen Gerätes mit der Wahl der Religion verglichen wird. Und das ist meiner Meinung nach ein unanständiges Verhalten der großen Fans (oder Fanatiker?), die sich gegenseitig hassen können – nur weil man eine andere Marke für sein eigenes und privates Leben bevorzugt!

Vielleicht übertreibe ich, aber was geschieht mit unserer Geisteskultur, wenn Steve Jobs zum Heiligen erklärt wird und die App Stores als virtuelle Altare für Geldopferungen in den Apple-Kirchen verwendet werden (was eigentlich auch schon mehrmals passiert und zum Teil Realität ist)? Die Technologie dringt ja immer weiter in unser Leben ein. Aber egal, was man entsprechend seinem Geschmack auswählt, sei es eine Religion, ein Handy, eine Automarke – lasst euch nicht mit unerfreulichen Aussagen demütigen. Versucht bitte auch nicht euch eine andere Meinung aufdrücken zu lassen. Jeder hat seine subjektive Eindrücke und Vorlieben. Das ist genauso sinnlos wie über Wahrhaftigkeit des einen oder des anderen Gottes in verschiedenen Religionen sich zu streiten. Der Glaube ist die Privatsache jedes Menschen und er darf nicht als etwas Peinliches betrachtet werden.

Also: Nutzt das, was euch gefällt, weil das ist eben Jacke wie Hose. Amen.


 

Titelbild: Saint-Jobs by Litioo (Deviant Art)

Zeige Kommentare

  • Ich würde ja gerne einen Kommentar dazu schreiben, aber mein Iphone hat mich gerade zum Gottesdienst von Apple aufgefordert... muss gehen.

  • Mich juckt auch nicht was die Leute sagen. Mein Lumia 930 funktioniert problemlos und bleibt kein mal hängen. Kann man von Android ja nicht behaupten. ;)

  • Sehr schöner Kommentar. Ich bin seit 1994 bei Apple und habe mir vor zwei Tagen für mein defektes Iphone 4s ein Lumia 640 Dual gekauft. Die ganze Apple-Bewegung hin zu unbezahlbaren Iphones, verklebten Geräten, die man nicht aufrüsten kann und Laptops jenseits der 1000 EUR hat mich diesen Schritt machen lassen. Meine gesamte Apple-Bekanntschaft hat sich vorsichtig verständnisvoll bis abwertend geäussert und es ist erstaunlich wie viel Marke durchgeschlagen ist bei der Bewertung von Menschen.
    Aber egal - das Lumia ist toll. Wie hörte man schon in "Fight-Club"? Du bist nicht Dein Auto, Du bist nicht eine Marke.
    Genau so ...

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veröffentlicht von
Oleksandr Zilber

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