Gestern Abend, 22:45 Vorstellung von „Solo: A Star Wars Story“ im IMAX Berlin: Kurz nach der obligatorischen Eis-Werbung, flimmert ein Huawei P20-Pro Spot über den riesigen Bildschirm, der die überlegenen Fähigkeiten der „KI-Kamera“ hervorhebt. Königsstein und ich schauen uns kurz an und stellen uns beide die gleiche Frage: „Was zum Henker macht eigentlich so eine KI-Kamera? Tolle Fotos, aha….konnte das Lumia 950 auch schon“.
Das Thema „Künstliche Intelligenz“ ist in den letzten zwei Jahren immer stärker in den Mainstream-Fokus gerückt. Die Vermutung, dass Unternehmen den Begriff KI nun einfach als Marketing-Worthülse nutzen, hat durchaus Substanz. Denn: Was das Huawei P20 Pro mit der KI in der Kamera so viel anders macht als alle anderen Smartphones davor, ist nicht offensichtlich.
KI – Begriff noch abstrakt für Endverbraucher
Wenn ich das Wort „KI“ höre, dann assoziiere ich damit automatisch den Androiden „Data“ aus Star Trek. Das ist natürlich nicht ganz richtig: Künstliche Intelligenz muss sich nicht auf derart hohem Niveau abspielen, wie es beim positronischen Gehirn des von Brent Spiner verkörperten Data der Fall ist, um der Bezeichnung gerecht zu werden.
KI beschreibt die Automatisierung intelligenten Verhaltens. Googles „Deepmind“-Video dürfte einigen von euch bekannt sein:
Hier zeigt Googles KI, wie durch das Prinzip von Versuch und Irrtum (Trial and Error), das animierte Männchen allmählich laufen lernt. Künstliche neuronale Netzwerke, die der Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachempfunden sind, befähigen die KI aus der selbstständigen Verarbeitung und Auswertung von Daten zu lernen, statt wie herkömmliche Simulationen programmiert zu werden.
Es sind diese künstlichen neuronalen Netzwerke, die KI irgendwann so weit entwickeln sollen, dass sie von einem Menschen nur schwer unterscheidbar ist. Sprach- und Gesichtserkennung, Deutung von Gesten, Simultan-Übersetzung, autonomes Fahren und dergleichen mehr, gehören zu den Disziplinen, die eine KI durch neuronale Netzwerke erlernen kann.
Was hat das jetzt mit der KI in Smartphones zu tun?
Smartphones wie das Huawei P20 Pro oder das iPhone 8/X besitzen Prozessoren, die „KI“-fähig sind. Grundsätzlich bedeutet das, dass Entwicklern bestimmte APIs (Schnittstellen) zur Verfügung stehen, die den Einsatz von maschinellem Lernen in Apps ermöglichen. Auf dem Huawei P20 Pro ist beispielsweise die „Microsoft Translator“-App vorinstalliert, die durch den KI-Chip in der Lage ist, Offline-Sprachübersetzungen zu vollbringen.
Diese Funktion ist leider noch nicht aktiv. Ebenso mangelt es momentan an Applikationen, die die KI-APIs ausnutzen.
Während der KI-Chip also theoretisch Vorteile gegenüber herkömmlichen Prozessoren besitzt, gibt es noch sehr wenige Anwendungen, die darauf bauen.
Bei der Smartphone-Kamera wirbt Huawei ebenfalls mit KI. Der Algorithmus entscheidet, welche Verbesserungen bei Licht, Farbe, etc. am besten geeignet sind und wendet diese Einstellungen an. Derartige Optimierungen konnten Kameras schon lange bevor der Begriff „KI“ in aller Munde war. Meines Erachtens wird „KI“ hier einfach als Schlagwort für „Besonders toll“ genutzt, ohne einen tatsächlichen Mehrwert zu erklären.
Fazit
KI-Chips in Smartphones und Smartphonekameras sind technisch gesehen nicht nur Spielerei. Momentan fehlen die Anwendungen, um einen deutlichen Mehrwert gegenüber herkömmlichen Prozessoren zu bieten.
Die Industrie hat den Begriff „KI“ aber als Differenzierungsschlagwort entdeckt. So wie zu Hochzeiten von „Apps“ selbst die heimische Klobürste eine Applikation benötigte, erwarte ich in den kommenden Jahren eine „KI-Schwemme“ innerhalb der Technikwelt und darüber hinaus.
Beeinflusst euch das Wort „KI“ bei eurer Kaufentscheidung?
Schöner Artikel. Das was wir KI nennen bzw heute als jene bezeichnen war übrigens schon ab dem SD 801 und dem A7 im Einsatz, kommt nun aber erst richtig zur Reife. KI als solches ist nicht nur eine reine kamera Funktion, sondern ist mittlerweile in etlichen Apps und Programmen anzutreffen. Berühmtes Beispiel dürfte wohl Google Duplex und Lens sein. Aber auch Siri 2.0 mit AirPlay 2 nutzen ähnliche Techniken. Soll heißen es ist eine extrem spannende Technik, welche jedoch von jedem Hersteller mittlerweile anders genutzt wird. Während ms und Apple interne Abläufe in ihrem Ökosystem stärken, baut Google sie offensiver… Weiterlesen »
Ich mags nicht wenn mein Handy schlauer ist als ich mit seiner KI 😁
Solange ich Bescheid weiß, wenn am anderen Ende eine KI sitzt, ist alles gut.
„KI“ die keine ist kann aber dennoch nicht die Physik schlagen. Teilweise sogar steht sie dieser im Weg. Beim Hauawei P20-Pro sorgt die „KI“ unter anderem für die besten Fotos bei Dunkelheit die wir je hatten bei einem Smartphone. Gleichzeitig gehen die Automatismen so kräftig zu Werk, dass trotz all der vielen Pixel und dem großen Sensor viele feine Details bei besten Lichtverhältnis einfach verloren gehen die beim technisch schwächeren Lumia 950 noch vorhanden sind. Aber am Ende sind Smartphones nun mal für Schnappschüsse da und 99% der geschossenen Bilder verlassen das Smartphone vermutlich auch niemals. Deshalb geht der Trend… Weiterlesen »
Erinnert mich frappant an den plötzlich inflationären Gebrauch bzw Missbrauch der Bezeichnung „Bio“ nach dem Aufkommen dieses Trends….
Also in diesem Fall nicht nur perfekt gestaltete, sich nach äußeren Einflüssen festgelegt flexibel anpassende Programmabläufe, sondern zusätzliche Lernfähigkeit, durch welche sich erstere systematisch bis in ihre Grundfunktionalität verändern können.
Da man hin und wieder über kritische Artikel stößt, die aktuelle KI beleuchtet, stellt man eher fest, dass es DIE Künstliche Intelligenz noch gar nicht so wirklich gibt. Alles sehr spezifisch und eingeschränkt, auf einen ganz bestimmten Nutzen ausgerichtet. Am Ende doch eher komplizierte Algorithmen, die sich auf vermutlich sehr lange und komplizierte =WENN(Funktionen;ausExcel) runter brechen lassen.
Also nein, ich springe auf KI als Marketing-Strategie nicht an, bzw geht es über das Lesen wieso das KI haben sollte nicht hinaus.
Hat KI und nicht besser als mein 3 Jahre altes 1020 !;)
Maschinen-Learning trifft es viel besser. Und solch ein Chip ist auch kein kleines „Gehirn“ sondern einfach nur ein kleiner Co-Prozessor der auf bestimmte Berechnungen optimiert ist. Ähnlich einer GPU. Man könnte diese Berechnungen auch vollständig auf dem Hauptprozessor ausführen es wäre halt einfach nur ineffizient. Solches
Maschinen-Learning gab es übrigens schon in gewissen Ansätzen bei Windows XP…
Danke, dass mal einer Machine Learning erwähnt. Ich finde, dass mit dem Begriff KI einfach nur so um sich geschmissen wird. Das Grundprinzip sind doch nur ein paar Matrixmultiplikationen (von sehr großen Matrizen wohlgemerkt), die auf einem Spezialprozessor einfach effizienter abgearbeitet werden können. Das mag zwar für eine einzige „intelligente“ Aufgabe ganz gut funktionieren, aber eine Art von Intelligenz ist das für mich einfach noch nicht.
Stimme dir vollkommen zu. Intelligenz ist rein wissenschaftlich schon richtig, aber weckt bei den meisten einfach ein falsches Bild.
Das Problem an der Sache ist, dass kein Otto-Normalverbraucher wissen kann inwiefern da eine „gute KI“ zum Einsatz kommt. Bei der Kamera vom P20Pro kann das reichen von simplen Filtern die da ja nach Bild drübergelegt werden bis zu komplexen Kontrast und Farbwertveränderungen, die mit jedem Bild besser werden. Ich wage deshalb einfach mal zu Behaupten, dass ein großteil davon Marketing ist. Fände es super wenn sich jmd. der sich da (beruflich) auskennt zu äußern würde. 😊
Ein schöner Satz den ich ein kürzlich gelesen habe „Die erste echte künstliche Intelligenz wird die letzte Erfindung der Menschheit sein“. Zum Eigentlichen Thema, hat sich schon einmal jemand die Mühe gemach einen Bildervergleich mit und ohne „KI“ zu machen?