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Das PWA-Paradoxon: Deswegen sabotiert Google seinen eigenen App-Store

Progressive Web Apps, auch PWAs genannt, werden von einigen Techexperten als Ablöse konventioneller Apps gesehen. Schon in wenigen Jahren, so die Experten, könnten viele Unternehmen auf PWAs umsteigen und ihre Apps in den jeweiligen Stores in Rente schicken. Der große Vorteil von Progressive Web Apps? Firmen müssen sich nur noch um die Weiterentwicklung und Pflege einer einzigen Appversion kümmern, die bequem über kompatible Browser (zur zeit Chrome und Edge, bald auch Safari) vertrieben wird. Für Unternehmen ist dies wesentlich kostengünstiger als Apps für Android, iOS und Windows bereit zu stellen.

Warum pusht Google PWAs so stark?

Der Vorteil von PWAs für Firmen liegt auf der Hand. Und wieso Microsoft mit seinem kränkelnden Store mittlerweile ein großer Verfechter der betriebssystemagnostischen Progressive Web Apps ist, dürfte wohl auch klar sein. Welchen nutzen zieht aber Google aus dessen Etablierung? Der Suchmaschinenriese hat einen prall gefüllten Play Store, mit dem er eine unglaubliche Macht über die Smartphone- und Tablethersteller hat, die das ansonsten freie Android als Betriebssystem einsetzen. Trotz dieses Umstandes gilt Google als treibende Kraft hinter der PWA-Entwicklung und damit auch als potentieller Saboteur seines eigenen App-Stores.

Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch aussieht, macht näher betrachtet viel Sinn. Eine Verlagerung des Vertriebes und der Nutzung von Apps in den Webbrowser, hätte für Google gleich mehrere Vorteile.

1. Datenanalyse und Werbung verkaufen

Der erste Punkt ist zugleich der Wichtigste: Googles Geschäftsmodell besteht aus der Sammlung und Auswertung von Nutzerdaten, um Werbetreibenden präzise Werbung zu ermöglichen. Wenn ihr in den App Store schaut, dann gibt es dort zwar vereinzelt Werbung in Form von vorgeschlagenen Apps, Google kann hier aber weder seine volle Bandbreite an Analysetools noch das immense Werbeangebot ausspielen, das ihnen im Webbrowser zur Verfügung steht. Das Unternehmen verliert dadurch eine Menge Geld. Da Progressive Web Apps im Grunde normale Webseiten sind (die durch verschiedene APIs und Offlinefunktionalität aufgewertet werden), kann Google wieder seine Macht als beliebteste Suchmaschine und beliebtester Browser der Welt ausspielen.

Neben diesem Hauptargument, gibt es noch einige positive Nebeneffekte für Google.

2. Schlag gegen Nicht-Google-Stores

Android ist ein Open Source Betriebssystem, wodurch es durch sämtliche Hersteller kostenlos eingesetzt werden kann. Die verschiedenen Google Dienste und der Play Store gehören aber Alphabet (der Mutterkonzern von Google) und müssen lizensiert werden. Grundsätzlich spricht allerdings nichts gegen die Installation googlefremder Stores, über die Apps bezogen werden können. In China ist dies sogar üblich. Durch PWAs würde Google diesen anderen Stores schaden, indem der App-Traffic wieder ins Web gezogen würde und somit wieder nach den Spielregeln des Suchmaschinenriesen funktionierte.

3. Schlag gegen Apples Appstore

Apples Appstore ist ein wahrer Behemoth. Obwohl das Unternehmen aus Cupertino nur ca. 15% des Smartphonemarktes ausmacht, werden immer noch viele Apps zunächst für iOS veröffentlicht. Entwickler lieben den Appstore, weil die Kunden in der Regel zahlungswillig sind (im Gegensatz zum “Ich will alles gratis”-Play Store von Google). Die Verbreitung von PWAs könnte auch Apples Appstore schaden, wenn Firmen ihre iOS-Applikationen auf einmal aus dem Store entfernen. Apple arbeitet ebenfalls an der Unterstützung von PWAs für Safari – noch ist unklar, ob sie sich gänzlich an den Standard halten oder wieder einmal ihr eigenes Süppchen kochen werden.

Microsoft als großer Profiteur

Der große Profiteur der PWA-Entwicklung könnte ausgerechnet Microsoft sein. Die offizielle Twitter-App ist seit dem letzten Update auch für Edge als Progressive Web App verfügbar und hat die UWP-Anwendung abgelöst. Seitdem kommen auch Windows-Nutzer in den Genuß der aktuellen Features des Kurznachrichtendienstes (z.B. mehr Zeichen). Da PWAs nicht für spezifische Systeme aktualisiert werden müssen, wird die Twitter-PWA auch unter Windows nun stets die gleichen Features bieten wie für alle anderen System (bzw. Browser).

Google dürfte diesen Kollateralschaden, die Stärkung eines Konkurrenten, gerne für oben genannte Vorteile in Kauf nehmen.

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  • Bin ich hier in der Google Community? Es geht mir am A.... vorbei, was Google gerne in Kauf nehmen könnte. Ausgerechnet diese mit der schon an Dämlichkeit grenzenden Kritiklosigkeit Geiz_ist_geil-Consumer, die alle ihre Daten und die ihrer Mütter und Väter, Frauen und Kinder für eine ansonsten kostenlose Nutzung des OS preiszugeben bereit sind, sehen sich als die Wortführer der digital Natives, der Mobile Generation.
    Die Entwicklung geht glücklicherweise wieder in eine ganz andere Richtung von der endlich wieder Microsoft der Profiteur ist. Der OS-Lieferant, der bekanntermaßen der noch einzige ist, der ein wirklich freies OS liefert. Das klingt für mich wie Football is coming home.

    • Dass allzu viele Leute nicht bereit sind für Leistungen im Internet Geld in die Hand zu nehmen ist wohl leider richtig so, aber was hat das mit Microsoft zu tun? Oder Google? Oder dem Artikel? Sorry ich kann dir da nicht ganz folgen

      • Ihr müsst die Sätze einzeln lesen und verstehen. Im Zusammenhang untereinander ergeben sie nur wenig Sinn, aber einzeln bezogen auf den Artikel sehr wohl.

      • Gute Frage. Dazu musst du zurück gehen in die Zeit, als Apple und Google mit dem Smartphone auf den Plan traten. Davor war das Internet noch unbegrenzt frei für jeden zugänglich. Seit 10 Jahren brauchst du dafür Apps an die du aber nur über das Ökosystem, Betriebssystem und ggf. auch nur über die Hardware des Anbieters kommst. Das würde sich mit den PWAs wieder weg von diesen Bindungen entwickeln. Die Entwicklung käme nach einem kurzen Ausflug über das Business also wieder zurück zu Microsoft, weil Microsoft hier die unangefochtene Nr. 1 ist und dies, weil man diese Entwicklung initiiert hat und so am besten darauf eingestellt ist.

    • Wirklich freies OS? Alter, aus welchem Paralleluniversum bist Du denn hier aufgeschlagen? Schonmal geguckt was MS alles an Daten zieht wenn man keine W10 Enterprise LTSB hat? Heutzutage kann man bei MS froh sein dass nicht sogar am Windows Server Candy Crush vorinstalliert ist.

  • Der Einfluss des Business zeigt sich und dahinter der Einfluss von Microsoft. Davon profitiert auch der Consumer wie man nicht schwer erkennen kann. Die etablierten Ökosysteme bekommen Löcher. Es kehrt wieder Freiheit auf die Rechner (etwas anderes ist ein Smartphone auch nicht) zurück. [Edit: Und Freiheit ist der größte Feind von Androids und Apples Ökosystemen, aber der beste Freund von Microsofts Ökosystem.[/Edit]

  • Sind PWAs nicht in gewisser Weise auch systemgebunden, wenn sie Schnittstellen zum OS verwenden? Wenn man z.B. Irgendeine "social media"-PWA hätte, die auf die Kamera zugreifen will, müsste man doch die Schnittstelle für Android, Windows, iOS etc. hinterlegen, oder? Wenn das so wäre, dann könnten Entwickler nur Schnittstellen für z.B. Android integrieren, oder liege ich da falsch? Alles andere, was auf Standards zurückgreift, müsste aber systemunabhängig funktionieren.

    • Nein, das übernehmen die Service Worker, die sich ins jeweilige System integrieren. Solange sich die Teilnehmer an den PWA Standard halten (und Google gibt ja hier als Platzhirsch die richtung vor), ist alles ok

  • Google-adsystem/analytics, mixpanel, quantserve, criteo und co werden bei mir grundsätzlich geblockt. Angefangen im Router bis hin zu dns66/disconect im Handy und selbst die gute alte Host Datei ist ein guter Blocker. Da reicht ja dann nur ein Browser mit gutem adblocker beim benutzen der PWA auf dem Handy um den groben Schmutz abzuhalten. Die Schnittstellen nutzen ja einige Webseiten ja jetzt schon. Geo/Standort Abfrage zb.

  • Nutze selber die Volvo Ocean Race App (Android) welche eine PWA APP ist und wirklich super funktioniert. Ich denke man kann mit den PWA Apps einen großen Bereich abdecken, der dem Microsoft Store wirklich auf die Sprünge helfen kann.

    Native Apps wird es immer brauchen, aber so kann man sie auf ein minimum reduzieren.

    • "Ich denke man kann mit den PWA Apps einen großen Bereich abdecken, der dem Microsoft Store wirklich auf die Sprünge helfen kann."
      Dem Microsoft Store auf die Sprünge helfen? Indem die App-Entwickler ihre UWP-Apps sterben lassen und keine Updates mehr liefern? Was für Aussichten ...

      • Den Kunden ist es egal ob es eine UWP oder PWA App ist, Hauptsache sie ist da und genauso gut wie auf den anderen Plattformen. Genau dass bieten PWA Apps!

        Was du mit der fehlenden unterstützung auf Windows Mobile ansprichst ist irrelevant, da das System wenn wir ehrlich sind keine relevanz mehrauf das Marktgeschehen hat.

  • Da Microsoft die Entwicklung des Edge Browsers auf Mobile eingefroren hat, und dieser folglich PWAs nicht mehr „können“ wird, ist es nur von Vorteil, wenn uns diese PWAs hoffentlich so lange wie möglich, noch etliche Jahre, „vom Leib bleiben“ werden.
    Ich möchte jedenfalls nicht auf ein Google Android Smartphone als Hauptgerät wechseln müssen. Was für viele Andere hier aber kein Problem zu sein scheint. Bitte weitergehen zu AndroidUnited!

    • Das verstehe ich nicht, das erscheint unlogisch. Warum ist es für Mobile-User von Vorteil, wenn sie keine PWAs bekommen?
      Die UWPs schienen auszusterben, da wären doch PWAs ein guter Ersatz.

      • Was keinuntertan wahrscheinlich sagen will ist, dass PWA für Windows Mobile User nicht nur kein Vorteil ist (da auf WM nicht verfügbar), sondern sogar zu einem zusätzlichen Nachteil werden kann, wenn eine bisher als UWP verfügbare App zugunsten der PWA-Variante eingestampft wird.
        Finde ich übrigens durchaus nachvollziehbar.

      • Was hat die Pferdekutsche mit dem PKW zu tun?
        Was hat PWA mit dem Gerichtsstreit zu tun?
        Hast du den Artikel gelesen? Was haben die Begründungen direkt mit PWA zu tun?
        Du musst mal um die Ecke denken! Wenn es so offensichtlich wäre, bräuchte es nicht diesen Artikel!

        • Sorry, ich blicke es immer noch nicht, da half auch das zweite Mal Lesen vom Artikel nicht. Erkläre es bitte.

          • PWA basiert nicht auf Oracle-Patenten, wie es Android und dessen PlayStore/ Applikationen es sind. Google muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, bezogen auf Android/ Playstore!
            "Zwar ist auch Android grundsätzlich kostenfrei, allerdings hat Google rund um Android Werbeumsätze in Höhe von mehr als 42 Mrd. Dollar generiert."

  • Wer Microsoft nachsagt man könne nicht ausharren bis kurzfristige Entwicklungen nahezu von allein ihr natürliches Ende finden, der ist geblendet durch das Teil, wovon Microsoft besser vom Anfang an die Finger hätte lassen sollen, das Smartphone. Während Apple und Google ihre Erfolge damit feierten, harrte Microsoft aber am PC aus und es zeichnet sich jetzt ab, dass es sich auszahlt. Wer genau hinschaut, dazu mal die Scheuklappen zur Seite wegklappen, der erkennt schon die massiven Fehler von Apple und Google. Sie glauben nämlich bis heute, dass ihre Ökosysteme unkaputtbar sind. Das ist eine fatale mehr auf Arroganz oder auch blind machenden Erfolg als auf ökonomische Fakten beruhende Fehleinschätzung. Nichts ist für die Ewigkeit, bis auf den PC mit Windows. 😉

      • Der Irrtum von iOS - und Android - Usern besteht darin, dass sie sich für Digital Natives halten. Tatsächlich sind sie aber digital Naives.

    • Ähm, kein Ökosystem zu haben ist also besser als ein (aber nicht unkaputtbares) Ökosystem zu haben? Ich kann Deiner Logik nur schwer folgen, erleuchte mich bitte.

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veröffentlicht von
Leonard Klint

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