Der gläserne Mensch. Großer Bruder. Schöne neue Welt. Diese Begriffe sind im 21.Jahrhundert nicht mehr reine Science Fiction. Und trotz der unglaublichen Vision, die jenen Autoren innewohnte, hätte wohl selbst Orwell nicht vorhersehen können, dass wir uns die Überwachungsgeräte, mit einem Lächeln im Gesicht, freiwillig ins Haus holen. Selbst trivialen Applikationen geben wir ohne Zögern Informationen über uns Preis, die möglichweise nicht mal unsere engsten Freunde kennen. Da es in den allermeisten Fällen gar keine sichtbaren Auswirkungen auf unser Leben hat, bleibt es abstrakt genug, um uns keine Sorgen zu bereiten.
Wie ein Gerichtsverfahren nun zeigt, könnte diese Arglosigkeit zu einer Verurteilung in einem Kinderpornografieprozess führen. Im Onedrive Speicher des Angeklagten befand sich unter tausenden gewöhnlichen Fotos, auch ein fragwürdiges. Dieses wurde von Microsoft an das Bundeskriminalamt gemeldet, was die Staatsanwaltschaft zu einem Durchsuchungsbefehl veranlasste. Ein System, das die Uploads offenbar automatisch scannt, hatte Alarm geschlagen. Wie in solchen Fällen üblich, wurde die gesamte Hardware des Verdächtigen beschlagnahmt und wird nun untersucht.
Offenbar bewegt sich die Staatsanwaltschaft hier in einer rechtlichen Grauzone. Obwohl deutsches Recht diese Beschaffungsweise der Informationen untersagt, dürfen sie trotzdem zur Strafverfolgung genutzt werden, wenn sie sich schonmal im Besitz der Justiz befinden.
Für den Ottonormalverbraucher bedeutet dieser Fall folgendes: Alle Informationen in der Cloud werden gescannt. Befindet sich darin irgendetwas auffälliges, so kann dieses Material prinzipiell zu einer Strafverfolgung führen.
In günstigen Fällen führt dies zur Verurteilung eines Verbrechers, der ansonsten nicht aufgefallen wäre. Auf der anderen Seite wird die Privatsphäre der Benutzer quasi prophylaktisch verletzt.
Das Sicherheitsargument ist ein mächtiges Werkzeug. Die Angst der Menschen wird instrumentalisiert, um sie besser unter Kontrolle zu halten. Auch wenn es in einem solchen Fall also zu der erfolgreichen Verurteilung eines Verbrechers kommen sollte, darf ein Gesetzesbruch nicht die Grundlage für Rechtsprechung sein.
Eure Meinung dazu, interessiert mich sehr!
Für mich ist das ganze ein absolutes No go, dass möchte ich auch erläutern. Ich denke man muss an dieser Stelle nicht erwähnen, dass Kinderpornographie ein Verbrechen ist, welches unter Strafe gestellt werden muss. Auch wenn es das eigentliche Problem nicht löst, dass es Kinder gibt, die „an der Gesellschaft vorbei existieren“ und daher Opfer solcher Verbrechen werden können ohne dass es einem KiTa-Betreuer einem Lehrer oder einem Nachbarn auffällt. Näher möchte ich aber auch jetzt nicht auf dieses Thema eingehen. Ich habe mehrere Widersprüche zu der angewandten Praxis von Microsoft und sicherlich anderer IT-Unternehmen die Cloud-Speicher anbieten. Es ist… Weiterlesen »
Ich finde, dass diese Praxis generell die Unschuldsvermutung verletzt. Darüber hinaus finde ich es bedenklich, wenn man für ein Gerät (und die damit verbundenen Dienste) zahlt, und dann quasi „hintenrum“ noch einmal über den Tisch gezogen wird, in dem man nochmal mit seinen Daten zahlt. Die Vision von Gesundheitsdaten online finde ich aus der genannten Perspektive zwar sicherlich hilfreich, ich frage mich aber, wie lange es dauert, bis wir dann z.B. Krankenkassenbeiträge anhand der in der Cloud verfügbaren Infos (und Anzeichen) realer und (aufgrund der Daten und Indikatoren) potentiell in Zukunft kommender Gebrechen zahlen. Grundsätzlich sind Daten, wenn sie einmal… Weiterlesen »
Ich finde diese Praxis sogar lobenswert! Das Internet ist kein rechtsfreier Raum der leider missbraucht wird. Wer die Cloud dafür einsetzt illegales Material zu verbreiten sollte sich nicht in Sicherheit wägen. ich finde auch dass Microsoft das Recht hat zu entscheiden was in ihrer Cloud darf und was nicht, auch das Beispiel mit den sonst produzierten Pornos ist kein Argument. wenn Microsoft sie nicht auf ihrer Platte haben will, dürfen sie das auch entscheiden. Das Microsoft nicht einfach so Daten an den Behörden weiterleitet beweist der Rechtsstreit die sie gegen die US Behörden führen um die Daten eines Kunden zu… Weiterlesen »
Also lobenswert finde ich diese Praxis auf gar keinen Fall. Für Menschen, die tatsächlich gesetzeswidriges Material speichern, ist es ein leichtes, diese zu verschlüsseln und damit der Scansoftware zu entgehen. Aber wie genau funktioniert so eine Software? Wenn ich jetzt mit meinem Smartphone Bilder von meiner dreijährigen Tochter mache, wie sie nackt im Garten am Planschbecken spielt, werden diese Bilder automatisch zu OneDrive hochgeladen. Und wer weiß, vielleicht werde ich von der Software dann als potentieller Krimineller eingestuft – das ist doch wirklich höchst bedenklich.
Bedenklicher finde ich es wenn man jedes Bild den man knipst so behandelt als wäre es einen Panoramabild aus den Urlaub. Schlussendlich ist jeder für die eigene Privatsphäre verantwortlich und wenn du, trotzt wissen über die OneDrive Richtlinien, ständig die Auto upload Funktion eingeschaltet lässt ist es nicht Microsofts Fehler wenn sie dein Account „markieren“.
Ich sehe mich wieder einmal bestätigt in der Richtigkeit meiner Haltung Microsofts Unprodukten den Rücken zu kehren. Nicht nur, dass sie offensichtlich keine Verschlüsselung haltbar implementiert bekommen (was sie wie selbstverständlich tun müssten, wenn sie seriös wirken wollen (im Gegensatz zu Sony) ). Sie belügen auch noch vorsätzlich ihre Kunden! Von wegen Sicherheit! Von wegen Datenschutz! Sowas geht gar nicht! Gott sei Dank nutze ich Arch Linux mit Seafile und Baikal. Aber viele Leute wissen es eben nicht besser (oder können es gar nicht besser wissen) und nutzen solche Diense (dropbox, flickr, instagram, usw.). One ist glücklicherweise ja noch ein… Weiterlesen »