Warum führt Microsoft in den USA einen spektakulären Prozess, um die Emails eines Kunden zu schützen, der ein gesuchter Dealer oder Drogenschmuggler sein könnte? Weil es sich hier um einen Präzedenzfall handelt, der für die gesamte Branche und den Datenschutz aller Internetnutzer wegweisend sein könnte.
Darum geht es
Microsoft wehrt sich gegen einen Durchsuchungsbefehl, der die Herausgabe von Emails eines Kunden vorsieht, der im Zusammenhang mit Drogenkriminalität verdächtigt wird. Der Software-Konzern lehnt die Herausgabe ab, mit der Begründung, dass die Daten auf einem Server in Irland liegen und der amerikanische Durchsuchungsbefehl dort keine Autorität besitzt. Die amerikanische Regierung argumentiert wiederum, dass Daten, die in der „Cloud“ gespeichert sind, nicht mehr allein den jeweiligen User gehören, sondern als Firmendokumente des Cloud-Anbieters zu betrachten sind.
Eine lächerliche Argumentation? Vielleicht. Aber in erster Instanz ist das Gericht dem tatsächlich gefolgt und hat entschieden, dass der Durchsuchungsbefehl auch für die in Irland gespeicherten Emails gültig ist. Gegen diese Entscheidung ist Microsoft in Berufung gegangen.
In dem spektakulären Prozess kriegen die Redmonder nun Unterstützung von einer ganzen Koalition aus insgesamt 75 Technologiefirmen, Computerexperten und Bürgerrechtsgruppen, die sich mit Stellungnahmen (sogenannten amicus curiae Briefen) in den Prozess eingeschaltet haben. Dabei sind unter anderem: Apple, Amazon, eBay, HP, die US Handelskammer, der Netzbetreiber Verizon und die berühmte Tageszeitung The Washington Post.
Die gesamte Liste der Unterstützer findet ihr hier. (Übrigens nicht dabei: Google).
Microsoft’s Anwalt Brad Smith schrieb dazu in einem Blogpost:
„Selten hat ein Prozess unterhalb des obersten Gerichtshofes eine derartige Breite und Tiefe an rechtlicher Teilnahme hervorgerufen, wie wir sie heute hier sehen. […] In diesem Fall geht es nicht um eine kleinteilige juristische Frage, sondern um ein großes politisches Thema, das für die Zukunft globaler Technologie von fundamentaler Bedeutung ist.“
Das steht auf dem Spiel
Selbstverständlich kämpfen Microsoft und seine Unterstützer nicht allein aus idealistischen Motiven um den Datenschutz ihrer User. Vielmehr fürchten Sie, dass internationale Kunden die Cloud-Dienste von amerikanischen Unternehmen meiden könnten, wenn sie wissen, dass amerikanische Behörden und Geheimdienste (legalen) Zugriff auf ihre Daten erhalten können.
Die amerikanische Regierung, wiederum, will genau dafür einen Präzedenzfall schaffen. Das würde etwa bedeuten: selbst wenn Microsoft die Daten deutscher Kunden auf deutschen Servern speichert, könnten sie von amerikanischenGerichten zur Herausgabe gezwungen werden.
Microsoft hat in dem Verfahren aber ein starkes Argument auf seiner Seite: Was, wenn es anders herum wäre? Was wenn ausländische Behörden mit der gleichen Argumentation Emails von amerikanischen Usern beschlagnahmen, die auf amerikanischen Servern liegen? Ganz sicher, so Microsoft, würden die USA einen solchen Eingriff in die Grundrechte ihrer Bürger als völlig inakzeptabel erachten.
Aber wird sich das Gericht von diesem Argument beeindrucken lassen? Der Ausgang des Verfahrens könnte entscheidend dafür sein, welche Rechte wir alle, als Inetrnetnutzer, in einer cloud-first Welt noch besitzen.
Quelle: Wired.com, blogs.microsoft.com. Bilduelle: neowin.net