Wie aufgeregt bin ich doch gewesen als der Kurier mir das Wellograph Päckchen in die Hand drückte. Gleich würde ich eine der wenigen Smartwatches am Handgelenk tragen, die auch mit Windows Phone funktioniert (daneben gibt es noch die Mykronoz). Nach 3 Wochen intensiver Nutzung der Edeluhr, bin ich immer noch zwiegespalten.
In gewisser Weise liegt die Schuld bei mir: Der Hersteller bezeichnet die Wellograph als „Wellness Watch“. Ich habe ihr aufgrund des Aussehens (…einer Uhr), App Unterstützung, Fitness Features und der „Vorbelastung“ durch Android Wear und Apple Watch, vollständige Smartwatch Funktionen unterstellt. Das ist aber ein wenig so, als ob ich davon ausginge ein Pinguin könne fliegen, nur weil er Flügel hat.
Sobald ich dieses Missverständnis aus dem Weg geräumt hatte, öffnete sich mein Blick allmählich für die positiven Seiten der Wellograph. Die sind nämlich durchaus vorhanden.
Hinweis: Dieser Test behandelt in keiner Weise den allgemeinen Sinn oder Unsinn von Smartwatches. Das ist ein separates Thema.
Design & Performance
Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Wellograph zu den hübschesten Uhren zählt, die es derzeit auf dem Markt gibt. Und damit meine ich nicht nur Smartwatches, sondern Armbanduhren allgemein. Das Gehäuse besteht aus hochwertigem, teils gebürstetem Aluminium. Unser Gerät ist Silber (satin silver) mit hellbraunem Echtlederarmband. Weiße und komplett schwarze Kombinationen sind ebenfalls erhältlich. Eine Metallarmband Option gibt es nicht.
Ein Highlight ist das gewölbte Saphirglas. Es reflektiert das Licht auf eine faszinierende Weise und ich ertappte mich des Öfteren dabei, den Glasschliff zu bewundern. Die Kratzbeständigkeit ist legendär. Vergesst Gorilla Glas. Während der Testphase hat die Wellograph Stürze auf Asphalt und zahlreiche Stöße an Wänden und Türklinken ohne minimalste Kratzer überstanden. Ein Smartphonedisplay aus Saphirglas steht seitdem auf meiner Wunschliste ganz oben.
Bei der Wellograph kommt ein E-Ink Display zum Einsatz, das wir bereits aus der Pebble Smartwatch kennen. Es ist extrem stromsparend und die Grafiken sind sehr liebevoll gestaltet. Ob man es schöner als das IPS Display der Moto 360 findet, ist Geschmackssache. Mir gefällt es jedenfalls sehr gut und entgegen anderer Reviewer hatte ich auch keine Probleme mit der Lesbarkeit unter Sonneneinstrahlung.
Da der Funktionsumfang gegenüber anderen Smartwatches relativ klein ist, gestaltet sich das scrollen der Menüs ohne Ruckler. Schlecht gelöst ist meiner Meinung nach die Navigation mit den zwei seitlichen Knöpfen. Der obere ist zum Bestätigen, der untere zum Scrollen da. Wenn man einen Menüpunkt ausversehen übersprungen hat, muss man sich mühsam wieder durch alle Optionen durchkramen. Eine Touchfunktion ist nicht vorhanden.
Funktionen
Die Funktionen der Wellograph lassen sich in 3 Kategorien unterteilen: Uhrzeit, Schlaftracking, Sport
Uhrzeit
Bei der Darstellung der Uhrzeit hat man die Wahl zwischen 3 verschiedenen Ziffernblättern. Das erste ist klassisch analog gehalten, mit Minuten- und Stundenzeiger. Das zweite hat digitale Ziffern. Das dritte Ziffernblatt zeigt zusätzlich das Datum und die gelaufenen Schritte für diesen Tag.
Leider muss man die Uhrzeit manuell einstellen. Auch ein Sync mit dem Smartphone mittels App, hilft nichts.
Schlaftracking
Dieses Feature wurde erst durch ein Update nachgereicht. Basierend auf den Herzschlag und der Bewegung weiß die Wellograph, dass ihr schlaft und wie oft euer Schlafzyklus unterbrochen wurde. Ich habe leider keinen Vergleich zu ähnlichen Trackern, aber besonders gut funktioniert es bei mir nicht. Durch meine Tochter werde ich nachts öfter wach. Entweder die Wellograph zeigt am nächsten Morgen an ich hätte besonders gut geschlafen, selbst wenn ich 3 mal aufgestanden bin um warmen Apfelsaft zuzubereiten oder ich war angeblich mehrmals wach, wenn die Kleine durchgeschlafen hat (wobei das noch stimmen könnte, da man nicht immer mitbekommt wenn man aufwacht, sonst wäre ein Schlaftracker vollkommen überflüssig).
Ganz unabhängig von der Genauigkeit, empfand ich es als sehr unbequem die Uhr beim Schlafen zu tragen.
Sport
Die Wellograph ermittelt den Puls anhand dreier Lichtsensoren, die in rascher Abfolge Impulse durch die Haut senden. Durch die Messung der Reflektionsstärke an verschiedenen Stellen, „sieht“ das Gerät die pulsierenden Bewegungen des Blutstroms und ermittelt daraus die Herzfrequenz. Diese Messmethode zeigt den Puls zwar mit ein wenig Verzögerung aber doch zuverlässig an. Das Microsoft Band nutzt eine ganz ähnliche Technologie.
Natürlich ist die Wellograph in der Lage Schritte und verbrannte Kalorien zu zählen. Leider hat es im Gegensatz zum Microsoft Band kein eingebautes GPS Modul und kann eine zurückgelegte Strecke nur anhand des Bewegungssensors schätzen. Hat man sich auf der Stelle bewegt wird die Wellograph trotzdem anzeigen man habe 4 km zurückgelegt.
Beim Workout im Fitnessstudio (vor allem beim Hantelschwingen), hat mich die Uhr sehr gestört. Durch das Anspannen der Arme schneidet das Armband in die Haut und der Handrücken reibt an den Uhrenrahmen. Nicht gerade praktisch für einen Fitnesstracker.
Praktisch hingegen ist die Wasserdichtigkeit bis zu 50m Tiefe. Schweiß und sogar duschen sind kein Problem (kann ich mehrfach bestätigen)
Wellograph App
Die Wellograph App ist für Windows Phone, iOS und Android verfügbar. Sie ist sehr schön gestaltet und bietet einen aufgeräumten Überblick über die Daten der letzten Tage, Wochen und Monate. Leider ist es zu diesem Zeitpunkt nicht möglich eine detaillierte Ansicht der Daten eines Tages einzusehen der länger als 24 Stunden her ist. Wellograph hat uns versprochen dies in einem späteren Update nachzuliefern.
Ihr könnt eure Daten aber mit Diensten wie Apple Health, RunKeeper und MyFitnessPal verbinden und dort mehr Detais einsehen. Microsoft Health wird bislang noch nicht unterstützt, soll aber folgen.
Seit dem letzten Update funktioniert das Koppeln meines Lumias nicht mehr. Ich habe Wellograph bereits kontaktiert und halte euch auf dem Laufenden.
Akku
Der Akku ist, neben dem Design, eine der klaren Stärken der Wellograph. Laut Herstellerangaben hält er satte 7 Tage durch. Dieser Wert hat sich während meines Praxistests bestätigt. Das liegt zum einen natürlich am extrem stromsparenden E-Ink Display. Zum anderen liegt es am begrenzten Funktionsumfang. Man macht einfach nicht viel mehr als auf die Uhr zu schauen und hin und wieder den Puls zu messen. Toll ist es trotzdem, dass man sich morgens nicht darüber ärgern muss, dass die Smartwatch leer ist.
Praktisch: Das Aufladen von 0 auf 100% dauert übrigens nur 1 Stunde und sieht im magnetischen Ständer auch noch stylish aus.
Fazit
Die Wellograph ist auf verwirrende Weise faszinierend. Einerseits denke ich immer mal wieder: „Wofür brauchst du die überhaupt, die kann doch nix!“. Es stimmt. Die Wellograph kann keine Notifications, GPS oder Musiksteuerung. Sie verfügt auch nicht über die Sensorenvielfalt eines Microsoft Band und Appbenutzung von Android Wear oder der Apple Watch sind undenkbar.
Aber sie ist verdammt hübsch!
Wie oft habe ich während meiner Testphase die Frage gehört, was das für eine schicke Uhr an meinem Handgelenk sei? Und ich trage sie auch gerne, obwohl ich sie meistens zum gewöhnlichen anzeigen der Uhrzeit nutze.
Aber reicht das wirklich aus, um den Preis von $299 Dollar plus Versand zu rechtfertigen?
Der Hersteller positioniert seine Wellograph als „Wellness Watch“. Mit Wellness asoziiere ich ein gewisses „Joie de Vivre“, eine Lebensfreude, die durch ein ausgewogenes, harmonisches Leben entsteht. Hier trainiert niemand besonders hart, geschwitzt wird höchstens in der Sauna. Es gibt auch keine stressigen Mitteilungen am Handgelenk. Und man sieht immer gut aus. Ein solcher Lebenswandel passt perfekt zu dieser Neuinterpretation der klassischen Armbanduhr.
Für mich ist die Wellograph ein Zeugnis fantastischen Designs mit toller Akkulaufzeit, an der sich die anderen Smartwatch Hersteller eine Scheibe abschneiden sollten. Nur ein wenig smarter hätte sie ruhig sein dürfen.
Eine Sache noch…
Die Wellograph „Wellness Watch“ bekommt ihr eigentlich nur direkt vom Hersteller.
Oder aber ihr bleibt gespannt auf das kommende WindowsUnited Gewinnspiel, bei dem ihr dieses Prachtstück gewinnen könnt! Informationen folgen in Kürze!
Sehr hübsch, leider etwas zu versnobt für mich.