Nach langer Wartezeit ist es endlich soweit: Shadow of the Tomb Raider, der dritte und letzte Teil des Reboots, wurde veröffentlicht. Nachdem Lara einiges durchmachen musste, soll sie nun am Ende der Trilogie zum Tomb Raider werden. Dabei wurden einige Wünsche und Anmerkungen der Fans berücksichtigt und implementiert. Kann der sehr gelungene Reboot einen zufriedenstellenden Abschluss finden und die Transformation von Lara Croft vollenden? Ich habe das Spiel für euch getestet: Dies ist mein Review von Shadow of the Tomb Raider.
Story
Die Story soll hier natürlich nicht gespoilert werden, aber es lässt sich Folgendes festhalten: Sie ist definitiv um einiges interessanter als die Geschichte, die in Rise of the Tomb Raider erzählt wurde. Zudem widmet sich das Game nicht nur der Transformation von Lara Croft in die knallharte Archäologin, die wir kennen, sondern auch ihrer Psyche. So gibt es einige Szenen, in denen verschiedenste Emotionen in der Britin aufkommen, die von blinder Wut bis hin zu höchster Verzweiflung reichen. Zwischendurch ist die Story ab und zu etwas seichter und wird weniger vorangetrieben – das wird aber durch brilliant umgesetzte Szenen durchaus wieder wettgemacht.
Shadow of the Tomb Raider spielt nach den Ereignissen von Rise of the Tomb Raider: Lara und ihr bester Freund und Begleiter Jonah Maiava befinden sich inmitten ihrer Jagd auf Trinity, die im Schatten agierende Organisation, die Lara bereits seit dem ersten Spiel bekämpft. Auf der Suche nach einer Reliquie, welche die Macht beherbergen soll die Welt umgestalten zu können, löst Lara durch die Entfernung des Artefakts von ihrer Ruhestätte eine Maya-Apokalypse aus. Nun muss sie eine zweite Reliquie aufspüren, um so die Erde vor ihrer Zerstörung retten zu können. Auf der Suche nach Antworten findet sie sich bald mit Jonah im tiefsten Dschungel Perus wieder.
Das Highlight ist definitiv die Beziehung zwischen Lara und Jonah – diese ist brillant umgesetzt. Diese Partnerschaft hat sich im Laufe der Trilogie zu einer tiefen Freundschaft entwickelt und wird in Shadow of the Tomb Raider mit einer immensen Tiefe erzählt. Jonah unterstützt Lara inmitten all dem Chaos und hält sie so gut wie möglich von ihrer eigenen, persönlichen Dunkelheit fern. Sein Mitgefühl erstreckt sich weit über Lara hinaus, um den Menschen zu helfen, welche die beiden auf ihrer Reise treffen. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass diese Freundschaft den Hauptfokus der Geschichte eingenommen hätte, wird sie sorgfältig genug behandelt, um Platz für das Wesentliche zu lassen: Die Entwicklung von Lara Croft. Und diese ist unwahrscheinlich gut erzählt, auch wenn es einige unspektakulärere Lücken in der Erzählung gibt. Die einzelnen Setpieces sind jedoch unheimlich beeindruckend und großartig in Szene gesetzt.
Gameplay
Das Gameplay orientiert sich glücklicherweise an den Vorgängern, auch wenn es einige sehr positive Weiterentwicklungen gibt. Das Game setzt eine Reihe neuer Gameplay-Mechaniken um, die nahezu jeden Aspekt des Spiels eingehend verbessern. Die Erkundung der Umgebung ist besser als je zuvor, insbesondere aufgrund der Einführung neuer Fähigkeiten: Lara kann nun auch Höhlendecken erklimmen und somit viel tiefer in diese Strukturen vordringen. Zudem kann sich an Wänden abseilen und weitaus gefährlichere Sprünge wagen. Auch die Unterwassererfahrung hat ein willkommenes Upgrade erfahren: Lara ist jetzt in der Lage, für längere Zeit unter Wasser zu tauchen und muss nicht nur mit ihrer begrenzten Menge an Sauerstoff arbeiten, sondern sich auch durch klaustrophobische Spalten hindurchzwängen und Unterwasserkreaturen wie Aalen und Piranhas aus dem Weg gehen. Dies stellt eine immens angespannte Erfahrung dar, was ungemein gut zum Spiel passt.
Kampfsystem
Wenn Lara keine Monumente zerstört, Gräber plündert oder gar den Weltuntergang auslöst, findet sie sich wie auch in den letzten beiden Teilen in spannenden Kämpfen wieder – und ihre morbiden Fähigkeiten haben sich seit dem letzten Abenteuer stark gebessert: So kann sie Feinde lautlos mit Messern töten, sie in Brand stecken oder sie an Baumkronen aufhängen, bevor sie ihnen die Kehle durchschneidet und sie im Blattwerk versteckt. Die Transformation der einst schüchternen Lara in eine Massenmörderin, die aber immer wieder mit ihrem Gewissen zu kämpfen hat, ist Eidos Montreal und Crystal Dynamics eindrucksvoll gelungen. Im Gegensatz zu den Klassikern ist Lara hier ein glaubwürdiger Mensch, den man auf seiner Reise zu der Person, die er werden muss, begleiten kann.
Waffen können auch wieder verbessert werden, dieses Mal mit mehr Optionen: So kann man nun spezielle Munition für jede Waffe herstellen, was die Kämpfe noch abwechslungsreicher gestaltet. Da ich jedoch lieber im Stillen töte, war ich sehr froh über die neue Stealth-Mechanik, die im Spiel Einzug gefunden hat – so kann man viele Kämpfe überstehen, ohne eine einzige Kugel abfeuern zu müssen. Wie in den Trailern eindrucksvoll gezeigt wurde, kann sich Lara jetzt mit Schlamm bedecken und sich somit besser in Gestrüpp und mit Pflanzen bedeckten Mauern verstecken. Auch ist es so möglich, wieder zu verschwinden, nachdem man bereits entdeckt wurde. Dies führt zu einer sehr guten Kombination aus offenem Kampf und Stealth-Gameplay. Dieses Feature fühlt sich ungemein befriedigend an und ist in der Welt der Videospiele wirklich etwas Neues. Umso besonderer ist dieses Feature, da die Anzahl der Kämpfe merklich verringert wurde, was dem Spiel sehr gut tut.
Gräber
Die Entwickler haben sich die lautstarke Kritik der Fans definitiv zu Herzen genommen: Die meisten Gräber sind zwar noch immer optional, stellen nun aber einen immens wichtigen Teil des Spiels dar. Eidos hat sehr viel Zeit und Mühe in jedes Rätsel der Gräber gesteckt, die nun nicht nur viel diverser und größer, sondern auch weitaus kniffliger sind. Es gab einige Momente, in denen ich wirklich nicht sofort wusste, wie man die Herausforderung zu meistern hat – in manchen Gräbern habe ich bis zu dreißig Minuten verweilt. Zudem dienen die Grabstätten als Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten zu verbessern, da das komplette Arsenal an Skills und Werkzeugen benötigt wird, um die scheinbar unmöglichen Hindernisse zu überwinden.
Nebenaktivitäten
Shadow of the Tomb Raider ist weitaus linearer als der Vorgänger, was dem Spiel sehr gut tut. Somit erinnert es mehr an den ersten Teil und teilweise sogar an die Klassiker. Dennoch ist es sehr weitläufig: Eidos hat vor der Veröffentlichung des Games die Größe der Spielwelt hervorgehoben. Es fällt dem Spieler sehr leicht, viele Stunden damit zuzubringen, die sehr gut versteckten Relikte, Dokumente, Krypten und Grabstätten zu finden, die über die Karte verstreut sind.
Außerdem bietet das Spiel einige Side-Quests: Obwohl diese den Bewohnern der Dörfer einen komplexeren Anstrich verpasst, sind sie wie auch in den Vorgängern relativ rar gesät. Hier lässt sich eine verpasste Chance für das Game erkennen: Die einzige lohnende Interaktion mit NPCs sind genau diese Nebenmissionen, da alle anderen Bewohner kaum etwas Interessantes zu sagen haben. Dadurch wird das Spiel bedauerlicherweise nicht so lebhaft, wie es hätte sein können. Jedoch haben diese Charaktere einen Sinn: Nur durch Unterhaltungen mit ihnen kann man auf besondere Orte wie Gräber aufmerksam gemacht werden. Somit lohnen sich Unterhaltungen mit den meist eher uninteressanten NPCs zumindest für die Entdecker und Komplettisten unter uns.
Skill-Tree
Lara hat wieder einige Fähigkeiten im Gepäck – dieses Mal weitaus mehr als in den letzten beiden Teilen. Diese sind in drei verschiedenen Fähigkeitskategorien aufgeteilt und entscheidend für den Kampf, die Erforschung und das Sammeln von Ressourcen. Man bekommt das Gefühl, dass jeder Skill Lara substantiell nach vorne bringt und das Gameplay maßgeblich beeinflusst. So kann man sein Gameplay verfeinern, indem man mehrere Gegner in schneller Reihenfolge still töten, mehrere Pfeile gleichzeitig verschießen oder mehr Ressourcen in der Wildnis finden kann.
Die Skills, die man durch die Lösung der Grabstätten-Rätsel erlangt, sind Teil des Fertigkeitenmenüs und können nur in diesen Gräbern erlangt werden. Somit ergibt sich eine perfekte Symbiose zwischen Story-Missionen, Gräbererkundung und Nebenaktivitäten, um so viele gewünschte Fähigkeiten wie möglich freizuschalten.
Obwohl der Fertigkeiten-Baum sehr gut implementiert ist, hat sich ein kleines Manko herausgestellt: Wenn man die Umgebung eingehend erforscht und vom vorgegebenen Pfad der Story abwandert, erhält man genug Skill-Punkte, um nahezu alle Fertigkeiten freizuschalten, womit eine Spezialisierung kaum notwendig ist. Dieses Problem plagt jedoch die meisten modernen Action-Adventures mit Rollenspielelementen, wie auch Assassin’s Creed Origins.
Grafik und Sound
Wie bereits Tomb Raider und Rise of the Tomb Raider sieht das Spiel atemberaubend aus. Die Gesichtsausdrücke der Hauptcharaktere sind noch realistischer und auch die Umgebung ist atemberaubend. Zudem wurden die grafischen Probleme der Vegetation vom letzten Teil merklich verbessert – somit sieht der Dschungel äußerst schön aus. Auch hinsichtlich Sound wurde viel verbessert: Wenn man sich beispielsweise im Dschungel befindet, hört man die Blätter rascheln und die Laute der verschiedensten Tiere. Das Ambiente ist somit äußerst detailgetreu und bietet ein immersives Erlebnis.
Schwierigkeitsgrad
Shadow of the Tomb Raider ist etwas härter als die beiden Vorgänger: Auch wenn die Gegner teilweise stärker sind und bessere Ausrüstung besitzen, kann Lara jedoch auf eine größere Auswahl an Waffen, Werkzeugen und Fähigkeiten zurückgreifen, um sich diesen Hindernissen entgegenzustellen. Dennoch sind wir alle unterschiedlich ausgeprägt, was auch in dem Spiel bedacht wurde: Man kann nicht nur die generelle Schwierigkeit bestimmen, sondern auch den Grad für die drei Kategorien Kampf, Gelände und Rätsel festlegen. Die Kategorie Kampf bestimmt die Stärke der Gegner und von Lara selbst, Gelände legt fest, wie stark unsere Grabräuberin durch Wegmarkierungen geleitet wird und Rätsel gibt uns je nach Schwierigkeitsgrad mehr oder weniger Tipps, wie man an kniffligen Stellen weiterkommt. Dieses System ist ebenfalls brillant – selten hat man eine dem Gamer so gut angepasste Spielerfahrung gesehen. Das ist ein Aspekt, den sich andere Games definitiv abschauen sollten.
Verbesserungspotential
Auch wenn Shadow of the Tomb Raider einen großartigen Teil in einer brillanten Trilogie darstellt, ist nicht alles perfekt. Die Nebenquests sind zwar zum Teil relativ interessant, kommen aber zu selten vor. Alle anderen NPCs wirken ebenfalls etwas leblos: Bis auf minimalen Smalltalk haben diese nicht sehr viel zu bieten. Ein größeres Problem zeigen hingegen die Animationen auf: Nicht nur wirken die NPCs sehr steif in Gesprächen, auch sehen viele von ihnen nahezu identisch aus, was der Immersion äußerst stark entgegenwirkt. Zudem gab es leider einige technische Probleme hinsichtlich der Performance, die aber glücklicherweise relativ rar gesät waren.
Performance
Im Großen und Ganzen war die Performance zufriedenstellend: Bis auf wenige Momente war die Framerate flüssig genug und auch Abstürze waren keine zu erkennen. Jedoch habe ich in Shadow of the Tomb Raider mehr Probleme als in den Vorgängern erkennen können: So hat in manchen Dialogen der Ton ausgesetzt oder die Charaktere haben plötzlich nicht mehr ihre Lippen beim Sprechen bewegt. Ein größeres Problem war ein Moment, in dem der Ton in einer Cutscene komplett ausfiel und das Video mit zweifacher Geschwindigkeit abgespielt wurde. Das Game aus dem Hauptmenü neu zu laden hat nicht geholfen, somit musste ich es komplett neu starten. Glücklicherweise fielen diese Momente sehr selten aus – diese Probleme werden sicherlich noch mit einigen Patches behoben.
Mein Urteil
Shadow of the Tomb Raider ist zweifellos das unterhaltsamste Tomb Raider-Game, das wir jemals spielen durften. Die immense Detailgenauigkeit in nahezu jeder Facette ist beeindruckend und die tödlichen Gräber fangen endlich genau das ein, worum es in Tomb Raider immer gehen sollte: Rätsel lösen, tödlichen Fallen entgehen und die größten Geheimnisse der Menschheit entschlüsseln. Dabei werden dem Spieler viele Werkzeuge und Möglichkeiten an die Hand gegeben – wie man diese nutzt, kann man eigenständig entscheiden.
Allen Tomb Raider-Fans spreche ich für das Spiel eine klare Kaufempfehlung aus, da nahezu alle Kritikpunkte der Vorgänger verbessert wurden. Alle Gamer, welche die vorherigen Teile nicht mochten, werden hier keine Überraschungen erwarten, da sich Shadow of the Tomb Raider äußerst treu bleibt. Das ist auch gut so: Das Spiel komplettiert die Trilogie in nahezu perfekter Manier – der größte negative Aspekt ist nur, dass die neue Saga von Lara Croft nun bedauerlicherweise ihr Ende gefunden hat. Das Spiel ist seit letzten Freitag im Microsoft Store erhältlich – es ist zudem für den PC und die Playstation 4 erschienen.
Dieser Review basiert auf einem Code, der mir von Square Enix zur Verfügung gestellt wurde.
Hat euch mein Review Lust auf den letzten Teil der Trilogie gemacht? Werdet ihr Shadow of the Tomb Raider spielen? Ich freue mich auf eure Kommentare!
Spiele es schon seit 12/09/2018 Prepaid. Spiel ist super. Bin totaler Fan seit 1996!
Ich war auch vom ersten an dabei. Allerdings waren sie danach alle so extrem schwer für mich. Das hat sich mit der Neuauflage wieder geändert! Die LP’s auf YT sind ja geradezu berauschend! Darum schau ich nimmer weiter, sonst habe ich bald das ganze Spiel schon gesehen 😄 Aber ich sitze jedesmal gebannt wie bei einem guten Film vorm TV.. Ich freu mich schon riesig drauf es selber zu Zocken mmmh
Ich hätte ja nie gedacht dass Tomb Raider wieder gut werden könnte nach den letzten Titeln vor dem Reboot.
Aber das Reboot hat wirklich gut funktioniert. Nur zum Release ist es mir momentan noch zu teuer und Rise hab ich noch nicht ganz durch (Gamepass).
Absolut geniales Spiel. Es macht Spaß und ist ein echter Hingucker. Das Warten hat sich gelohnt.