VoLTE, WiFi-Calling, IMS, VoIP, HD-Voice, AMR-WB, EVS, CSFB – All das sind Begriffe, die im Zusammenhang mit der Telefonie in Mobilfunknetzen, besonders mit Fokus auf die vierte Netzgeneration, fallen können und auch werden. Doch was bedeuten sie eigentlich? Gestern geisterte die Nachricht durch das Internet, dass Telefónica im eigenen O2-Netz mittlerweile zu den beiden Mitbewerbern aufgeholt hat, und EVS im LTE-Netz implementiert wurde.
Doch beginnen wir erst mal mit der Einführung von LTE. LTE war zunächst lediglich als reiner Datenstandard konzipiert, weswegen viele Jahre lang keine Telefonie über das noch neue Mobilfunknetz möglich war. Wurde ein Anruf abgesetzt oder kam einer rein, führte das genutzte Handy einen sogenannten Circuit Switched Fallback, kurz CSFB, durch, bei dem das Gerät auf UMTS oder GSM zurückschaltet. Das kostete Zeit und Akku.
Daher wurde der VoLTE-Standard entwickelt, welcher für Voice over LTE steht. Mit VoLTE sollte es möglich werden, ohne CSFB und in guter Qualität mit geringen Latenzen zu telefonieren. Die Schwierigkeit hierbei ist aber, dass VoLTE anders als die Telefonie über UMTS oder GSM IP-basiert ist. Genauer gesagt eine umständlich verpackte SIP-Session. Damit man also via VoLTE auch mit den anderen Netztechnologien kommunizieren kann, wurde das IMS entwickelt, das IP Multimedia Subsystem. Die genaue Funktionsweise zu erklären würde allerdings den Rahmen des Artikels sprengen, interessierte dürfen sich aber gerne durch den Wikipedia-Artikel durcharbeiten.
Rufaufbauzeiten:
Technologie | GSM/UMTS | LTE (CSFB) | VoLTE | WiFi Calling |
---|---|---|---|---|
5,47s | 8,8s | 1,96s | 1,18s |
Kurz gesagt, das IP Multimedia Subsystem übersetzt VoLTE-Telefonate in ein für UMTS und GSM verständliches Format. Hierzu gehört auch gegebenenfalls die Signalisierung eines anderen Sprachcodec, doch dazu kommen wir später. Über dieses IMS wird auch WiFi-Calling realisiert, welches VoLTE gar nicht so unähnlich ist. WiFi-Calling ermöglicht es, über ein WiFi-Netzwerk per VPN zum Mobilfunknetzbetreiber zu telefonieren und SMS zu schreiben und empfangen.
Sprachcodec – Was ist das eigentlich?
In der mobilen Telefonie spielen Sprachcodec spätestens seit der Einführung von GSM eine Rolle. Denn mit dem Übergang vom C-Netz ins GSM-Netz wurde die mobile Telefonie digital. Und das bedeutete, dass eine Datenformatierung her musste, um die analoge Sprache digital zu speichern und zu übertragen. Diese Codec verfolgen ein ähnliches Ziel wie Musikcodec wie MP3 oder AAC: Möglichst effektiv bei wenig Bandbreite die beste Qualität zu garantieren.
In den Anfängen der Mobilfunknetze war die Technik noch nicht so weit fortgeschritten, weswegen die Sprachqualität am Anfang sehr schlecht war, im Vergleich zum Festnetz, welches zu GSM-Zeiten noch analog war. Mittlerweile gibt es aber, dank besserer Komprimierungsverfahren, bereits Codec die in etwa die Bandbreite des menschlichen Gehörs abdecken. Hier kommt auch zum Tragen, dass dank UMTS und LTE die möglichen Bandbreiten immer mehr wurden.
AMR-WB – Adaptive Multi Rate Wideband
So wurde die HD-Telefonie entwickelt. Technisch fußt HD-Voice, der verwendete Markenname, auf dem nicht-freien Codec AMR-WB. AMR-WB bietet eine Abtastrate von 16 kHz und wird üblicherweise mit einer Datenrate von 12,65 kbit/s übertragen. Weit entfernt von MP3 oder AAC mit 320 kbit/s. HD-Voice ist mittlerweile bei der Telekom und bei Vodafone flächendeckend in den GSM, UMTS und LTE-Netzen verfügbar. Bei Telefónica in den UMTS und LTE-Netzen.
EVS – Enhanced Voice Services
Der Nachfolger von AMR-WB, bzw. Codec mit besserer Qualität ist der nun von Telefónica als letztes eingeführte EVS Codec, welcher für Enhanced Voice Services steht. EVS erweitert den AMR-WB Codec um eine weitere Oktave und bietet somit noch bessere Sprachqualität. Bei Vodafone kommt es unter dem Markennamen Crystal Clear Voice zum Einsatz. Die Implementierung ist noch sehr frisch, trotz dessen dass der Standard bereits seit 2007 fertig ist. Daher können noch sehr wenige Smartphones mit ihm umgehen, bei Apple beispielsweise erst ab dem iPhone 8.
Mobilfunknetz | GSM | UMTS | VoLTE | Wi-Fi-Calling |
---|---|---|---|---|
Telekom | Ja | Ja | EVS | EVS |
Vodafone | Ja | Ja | EVS | EVS |
Telefónica | Nein | Ja | EVS | EVS |
Stand: August 2018
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Was passiert bei einem Telefonat?
Ruft ein Gerät das andere an, wird erst einmal der Anruf signalisiert. Die beiden Geräte handeln dann aus beziehungsweise gleichen ab, welche Codec beide unterstützen und einigen sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Unterstützen beide Geräte (und das Netz) EVS, wird EVS gewählt. Unterstützt nur eines EVS, das andere aber nur AMR-WB, wird auf den Codec gewechselt. Auch wird automatisch gewechselt, wenn das Netz seine Eigenschaften ändert. Beispielsweise beim Hand-Over von LTE zu GSM.
Mobilfunk <–> Festnetz
Auch ins Festnetz findet so ein Aushandeln statt. Da dort aber meist freie Codec zum Einsatz kommen, haben die Netzbetreiber sogenannte Gateways in ihren Netzen, welche den proprietären Mobilfunkcodec (z.B. AMR-WB) in den freien G.722 Codec, welcher ohne Komprimierung auskommt. Im Festnetz erkennt man HD-fähige DECT-Telefone am Standard CAT-iq 2.0. Telefone welche normalen Telefonkabel am Router angeschlossen werden, unterstützen keine HD-Telefonie.
Alles in allem kann man sagen, dass der Artikel nur die Oberfläche ankratzt und die Telefonie in Mobilfunknetzen ein hochkomplexes Thema ist. Dennoch hoffe ich, dass er eventuell für einige neue Erkenntnisse gesorgt hat und auch für Verständnis, warum die Einführung von VoLTE beispielsweise so lange gedauert hat.
Kratzt zwar nur die Oberfläche, aber für die meisten hier ist das wohl schon zu viel. 🤣😂😘👌
Danke, sehr informativ.
Menschen lernen einfach nicht aus den Fehlern der Vergangenheit und machen sie immer und immer wieder.
Wenn nicht in diesem Bereich, dann eben in den vielen anderen.
Wenn es nicht die Kaufleute sind, die es ihnen vorschreiben, sind es die Entwickler, deren Horizont an der Retina endet.
Und das hat mit dem Thema zutun weil?
Weil er etwas Kritik äußern wollte und sonst keinen Grund gefunden hätte? 😉
Ich kritisierte, dass man nicht einmal bei der Planung eines Datenfunknetzes in der Lage ist, vorauszudenken und damit am Ende dem Chaos den Weg bereitet.
Für *mich* hat im Übrigen das Thema „verkorkste Geschichte eines Datenfunknetzes“ sehr wohl mit dem Thema „schlechte Planung eines Datenfunknetzes“ zu tun.
Hat hier jemand Erfahrung mit lineage os? Da hier mittlerweile auch schon über nicht ms themen geschrieben wird, wäre das auch mal ein thema für die redaktion.
SChau doch mal bei uns im Telegram Community Channel vorbei, vielleicht kann dir da jemand helfen 🙂
Ein spannender Einblick, auch wenn nur die Oberfläche ankratzt. Ich frage mich gerade nur warum LTE als reiner Datenstandard entwickelt wurde. Schließlich kann man doch gewisse Entwicklungen abschätzen und sollte sich zumindest auf die vorbereiten oder in Erwägung ziehen. Prinzipiell ist ja dann VoLTE eine Weiterentwicklung von VoIP nur über das Mobilfunknetz, wenn ich jetzt nicht komplett falsch liege. Ich habe mich über das Thema VoIP etwas belesen und fand dieses E-Book https://www.pascom.net/res/download/Pascom-E-Book-DE.pdf recht informativ. Ich werde wohl heute Abend Wikipedia durchforsten. Der verlinkte Artikel ist ja schon mal ein guter Start.