Erst vor kurzem habe ich über meine Erfahrungen mit dem MSI GS65 8SF berichtet – welches ich aufgrund wiederholter Qualitätsmängel jedoch nicht behielt. Heute möchte ich meine Erfahrungen mit dem Gigabyte Aero 15 Classic XA teilen – das mich nun anstatt des MSIs begleitet.
Gaming. Notebook.
Gaming zählt ohne Frage zu den anspruchsvollsten Anforderungen an einen Computer im privaten Umfeld. Und speziell bei Notebooks muss man oft Kompromisse eingehen: Hohe Leistung resultiert meistens in hohem Gewicht, hoher Lautstärke und kurzen Akkulaufzeiten.
Gigabyte hat mit der Aero 15 – Reihe schon eine ganze Weile Notebooks im Angebot, die zwischen teuer und sehr teuer alles abdecken. Es gibt Konfigurationen bis 64GB Arbeitsspeicher, einer 2080 Max-Q, i9 Prozessoren und 2TB SSDs. Mehr ist aktuell kaum möglich. Dabei ist das Gehäuse mit den Abmessungen 35,6cm x 25cm x 1,9cm absolut schlank und portabel! Auch das Gewicht von ~2kg lässt auf den ersten Blick weniger potente Hardware vermuten.
Mein Gerät stammt aus der XA-Reihe. Es besitzt entsprechend einen i7 9750H, eine RTX 2070 Max-Q, 16GB Dual Channel RAM und eine 512GB SSD. Als Bildschirm kommt das neuste Sharp 240Hz IGZO Display zum Einsatz.
Das Gehäuse selbst ist laut Hersteller aus gefrästem Aluminium und macht einen absolut wertigen und stabilen Eindruck. Das sind Welten Unterschied im Vergleich zum MSI GS65, wirklich. Alle Ports sitzen bombenfest, das Alu ist stabil, nichts knarzt oder lässt sich merkbar verbiegen. Alles ist dabei in Schwarz gehalten. Die Rückseite vom Display jedoch hat zusätzlich ein bisschen Struktur und einen weiß beleuchteten Gigabyte-Schriftzug. Absolut unauffällig und schlicht, aber schick.
Display: Ultimative 240Hz
Das Display ist aus Gamer-Perspektive leicht beschrieben: Besser geht es nicht. Das verbaute Sharp Panel ist aktuell ohne Frage das beste, das man in ein Gaming Notebook einbauen kann, und das aus mehreren Gründen. Es ist schnell. 240Hz sind aktuell nahezu unübertroffen. Auch die Reaktionszeiten sind mit wenigen Millisekunden Profi-tauglich. Die Farbqualität deckt laut Hersteller den sRGB – Farbraum ab – subjektiv betrachtet ist es einfach sehr ausgewogen. Es gibt quasi kein Backlight Bleeding!
Lediglich die Helligkeit ist nur mäßig – das macht sich auch im Alltag bemerkbar. Aber echte Gamer findet man ja auch eher im Keller als draußen im Sonnenschein 😉
Interessant: Gigabyte liefert das Display Pantone-kalibriert aus. Das heißt, die wiedergegebenen Farben sollen besonders nah an „der Wirklichkeit“ liegen. Ich persönlich habe den Eindruck, dass das Display mit der Kalibrierung eher etwas zu warm aussieht – ist aber Geschmackssache, und lässt sich in der Gigabyte Software einfach umschalten.
Gaming: CPU und Grafikkarte
Mir ist es wichtig, beim Gaming keine Kompromisse eingehen zu müssen. Es gibt genügend Notebooks, die dieser Anforderung mehr als gerecht werden, doch schleppt man dann meist einen übergroßen Ziegelstein mit sich herum. Das ist mit dem Gigabyte Aero 15 definitiv nicht so.
Der i7 9750H hat im Vergleich zu seinem populären Vorgänger, dem 8750H, kaum Vorteile. Im Grunde wurde der Cache-Speicher und die Basistaktung geringfügig erhöht. In der Praxis macht sich das kaum bemerkbar – höchstens beim Preisunterschied. Nichtsdestotrotz leistet dieser 6-Kern Prozessor hervorragende Arbeit, in jedem Anwendungsfall.
Das selbe gilt für die RTX 2070 Max-Q. Wie der Name schon verrät, handelt es sich hier um die gedrosselte RTX 2070 Variante. Anders würde man das nicht in dem kompakten Gehäuse unterkriegen. Dennoch ist die Grafikkarte gut genug, um anständige Ergebnisse in den verschiedensten Spielen zu erzielen. Hier einige Beispiele:
Vanilla Minecraft, Java Edition, 1.14.4: 190-240fps
Anno 1800, ~hohe Grafik: 45-80fps
Battlefield 4, ~mittlere Grafik: 160-190fps
Kurzum: Mehr Gaming Performance in diesem Formfaktor geht aktuell wohl nicht. In einfacheren oder älteren Spielen kann sogar das 240Hz Display ausgereizt werden. In den neusten Spielen geht das nicht mehr, aber es spielt sich dennoch flüssig.
Hitzeentwicklung: bis zu 98°C
All diese Leistung produziert eine Menge Abwärme. Das MSI GS65 hatte eine unglaublich laute, aber wirkungsvolle eingebaute Kühlung, bei der die Abluft zu beiden Seiten abgeführt wurde.
Das Gigabyte Aero 15 Classic führt Abwärme nach oben hin ab, zum Display. Die Luft wird nur von unten angesaugt, nicht von den Seiten. Das führt dazu, dass das Notebook unglaublich schnell unglaublich heiß wird. Die Lüftungskapazitäten der Aero Reihe sind wohl leider nicht mit der Leistung der verbauten Komponenten gestiegen. Immerhin sind die Lüfter auch nicht ganz so laut.
Laut der Software HWMonitor heizt sich so beim Spielen die CPU sehr schnell auf bis zu 98°C auf – das ist auf Dauer definitiv nicht gesund. Seltsamerweise löst selbst diese Temperatur nicht die höchste Drehzahl-Stufe der Lüfter aus – das muss manuell über die Tastenkombination FN+ESC passieren. Damit kühlt man die CPU zumindest auf ~92°C. Außerdem scheint es, als wird die CPU kaum gedrosselt. Abhilfe kann hier das Tool Intel XTU schaffen, aber das muss ich selbst erst noch testen. Mit dieser Software lässt sich der Prozessor untertakten, was zu verringerter Leistung, aber auch zu verringerter Hitzeentwicklung führt. Die GPU ist insgesamt nicht ganz so extrem betroffen und heizt sich auf ca, ~86°C beim zocken auf.
Beim Gigabyte Aero 15 Classic ist es also unglaublich wichtig, das von unten möglichst viel Luft an das Gerät heran kommt. Also bloß nicht direkt auf den flachen Tisch stellen, sondern irgendwo aufbocken, oder ein Notebookständer verwenden.
Die Hitzeentwicklung ist im Akkubetrieb glücklicherweise kein Problem. Man kann das Gerät problemlos auf dem Schoß benutzen.
Tastatur und Trackpad: Oberklasse
Gigabyte verbaut in der Aero Reihe eine vollwertige Tastatur. Vollwertig heißt: mit Numpad! Und das in einem so schlanken 15-Zoll Gerät! Die Tasten liegen dafür minimalst näher beieinander als auf einer üblichen Desktop-Tastatur, aber sind insgesamt nicht zu klein.
Der Tastenhub ist mindestens ebenso lobenswert: Subjektiv (!) ist das hier vom Schreibgefühl die beste Notebook-Tastatur die ich kenne. Und es gibt noch mehr zu loben: Das Tastaturlayout ist original deutsch – hier muss man keine Taste suchen. Außerdem ist die Beleuchtung eindrucksvoll hell, dagegen war die Beleuchtung des MSI GS65 ganz schön mickrig.
Bei der Tastatur gibt es nur einen Dämpfer: Die Software. Dabei sind das nur Kleinigkeiten: Es können zwar eigene Farbprofile erstellt werden, aber die Möglichkeiten sind im Vergleich zur Steelseries- oder Logitech Engine sehr eingeschränkt. Außerdem vermisse ich die FN-Hervorhebung von MSI/Steelseries: Bei Druck auf der FN-Taste haben nur noch die Tasten geleuchtet, die mit der FN Taste zusammen eine Funktion bereitstellten. Das ist praktisch! Aber vielleicht kommt da ja in Zukunft noch das ein oder andere Update von Gigabyte.
Das Trackpad verrichtet unspektakulär seinen Job, inklusive Windows 10 Gesten. Mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen.
Sound: angenehme Lautsprecher, schwacher Chipsatz
Hier war ich ja beim MSI GS65 schon zwiegespalten: Einerseits hatte es einen hervorragenden Chipsatz und Kopfhörer-Anschluss, andererseits unterirdische Lautsprecher. Beim Gigabyte ist es (leider?) genau andersherum.
Die eingebauten Lautsprecher sind zwar definitiv nicht laut, klingen aber verhältnismäßig kraftvoll, ausgewogen und angenehm! Definitiv gut genug zum Spielen oder für Spotify im Hintergrund.
Schwäche zeigt das Gigabyte Aero 15 Classic dafür beim verbauten Chip und der Kopfhörer-/Mikrofon-Kombi-Buchse. Beides funktioniert, aber mehr auch nicht. Der Chip unterstützt Formate zwischen 16bit/44.1KHz und 24bit/48KHz. Der Realtek ASIO Treiber (für Musikproduzenten) ist nicht alltagstauglich. Der Kopfhörer-Ausgang ist eher schwach und spürbar von „begeisternd“ und „glasklar“ entfernt. Gamer wird das nicht stören, Audio-Fetischisten aber schon. Hier liegt der Fokus entsprechend ausschließlich beim Gaming, schade!
Die Nahimic Software ist hier genauso wie beim MSI GS65 vorinstalliert, aber nach wie vor stufe ich diese, zumindest im Bereich der Wiedergabe, als nutzlos ein.
Eine weitere Schwäche erlaubt sich Gigabyte mit dem Mikrofon, und dessen Platzierung. Dieses findet sich zusammen mit der 0.7MP Kamera nämlich auf Höhe des Displayscharniers! Prinzipiell etwas, das mich nicht stören würde… Aber da die Kühllösung all die Abwärme direkt auf Höhe des Displayscharniers rauspustet, muss beim Mikrofon dauerhaft die Rauschunterdrückung ran. Das Resultat: Sehr undeutliche Aufnahmen, die teilweise nicht gut genug für Discord oder Teamspeak sind. Sehr ärgerlich, denn da hat offensichtlich jemand nicht weit genug gedacht! Nutzer eines Headsets werden sich aber auch hieran nicht stören.
Software: Gut, aber mit Luft nach oben
Gigabyte liefert das Gerät mit Windows 10 Pro aus. Um all den Gamern gerecht zu werden, gibt es dazu das „ControlCenter“ von Gigabyte. Dieses kann aktuelle Auslastungen anzeigen und bietet Zugriff auf einige spezielle Systemeinstellungen. Leider lässt dessen Funktionsumfang zu wünschen übrig – die beschriebenen (fehlenden) Tastaturfeatures sind ein Teil davon. Viele Ideen sind gut, aber nicht gut genug umgesetzt. Man kann hier nur auf Updates hoffen. Die Basics funktionieren aber soweit. Interessant: Gigabyte zeigt Custom-Popups beim Regeln der Lautstärke oder Helligkeit.
Gigabyte liefert außerdem zwei Installer mit – nicht vorinstallierte Programme – für Spiele Streaming und Aufzeichnung. Ich habe das ehrlich gesagt nicht getestet, mir reicht alles, was die Windows Game Bar von Haus aus mitbringt.
Als ich mein Notebook erworben habe lief noch eine Aktion mit NVidia, bei der ich das neuste Wolfenstein: Youngblood gratis erhalten habe – also unbedingt Aktionsangebote beobachten!
Die Nahimic Audio Software ist übrigens nicht die einzige Audio-Software: Auch ein sehr aktueller Realtek-Audio Manager ist dabei, in schickem UWP Gewand. Dessen Funktionsumfang ist trotzdem nicht gewachsen im Vergleich zu 5 Jahre älteren Realtek Audio Managern.
Das Gigabyte Aero 15 Classic wird außerdem mit einer „Microsoft Azure AI“- Funktion beworben. Diese soll Nutzungsszenarien optimieren auf Leistung, Laufzeit und Lautstärke. Ehrlich gesagt habe ich in den ersten Wochen Nutzung nichts davon mitbekommen, und kann nicht sagen ob – oder wie viel – da im Hintergrund passiert. Da mir in dem Kontext aber auch nichts negatives aufgefallen ist, zählt das für mich als interessantes Feature. Ich werde mich damit bei Gelegenheit nochmals genauer auseinandersetzen.
Akku – mehr geht nicht.
Hier können wir es uns im Grunde wieder einfach machen: Einen besseren werdet ihr in keinem Gaming Notebook mit vergleichbarem Formfaktor finden. Ganze 94WH Kapazität hat Gigabyte hier eingebaut, das sind circa 15% mehr als beim MSI GS65. Die IGZO Technologie des Sharp Displays ist darüber hinaus bis zu 40% sparsamer als vergleichbare IPS Displays – und damit perfekt für mobile Geräte.
In der Praxis bedeutet das – ihr könnt im Akkubetrieb mit (fast) voller CPU Power und mit Grafikkarte zocken! Bei AAA Titeln allerdings trotzdem maximal 1,5 Stunden… aber immerhin. Im Office Betrieb sieht das schon anders aus. Ich habe folgendes Szenario getestet: Helligkeit auf ~80%, 2 Browser offen, Visual Studio Code, WLAN aktiv, ein bisschen programmiert und im Internet gesurft. Effektiv konnte ich damit knapp 5 Stunden arbeiten bis ich an die Steckdose musste. Bei der bereitgestellten Leistung ein absolut guter Wert! Falls man das Notebook nur für Word oder Excel und mit ~40% Helligkeit nutzt sind wahrscheinlich auch 7 Stunden machbar.
Anschlüsse: Für jeden Einsatz gewappnet
Gigabyte verbaut in dem Aero 15 Classic 3 Full-Size USB 3.1 Anschlüsse, 2x (!) USB-C (mit 1x Thunderbolt 3 und 1x Display Port), einen SD Karten Slot (!), 3.5mm Audio, Full-Size HMDI, RJ-45 (!) und ein Kensington-Schloss. Hammer! Das ist in jeder Hinsicht alltagstauglich. Außerdem sind die Anschlüsse gleichmäßig links und rechts am Gerät verteilt, sodass jeder einzeln genügend Platz hat, sich keine Kabel in die Quere kommen können.
Fazit
Das Gigabyte Aero 15 Classic XA schafft es, mich in vielen Dingen wirklich zu begeistern. Dazu gehört das Display, welches auch in Modellen anderer Hersteller zu finden ist, aber auch die Tastatur und der Akku, was es so definitiv nur bei Gigabyte gibt. Einen leicht bitteren Beigeschmack hinterlässt die Software und die Audioqualität, sodass es auch bei diesem Gerät nicht ganz für das Attribut „kompromisslos“ reicht. Allerdings besteht bei der Software Hoffnung auf Updates, und die Audio Performance lässt sich unkompliziert mit externen Gadgets wie einem USB-Headset verbessern.
Im direkten Vergleich lässt das Gigabyte Aero 15 Classic das MSI GS65 zumindest aus meiner Perspektive meilenweit hinter sich, mit dem größten Plus bei der Qualität. Für einen absoluten Audio-Enthusiasten mag das MSI immer noch die bessere Wahl sein, für alle anderen hat das Gigabyte mehr zu bieten. Mehr Akku. Mehr Stabilität. Mehr Performance.
Gigabyte Aero 15 Classic XA ansehen und bestellen
Hinweis: Das Produkt wurde für diesen Testbericht NICHT von Gigabyte oder einem Händler zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um ein freies Meinungsbild des Autors und Besitzers. Die Bilder sind mit einem Huawei P20 Pro geschossen und mit Affinity Photo nachbearbeitet worden.
The Review
Gigabyte Aero 15 Classic XA
Überragende Leistung, faszinierender Formfaktor, lobenswerter Akku und spitzenmäßige Tastatur - getrübt wird das Bild nur durch mäßige Sound- und Softwarequalität.
PROS
- Display
- Gaming Performance
- (beleuchtete) Tastatur
- Akku
- Lautsprecher
CONS
- Soundchip + Kopfhöreranschluss
- Mikrofon