Im Rahmen eines 480 Millionen Dollar schweren Auftrages des US-Militärs rüstet Microsoft Elitesoldaten mit einer modifizierten Version der HoloLens 2 aus. Die Mixed-Reality Brille kann etwa zum virtuellen Training verwendet werden, oder den Soldaten eine Landkarte mit der Position eigener und feindlicher Truppen anzeigen. Dank eines Infrarot-Sensors der Firma Flir dient sie bei Bedarf auch als Nachtsichtgerät.
Überhaupt bildet Microsoft’s HoloLens nur die Basis für das Integrated Visual Augmentation System (IVAS) des US-Militärs. Insgesamt sind 13 Firmen an dem Projekt beteiligt, 12 Verträge wurden allein für neue Sensoren geschlossen. Auch der Formfaktor an sich soll optimiert werden. Während das Headset aktuell noch zu groß ist, um unter einem Helm getragen zu werden, rechnet die US Army damit, dass es innerhalb von 6 Monaten auf die Größe einer Sonnenbrille schrumpfen kann.
Was technologisch sehr spannend klingen mag, hat laut Vertrag allerdings auch das erklärte Ziel „zeitnah eine Plattform zu entwickeln und zu testen, mit der Soldaten kämpfen und trainieren können, die eine erhöhte Letalität [Tödlichkeit], Mobilität und situatives Bewusstsein bietet, welche notwendig ist, um eine unsere derzeitigen und zukünftigen Gegner zu übertrumpfen“.
Der amerikanische Nachrichtensender CNBC konnte sich das IVAS aus der Nähe anschauen. Den Bericht seht ihr im folgenden Video:
Mitarbeiter protestieren gegen Rüstungsprojekt
Dass Technologie-Konzerne auch im Rüstungsbereich aktiv sind, ist nicht ungewöhnlich, sorgt aber immer wieder für Kontroversen. Im Februar schrieben 100 Microsoft Mitarbeiter einen offenen Brief an CEO Satya Nadella und forderten ihn auf, den IVAS-Vertrag mit dem Militär zu kündigen. Darin heißt es unter anderem:
„Wir sind beunruhigt, dass Microsoft daran arbeitet, Waffentechnologie für das US-Militär bereitzustellen und der Regierung eines Landes zu helfen, die Letalität mit Hilfe von Werkzeugen, die wir entwickelt haben, zu erhöhen… Wir haben uns nicht für die Entwicklung von Waffen angemeldet, und wir verlangen ein Mitspracherecht bei der Art und Weise, wie unsere Arbeit eingesetzt wird“.
Ähnliche Proteste bei Google hatten in der Vergangenheit tatsächlich zu einem Umdenken des Konzerns geführt. Etwa zur gleichen Zeit verteidigte Microsofts Präsident Brad Smith allerdings die Zusammenarbeit mit dem Militär in einem Blogpost:
„Wir wollen, dass die Menschen in diesem Land und insbesondere die Menschen, die diesem Land dienen, wissen, dass wir bei Microsoft hinter ihnen stehen. Sie werden Zugang zu der besten Technologie haben, die wir entwickeln.“
Microsoft stellt keine Bomben oder Panzer her, aber gerade beim Thema Virtual Reality / Augmented Reality finde ich es persönlich sehr bedenklich, wenn sich ein Kriegseinsatz immer mehr wie ein Computerspiel anfühlt. Ein Informationsvorsprung kann Soldaten sicherlich dabei helfen, im Einsatz bessere Entscheidungen zu treffen, aber die Virtualisierung des Krieges und Enthumanisierung des Gegners tun es nicht. Vor allem darin sehe ich ein echtes moralisches Risiko.
Was haltet ihr von Microsofts Zusammenarbeit mit dem US-Militär? Diskutiert mit in den Kommentaren.
MS stellt in dem Sinne ja keine Waffen her. Und ist ja verständlich, daß man seine Soldaten bestmöglich ausrüsten will. Selbst wenn MS die Zusammenarbeit einstellt, kommt eine andere Techfirma. Und autoritäre Staaten wie China, Russland usw scheren sich einen Scheiss um solche Bedenken. Ausserdem profitieren die Kunden von kleineren und ausgereiften Hololens die es dann zu kaufen gibt.
Wenn ich es nicht tue, tut es ein anderer … Die anderen denken auch nicht darüber nach und tun es auch … Solche Rechtfertigungen treten immer dann auf, wenn man weiß, dass es falsch ist, aber dennoch daran festhalten will.
Ich finde den Artikel sehr gelungen und halte die Bedenken für absolut gerechtfertigt. MS sollte sich meiner Meinung nach aus solchen Verträgen zurückziehen.
Ich sehe einfach nicht, weshalb das falsch oder moralisch verwerflich sein soll. Ich bin auch stark dafür, die Bundeswehr mit waffentragenden Kampfdrohnen auszustatten. Der legendäre Satz von Peter Struck, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, ist das wahre Problem aber leider inzwischen die politische Praxis. Das viel wesentlichere moralische Problen sehe ich darin, unsere ersten und zweiten Söhne/Töchter in gefährliche Kriegseinsätze gegen den verdammten Youth Bulge der Dritten Welt zu schicken. Dieser ist – gelinde gesagt – das geopolitische Kernproblem unserer Zeit. Wir begeben uns in Abnutzungsgefechte, die wir langfristig niemals gewinnen können, da uns das sog. „Menschenmaterial“ fehlt. Wenn… Weiterlesen »
Wenn MS es nicht tut, tut ein anderer. Das ist keine Rechtfertigung sondern eine Tatsache. Denkst du das US Militär sagt bei einem Ausstieg : ok dann lassen wir das halt…? 😂
Nun, das wird das Militär sicherlich nicht sagen … und zur Not entwickeln sie das eben selbst. Aber dennoch ist das weder Grund noch Rechtfertigung dafür, eine Beteiligung von MS daran zu unterstützen.
Wenn ich die Waffe nicht abfeuere, tut es ein anderer … also schieße ich?
Jeder hat eine moralische Verantwortung im Zuge seiner Möglichkeiten. Und für MS besteht diese darin, solche Verträge zu meiden.
Nadella: „Wir haben eine grundsätzliche Entscheidung getroffen, dass wir Technologie nicht Institutionen vorenthalten werden, die wir in Demokratien dafür gewählt haben, die Freiheiten zu schützen, die wir genießen“
Ich denke gegen eine Zusammenarbeit mit dem Militär eines demokratischen Landes ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Eine gewaltfreie Welt ist zwar erstrebenswert, aber im moment ziemlich realitätsfremd.
Als Mitarbeiter sollte man wie ich finde aber schon die Wahl haben ob man an Waffen mitarbeitet oder nicht.
Wenn man bei Heckler&Koch arbeitet hat man diese Wahl mit seiner Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag getroffen, im Falle von Microsoft ist das komplizierter.
Es ist die Aufgabe eines Staates, die Soldaten bestmöglich auszurüsten. Ich finde die Entscheidung richtig. Technische Innovationen zu nutzen, ist ein militärisches Urprinzip – wer möchte denn schon mit einem Seitenrepetier gegen MGs kämpfen…(?) Kriegerische Konflikte sind immer traurig und ein Versagen der Diplomatie, aber wenn es trotzdem dazu kommt, möchte den Menschen im Einsatz doch das beste vom besten wünschen.
Niemand ist gezwungen für Unternehmen zu arbeiten, die das Militär beliefern, mit Schutzwesten, Helmen, Waffen, HoloLens, Lebensmitteln…