Nachdem das erste Foto eines Schwarzen Loches (Beitragsbild) die Welt in Staunen versetzte und unser Artikel zu der maßgeblich beteiligten Wissenschaftlerin Katie Bouman bei euch gut ankam, wollen wir heute einen weiteren Ausflug in die faszinierende Welt der Physik wagen: 7 Fragen zu Schwarzen Löchern, die ihr euch (vielleicht) nie zu fragen getraut habt.
1. Was ist ein Schwarzes Loch?
Ein Schwarzes Loch ist ein Objekt mit so starker Gravitation, dass innerhalb einer „Ereignishorizont“ genannten Umgebung weder Materie noch Licht von ihm entweichen kann.
Schwarze Löcher werden von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt, die Gravitation als Krümmung der Raumzeit beschreibt. Innerhalb des Ereignishorizontes ist die Raumzeit so stark gekrümmt, dass sich alle physikalischen Objekte zum Zentrum des Schwarzen Loches hinbewegen.
Der deutsche Astronom Karl Schwarzschild fand 1916, während er als Frontsoldat im ersten Weltkrieg eingesetzt war, erstmals exakte Lösungen von Einsteins Gleichungen, die Schwarze Löcher beschreiben. Er starb zwei Monate später im Alter von nur 42 Jahren.
2. Wie entstehen Schwarze Löcher?
Schwarze Löcher entstehen in der Regel wenn ein massereicher Stern seinen „Brennstoff“ verbraucht hat, sodass die Kernfusionsprozesse zum erliegen kommen und er unter seiner eigenen Gravitation kollabiert.
Unsere Sonne ist nicht massereich genug, um zu einem Schwarzen Loch zu kollabieren und wird stattdessen wohl in einigen Milliarden Jahren als „weißer Zwerg“ enden, der durch einen quantenmechanischen Effekt („Fermidruck“) stabil gehalten wird.
Tatsächlich sind alle (indirekt) beobachteten Schwarzen Löcher schwerer als unsere Sonne. Das jetzt fotografierte Schwarze Loch im Zentrum der Messier 87 Galaxie hat rund 3,5 Milliarden Sonnenmassen.
3. Wie kann man ein Schwarzes Loch fotografieren, wenn es kein Licht reflektiert?
Nun ja, man sieht ein Gebiet, aus dem kein Licht reflektiert / emittiert wird. (Genaugenommen ist der dunkle Bereich auf dem berühmten Foto allerdings größer als der eigentliche Ereignishorizont.)
Wichtiger ist aber, dass man den Effekt der Gravitation des Schwarzen Loches auf Strahlung und Materie sieht, die sich drumherum bzw. daran vorbei bewegt. Folgende Animation zeigt dies schematisch:
Weil diese Gravitationseffekte so verdammt gut mit den theoretischen Vorhersagen übereinstimmen, können wir uns sicher sein, dass tatsächlich ein Schwarzes Loch beobachtet wurde.
4. Was passiert, wenn ich in ein Schwarzes Loch falle?
Zunächst einmal kommst du da nie wieder raus… Wenn das Schwarze Loch groß genug ist, kannst du aber theoretisch den Ereignishorizont passieren, ohne etwas davon zu merken. Irgendwann, während du dich weiter dem Zentrum des Schwarzen Loches näherst, werden aber die „Gezeitenkräfte“ — der Unterschied in den Gravitationskräften, die auf deinen Kopf und deine Füße wirken — so gewaltig, dass es dich in Stücke reißt. Ein etwas verharmlosender Name dafür ist auch „Spaghetti Effekt„.
Kleines Trostpflaster: Für entfernte Beobachter, etwa deine Kollegen, die dir aus dem Raumschiff zuschauen, dauert es unendlich lange bis du den Rand des schwarzen Loches erreichst. Sie werden dich also nie hinter dem Ereignishorizont verschwinden sein.
Das hängt, kurz gesagt, damit zusammen, dass in einem starken Gravitationsfeld die Zeit langsamer vergeht (wir erinnern uns: Gravitation hat etwas mit der Krümmung der Raumzeit zu tun). Vielleicht hast du den Film Interstellar gesehen, wo der Effekt eine große Rolle spielt. Vieles an dem Film ist aus wissenschaftlicher Sicht natürlich Bullshit, aber Zeitdilatation ist echt.
5. Kann ich durch ein Schwarzes Loch in die Vergangenheit reisen?
Du denkst wahrscheinlich an ein Wurmloch. Das sind Raumzeit-Gebilde die gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie theoretisch möglich, aber viel spekulativer sind als Schwarze Löcher. Um eine Zeitmaschine zu bauen — also ein Wurmloch zu erzeugen, das lange genug offen bleibt, um hindurchzureisen — bräuchten wir sowas wie „exotische Materie“ mit negativer Masse. (Exotische Materie mit negativer Masse jetzt auf Amazon bestellen).
Es gibt aber tatsächlich eine Klasse von rotierenden Schwarzen Löchern, für die Einsteins Theorie die Existenz von Zeitschleifen vorhersagt… Somit könntest du theoretisch wieder in deine eigene Vergangenheit reisen, aber blöderweise nur im Inneren des Schwarzen Loches. Außerdem ist es sehr umstritten, ob diese Lösungen der Einsteinschen Feldgleichungen realistisch sind, also Zeitschleifen in unserem Universum tatsächlich existieren können.
6. Wieso sind Schwarze Löcher so wichtig?
Schwarze Löcher geben der Physik noch viele Rätsel auf, deren Lösung vermutlich eine Vereinigung von Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantentheorie erfordert.
Vor allem brechen die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie im Zentrum eines schwarzen Loches zusammen — dort gibt es eine sogenannte Singularität. Das deutet stark darauf hin, dass die Theorie unvollständig ist und im Inneren eines Schwarzen Loches neue physikalische Effekte auftreten.
Es gibt auch andere offene Fragen über Schwarze Löcher, die zum Beispiel mit der Entropie oder dem (scheinbaren) Informationsverlust zu tun haben.
Aus all diesen Gründen sind Schwarze Löcher unsere wohl besten Testobjekte auf der Suche nach neuer Physik.
7. Was hat Stephen Hawking damit zu tun?
Mit dem jetzt entstandenen Foto erstmal wenig. Hawking hat allerdings vorhergesagt, dass Schwarze Löcher doch nicht vollkommen schwarz sind: auf Grund eines quantenmechanischen Effektes würde ihr Ereignishorizont eine schwache Wärmestrahlung abgeben durch die das Schwarze Loch (sehr sehr langsam) verdampft. Diese sogenannte Hawking-Strahlung ist aber vieeeeel zu schwach, als dass man sie auf dem Foto sehen könnte.
Sehr zum Verdruss des genialen Physikers konnte sie bisher, mit den verfügbaren experimentellen Methoden, noch gar nicht nachgewiesen werden, sodass Hawking der ansonsten sichere Nobelpreis verwährt blieb.
Fandet ihr den Erklärungen hilfreich? Habt ihr weitere Fragen? Wollt ihr mehr Wissenschaftsartikel auf WindowsUnited lesen? Schreibt es uns in die Kommentare.
Beitragsbild: Event Horizon Telescope
Zu diesem Thema forscht die Harvard Physikerin Lisa Randall. Es gibt dazu interessante Informationen „Leben wir in zwei Welten mit fünf Dimensionen?“
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https://www.youtube.com/watch?v=d0_MVt3-x2w
Danke für diesen anschaulichen Beitrag zu einem weiterhin tiefgreifenden und damit nicht vollumfänglich verständlichem Thema, zumindest für einen Laien wie mich. Ich schau mir jetzt erstmal Event Horizon an, Sam Neill war nämlich schon dort, wie er auf Twitter verkündete. Ernsthaft.
Sehr guter Artikel, danke… 👍🏻
Wer ein wissenschaftlich gut dargestellten Film ansehen möchte, der sollte „Contact“ sehen!
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https://www.youtube.com/watch?v=XenwvU7WrgA
Schwerkraft, jeder kennt Sie aber niemanden weiß wie Sie eigentlich entsteht. Die Quantenverschränkung existiert, und auch hier kann niemand das Phänomen erklären. Also da wär dann doch noch Bedarf für einen weiteren Artikel.
Mit der Schwerkraft ( also Gravitation) hast nicht recht. Sie entsteht dadurch, dass Materie den Raum und die Zeit verbiegt. Stell Dir ein gespanntes Gummituch vor, auf dass Du eine Eisenkugel legst. So ungefähr kann man sich das vorstellen. Nur aber in 4 Dimensionen. Warum 4 Dimensionen? Die Zeit ist die vierte Dimension. Je näher Du einer großen Masse kommst, bzw. Je schneller Du dich bewegst, umso langsamer vergeht die Zeit. In einem Schwarzen loch, bzw bei einer Reise mit Lichtgeschwindigkeit, steht die Zeit still.