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Microsoft und Intel: Ende einer bedingungslosen Partnerschaft

Es ist der 26.Oktober 2013. In Redmond scheint die Sonne auf den mit goldenen und roten Blättern bedeckten Microsoft Campus. Steve Ballmer, der scheidende CEO von Microsoft und der frisch gebackene Intel CEO Brian Krzanich, sitzen gemeinsam im Konferenzraum “Ahab” bei dampfenden, schwarzen Kaffee.

Bevor er sein Amt im nächsten Jahr übergibt, das will Ballmer Krzanich deutlich zu verstehen geben, muss Microsoft einen Plan haben seine Konkurrenz zu zerquetschen. Intel hat sich die letzten Jahre vor allem von Qualcomm vorführen lassen. Ballmer will endlich Ergebnisse. Er möchte Windows, vollwertiges Windows, auf einem Smartphone. Dafür muss ein ordentlicher mobiler Chip her. Krzanich vespricht einen solchen Chip. Als er das Gebäude verlässt, wird ihm klar, dass er nicht wird liefern können – “der Chip wird zu heiß, wir sind nicht soweit”, denkt er. Er schiebt diese Zweifel so schnell zur Seite wie sie aufgetaucht waren. Er war nicht CEO geworden, weil er Herausforderungen gescheut hat.

Satya Nadella sitzt alleine in seinem großen Büro in der obersten Etage des Corporate Headquarters. Er nimmt einen Schluck grünen Tees und schließt die Augen – wohltuende Ruhe. Heute ist ein rabenschwarzer Tag und die graue Wolkendecke am Himmel unterstreicht diesen Umstand. Gerade eben hatte er noch die Entlassung von über 25.000 Mitarbeitern unterzeichnet. Die Absage von Intel Chef Brian Krzanich bezüglich eines mobilen und kraftvollen Intel Chips war nur die Kirsche auf der Sahnehaube. Nadellas Gedanken kreisen. War das ein Zeichen? Sollte Microsoft den wichtigen mobilen Markt komplett aufgeben? Möglich wäre es – das Cloudgeschäft lief wunderbar an. Die Aktionäre wären wohl auch zufrieden über diese Entscheidung.

Laufen. Er sollte seine Lieblingsstrecke ablaufen, um klarer zu denken. Als er die Tasse abstellen will, bemerkt er den runden Teefleck auf seinem Schreibtisch. Sein erster Gedanke, den Fleck zu beseitigen, wird von der Faszination für den Kreis auf dem Tisch gebremst – geschlossen ist er, doch durch die grobe Oberfläche des Holzes zu den Rändern hin ausgefranst. “Wie Zuflüsse oder viele Menschen, die einen Kreis berühren”, denkt er. Plötzlich muss er wegen der Banalität dieser Symbolik lachen. “Nicht alles hat irgendetwas zu bedeuten, Satya”, murmelt er.

Er muss sich beeilen, wenn er noch Laufen möchte. Am Abend steht noch ein Essen mit Panos an.


Als Microsoft Windows 10 ARM angekündigt hat, habe ich in einem Nebensatz die potentiellen Folgen für Intel bereits angedeutet. Die volle Tragweite dieser Entwicklung hat sich mir aber erst die letzten Tage eröffnet.

Die kleine Geschichte dort oben ist natürlich reine Fiktion. Und doch geht es darin um die kommenden Umwälzungen in der Beziehung zwischen Microsoft und Intel. ARM Prozessoren werden in den kommenden Jahren die PC-Bedürfnisse eines großen Teils der Weltbevölkerung abdecken können. Windows war die letzte Bastion, bei der Intel nichts vor Qualcomm zu befürchten hatte. Doch der Snapdragon scheint eine veritable “Eierlegende Wollmilchsau” zu sein.

Ende einer bedingungslosen Partnerschaft

Microsoft und Intel haben sich jahrelang gegenseitig in den Schlaf gewiegt. Doch die Redmonder sind erwacht, schlagen seit einiger Zeit eine neue, vielversprechende Route ein. Intel hingegen scheint mir krampfhaft nach neuen Betätigungsfeldern zu suchen (Autos z.B.) – auch ein Hinweis darauf, dass der Chiphersteller in Zukunft für Otto-Normal-Bedürfnisse obsolet wird.

Wie lange wird es dauern bis Microsoft selbst im Gamingbereich, noch Intel (und AMD) Nische, ebenfalls auf ARM setzt und die bisherige bedingungslose Partnerschaft komplett auflöst?

Die Entwicklung von Microsoft und Intel ist für mich eine Erinnerung daran, wie schnell sich Zustände in der Welt der Technik ändern können. Nadella hat es gesagt: “Unsere Industrie respektiert Innovation, nicht Tradition”. Ich bin gespannt welche Veränderungen die Industrie in den nächsten Jahren durchmacht.


Bild: Microsoft Konzept – Computing of the Future

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  • Ich glaube Intel bastelt zur Zeit gerade selber an einem ARM-Chip rum. Mit ihrer Erfahrung in der Chipherstellung könnten sie Qualcomm vermutlich sogar leicht in die Tasche stecken. Leider hat Intel (fast??) keinen Einfluss auf den Befehlssatz…..

    • Sie arbeiten sicher an ARM. Doch Qualcomm ist erstaunlich. Es wird sehr schwer werden für Intel bei den ARMs etwas auszurichten.

      • Ich glaube Intel könnte eine effizientere CPU als Qualcomm bauen. Qualcomm hat aber bei der gesamten SOC-Lösung vermutlich die bessere Lösung. Außerdem profitiert Qualcomm einfach gewaltig aus der aktuellen Marktherrschaft.

        • was meinst du mit effizienter? Energieeffizienter? Wie kommst du darauf? Qualcomm ist jetzt gerade auf 10nm umgestiegen.

          • Ich hab das selber nur mal irgendwo gelesen. Es gibt sicher Leute hier auf WU, die sich besser in der Branche auskennen. Jedenfalls hab ich das so mitgekriegt, dass Intel ihre x86-Architektur hart ans Limit der Raum-/Energieeffizienz gepusht hat. ARM hat diesbezüglich noch viel Raum nach oben und hat einfach einen effizienteren Befehlssatz. Ich glaube, dass Intel hier auf sehr viel Erfahrung bauen kann und auch im ARM-Bereich mit Qualcomm konkurrieren könnte. Aber wieso gegen einen so starken Gegner antreten, wenn man sich neue Standbeine schaffen kann, die in Zukunft noch viel Wachstum versprechen.

  • @ Leonard Klint

    Ich teile deine Meinung zu 100 Prozent. Allerdings befürchte ich dadurch nichts gutes für Microsoft.
    W10 ARM wird es sehr schwer haben gegen Google Android. Mich wundert es, dass Google noch keine Desktop Lösung präsentiert hat? Hat man Mitleid mit Microsoft?
    Samsung entwickelt mit dem S8 gerade etwas ähnliches wie Microsoft mit Continuum. Sollte es im Android Lager eine einheitliche Lösung irgendwann geben, sehe ich endgültig schwarz für Microsoft.

    Dann ist Consumer Markt definitiv vom Tisch. Einzig Firmen werden bei Microsoft bleiben.

    Auch Apple verliert Anteile. Habe Angst, dass Google zur Weltmacht wird, die tun und lassen kann was sie wollen.

    • Mit dem Gerücht das mit dem S8 auch ein Continuum ähnliches Feature bei Android einfliesst, zeigt sich das meine Worte vor ein paar Monaten sich bewahrheiten (leider). MS hatte - gerade im mobilen Sektor - soviel was "neu" war. Man nenne hier das Blick Feature (nun Always on Screen bei Samsung), den Iris Scanner (in besserer Ausführunge beim Note 7) und jetzt eben Continuum. MS hatte schon immer Innovation zu bieten - nur haben sie eben nie verstanden dies auch wirklich dem Endkunden nahezubringen. Möge man Samsung oder Apple vorwerfen das sie "abkupfern" und MS vieles doch "erfunden" hat - Fakt ist, das die anderen beiden die Technik ausgereifter auf den Markt bringen und eben auch den Endkunden "kriegen" damit.
      Continuum bei MS interessiert momentan fast keinen - da auch fast keiner die mobilen Geräte dafür kauft. Sollte Samsung das Feature bringen wird es komplett anders aussehen.
      Auch bin ich persönlich der Meinung das Google sehr bald mit einer Desktop Lösung kommen wird. MS wird eine Zeit lang das Business Geschäft bleiben - bis sie auch dann dort abgelöst werden. Ich persönlich sehe Nadellas "Cloud Weg" als verhängnisvoll an. Wir werden in ein paar Jahren sehen ob Nadella als Retter oder Totengräber in die Unternehmensgeschichte eingeht.

      • Es geht hier in erster linie um reichweite nicht um umsetzung. Auch wenn continuum noch macken hat, so liegt es doch vor allem an den niedrigen Nutzerzahlen, dass sie das Feature bei endkunden nicht etabliert. Hätte Surface nicht Windows als Betriebssystem und somit ein sehr viel breiteres Publikum, das Konzept hätte niemanden gejuckt.

        • Natürlich geht es um die Reichweite. Es gibt zuwenig Nutzer mit der entsprechenden Hardware. Sollte Samsung ein Continuum Feature starten hat man wahrscheinlich 3 Wochen nach Release schon mehr Reichweite als MS bis dato.
          Die Umsetzung von Continuum ist bei MS ganz gut geglückt - nur wie ich es oben schreibe, was nutzt das was es vom Endkunden nicht angenommen wird ?! Blick bei den WP Modellen war auch klasse - nur hat die niemand gekauft....

          • Dann sind wir uns ja einig. Du schreibst oben aber, dass "MS nie verstanden hat es dem endkunden nahe zu bringen". Dieser Punkt trifft zumindest auf Continuum nicht zu. Es geht einzig und alleine um die Reichweite der Geräte, nicht um die Präsentation der einzelnen Features.. Sonst würde Apple auch niemals ihre beschissenen Airpods an den Mann bringen.

          • Halb richtig ;). MS hat m.M. nach auch bei Continuum eben nicht verstanden diesen "haben wollen" Effekt beim Endkunden zu wecken bzw. den Kunden vom Mehrwert eines Lumia 950 mit dem Continuum Feature zu überzeugen. Denn als Alleinstellungsmerkmal war Continuum ja Gold wert und eigentlich DAS Verkaufsargument für die 950er.
            Apples AirPods sind das beste Beispiel dafür das man mit schlechter und überteuerter Hardware trotzdem einen Markt findet - und das beileibe nicht nur unter Apple Jüngern. Ich habe 2 Bekannte welche die AirPods mit ihren Android !! Geräten nutzen. Ohne Worte.....

      • Continuum hat den einzigen Sinn, die Bedienbarkeit von x86 –Anwendungenn zu verbessern. Was Samsung angeht, mit „Android-Continuum“, habe ich da meine Zweifel. Apps auf Android sind für mobile Geräte optimiert, damit verschwindet der Bedarf von „Android-Continuum“. Ich glaube nicht, dass es jemand nutzen wird. Man kann alle Android-Aufgaben, auch am Smartphone, bequem erledigen. „Continuum“ hat den Zweck, die Büroarbeit am PC, mobil zu gestalten. Das ist, mit schon mobilen Apps (bei Android), nur eingeschränkt möglich. Wenn man Continuum nutzt, dann möchte man den vollen Funktionsumfang, wie am PC! Der Bedarf einer mobilen App, auf einem großem Bildschirm, ist nicht vorhanden!

  • Toller Artikel, auch wenn ich das mit dem Kreis nicht verstehe. Ist das ein Insider?

    Mal schauen wann und wo ARM an seine Grenzen kommt.

  • Sehr schön erzählt! Aber danach schreibst Du "in den Schlaf gewiegelt". Man wiegelt doch auf oder ab, aber nicht in den Schlaf?

  • Innovationen sind was tolles, wenn man für deren Umsetzung nicht 4-5 Jahre braucht. Dann waren das lediglich Visionen, die andere Mitbewerber schneller und effektiver umsetzen. Dazu eine bessere Marketingstrategie entwickeln und dadurch näher am Endkunden sind und den Nerv der Zeit treffen.

  • Wie sagte Hans Albers einst? "Du weinst um ein Weib? Lass sie doch sausen.". Gut, Intel ist kein Weib. Aber so dachte Satya Nadella vielleicht in diesem Moment.

  • Ich glaube kaum, daß ARM amd64 Im Bereich Leistung und darauf kommt es bei Desktop-PCs, Spielkonsolen, leistungsstarken mobilen Geräten usw an, verdrängen kann auf absehbare Zeit. Allerdings werden mobile Geräte wichtiger. MS geht den richtigen Weg, sich (Windows) Architekturunabhängig zu machen. Und damit natürlich in erster Linie die Software. Intel hat MS oft genug hängen gelassen. Zeit auf AMD und ARM v.a. Qualcomm zu setzen. RyZen APUs wären auch was für Surface Pro/Book/Studio.

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veröffentlicht von
Leonard Klint

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