Xiaomi galt jahrelang (auch bei uns) als Geheimtipp. Sehr gute Smartphones zu einem noch fast besseren Preis-Leistungsverhältnis. Man kann es auch so sagen: Man bekommt viel Smartphone fürs Geld. An dieser Kernaussage ist auch heute nichts falsch, aber es gibt im Vergleich eben weniger Smartphone fürs Geld.
Mein erstes Xiaomi-Smartphone war das Redmi Note 3. Heute sind wir bei Version 8. Ich war damals frisch von Windows 10 Mobile weg und auf der Suche, nach einer günstigen Alternative. Als ich vom Redmi Note 3 gelesen habe, war ich erstaunt, wie viel Technik in dem Teil damals verbaut war – und was es im Vergleich kostet. Keine 150 Franken (ca. 130 Euro) musste ich hinblättern. Allerdings musste ich das Smartphone aus China via Gearbest importieren, da unsere Detailhändler in den DACH-Länder noch jahrelang und sehr weit davon entfernt waren, Smartphones dieses chinesischen Hersteller ins Sortiment aufzunehmen. Mittlerweile und besonders in diesem Jahr hat sich das ja geändert. Zu meinem Erstaunen war die deutsche Sprache bereits vorinstalliert und ich konnte das Gerät direkt in Betrieb nehmen.
Neben den Redmi-Smartphones gibt es auch die Mi-Smartphones. Diese können bislang in aller Regel mehr, haben teurere Komponenten verbaut und kosten dadurch natürlich auch einiges mehr. So findet man z.B. Wireless Charging und AMOLED-Displays nicht standardmässig bei den Redmi-Smartphones, sondern nur bei den Mi-Smartphones.
Redmi wird zur eigenen Marke
Das Jahr 2019 ist das Jahr, in welchem Xiaomi sich dazu entschlossen hat, in Europa gross zu werden und somit Huawei, Apple und Samsung Marktanteile abzunehmen. Mittlerweile gibt es z.B. im Zürcher Glattzentrum (in der Schweiz) einen offiziellen Xiaomi-Store. In Bern (Westside) gab es eine Zeitlang einen Popup-Store von Xiaomi. Auch in vielen anderen Ländern in Europa gibt es mittlerweile Xiaomi-Shops.
Ebenfalls in diesem Jahr entschied sich Xiaomi, die Marke Redmi, bislang ein Teil der Mi-Serie, als eigenständige Marke zu etablieren. Im Januar 2019 war dies der Fall. Der Sinn dahinter war die „Huawei-Strategie“. Huawei war einige Jahre lang ebenfalls als gutes Preis-Leistungsbeispiel vorangegangen und eroberte so viele Marktanteile rund um die Welt. Als man sich immer mehr dem „Premium-Segment“ annäherte, tauchte die Tochtermarke „Honor“ auf, welche teilweise fast identische Hardware zum tieferen Preis anbot. Die günstige Version von Huawei quasi – im eigenen Haus.
Xiaomi ging den gleichen Weg. Die Mi-Smartphones wurden nicht nur leistungsstärker, sondern auch immer teurer. Während erste Flaggschiffe noch 300-400 USD kosten, sind besonders die letzten Geräte doch deutlich teurer geworden. Doch dazu weiter unten mehr. Xiaomi ging den Weg mit Redmi. Und bringt damit weltweit eine Tochtermarke auf den Markt, welche das übernimmt, was Xiaomi selber ursprünglich machte: Günstige Geräte auf den Markt bringen, die einiges zu bieten haben. Besonders die Redmi Note-Serie ist in unseren Ländern sehr beliebt, auch wenn ihr meist diverse Funktionen, unter anderem auch NFC, fehlen.
Aus günstig wird teuer
Die Mi-Serie wurde indes teurer. Besonders das Mi Note 10 kostet hierzulande bei Marktstart und ohne Rabatt-Code um die 500 Euro. Verbaut wird zwar eine sehr gute Kamera, die auch in Tests alle anderen hinter sich lässt, aber dafür nur ein Prozessor der oberen Mittelklasse. Auch die übrigen Specs sind eher Mittelklasse. Der Speicher lässt sich nicht erweitern, Wireless Charging wird nicht unterstützt. Irgendwie nicht das, was ich bei einem Xiaomi-Smartphone für 500 Euro erwarten würde. Wer beispielsweise ein Gerät mit mehr Speicher will, der muss, ähnlich wie es Apple auch macht, rund 100 Dollar Euro mehr hinblättern und landet dann schnell bei 650 Euro.
Klar, die Preise sind immer noch um die 400 Euro tiefer, als es bei Apple und Samsung für ihre Spitzengeräte der Fall ist. Aber man nähert sich langsam den hohen Preisen an. Wer günstiger will, der kann entweder die chinesische Version des Geräts kaufen, die oftmals günstiger ist, oder zur Submarke Redmi greifen.
China-Version kaufen? Eher nicht zu empfehlen.
Was mich dabei besonders stört: Was in China noch immer vom Preis her günstig vorgestellt wird, wie beispielsweise das Mi CC9-Smartphone von Xiaomi, wird in Europa einfach als Mi Note 10 und wesentlich teurer verkauft. So kostet das Mi CC9 rund 350 USD in der China-Variante, während das Mi Note 10 ohne Rabatt 500 Euro kostet. In der höheren Speichervariante sogar 650. Bei praktisch gleicher Hardware.
„Dann kaufe ich eben die China-Version“ – werden sich wohl viele denken. Kann man machen, sollte man aber nur, wenn man mit Einschränkungen leben kann. Weshalb? Die Leute bei Xiaomi sind nicht blöd. So gibt es ein paar gravierende Unterschiede zwischen den Versionen – und ich würde fast darauf wetten, das das absichtlich so gemacht wird. Denn dem Mi CC9 aus China fehlt das besonders in Deutschland sehr wichtige LTE Band 20, weil es in China schlicht nicht von Bedeutung ist. Auch in der Schweiz ist dieses Frequenzband durchaus sehr wichtig, wie ich selber vor einigen Monaten feststellen musste. Damals habe ich sowohl ein Redmi Note 7 aus China, wie auch ein Redmi Note 7 aus der EU im Test gehabt – und musste feststellen, dass das fehlende LTE-Band 20 für deutlich weniger Empfang sorgte. Aber anstatt das Gerät auf der ganzen Welt nach gleichem Schema zu produzieren, verzichtet man auf gewisse LTE-Bänder in China.
Der zweite gravierende Unterschied wurde von Xiaomi softwareseitig eingespielt: China-Geräte lassen sich seit diesem Jahr nicht mehr einfach mit einer globalen Version der Software nutzen. Bei früheren Geräten war dies ohne Probleme noch möglich und wurde auch rege genutzt. Ich habe auf meinem China-Redmi Note 7 verschiedene Custom ROMs eingespielt und sie auch getestet. Funktionierten alle ohne Probleme. Als ich dann schlussendlich zurück zu MIUI 10 gehen und das Software-Paket flashen wollte, kamen Fehlermeldungen, wonach man auf ein China-Gerät keine globale ROM draufpacken kann. Da ich dummerweise auch noch im Flashing-Tool den Knopf „flash all and lock“ angehäkelt hatte (aus reiner Routine), wurde das Gerät wieder „sicher“ und ich hatte ein Gerät ohne Firmware vor mir, das ich nicht mehr flashen konnte. Und da es gesperrt war, konnte ich auch die chinesische Firmware nicht mehr einspielen. Das Gerät war faktisch tot und konnte nicht wiederbelebt werden.
Was ebenfalls dazu kommt und kam, ist die Wartezeit für einen Unlock der Geräte. Xiaomi besteht nämlich darauf, dass man für einen Unlock anklopfen und darum bitten muss. Wartezeit: Zwischen einer Woche und einem Monat, je nach Gerät. Für viele Leute, die eine andere Custom ROM einspielen wollen, ein No-Go, wie ich selber in den Community-Foren lesen musste.
Auf diese Art zwingt Xiaomi die Kunden quasi dazu, sich die teurere Version aus der EU zu holen, da oftmals nur diese das LTE Band 20 mitbringt und diese mit der globalen Version des Betriebssysstems ausgestattet ist. Ein Import der Geräte wird dadurch wesentlich unattraktiver.
Mi-Serie in Europa grösser
Ein weiterer Umstand, den ich persönlich kritisiere, ist der Umgang mit den Marken Mi und Redmi. Denn Xiaomi bringt Geräte in China als Redmi-Smartphones auf den Markt und veröffentlicht sie in Europa dann unter der teureren Mi-Marke. Ein gutes Beispiel dafür ist das Redmi K20. Ein echtes Flaggschiff unter den Mittelklasse-Geräten, aber eben: Ein Mittelklassegerät. In Shops wie AliExpress ist es für rund 266 Dollar zu haben:
Wenn man sich aber nach der globalen Variante umschaut, ist das Gerät auf einen Schlag deutlich teurer. obwohl die Hardware, mal abgesehen vom fehlenden LTE Band 20, identisch ist:
Die Mi-Marke ist bei uns eben eher in unseren Köpfen verankert, als die noch relativ neue Redmi-Marke. Xiaomi weiss das. Und sie wissen auch, dass Europäer bereit sind, mehr für ihre Smartphones zu zahlen. Dadurch wird aber, in meinen Augen, die Redmi-Marke vernachlässigt, benachteiligt und Xiaomi ein Stück weit auch uninteressant. Viele Leute wollen schlicht gute und eher günstige Geräte, die einiges bieten. Dass das geht, hat ausgerechnet Xiaomi selber bewiesen und über Jahre hinweg aufgezeigt, kehren nun aber von diese Philosophie ab. Stattdessen bringen sie eine günstigere Sub-Marke raus, veröffentlichen die Geräte dann aber unter der Dachmarke und teurer. Irgendwo ein Widerspruch, findet Ihr nicht?
Wie weiter?
Ich denke, in Zukunft wird es noch mehr solche Beispiele geben. Ein gutes Redmi-Gerät aus China wird als Mi-Gerät in Europa verkauft und kostet mehr. Für mich persönlich werden die Geräte dadurch uninteressant. Und wer mich kennt, der weiss, dass ich bislang ein Verfechter von Xiaomi-Smartphones war.
Sorgen, dass ich in Zukunft mehr für Smartphones zahlen muss, mache ich mir aber keine. Denn es zeichnen sich schon jetzt neue Hersteller aus China ab, die in Europa gross werden wollen und Smartphones so mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnis auf den Markt bringen. Einer davon ist Realme – notabene eine Tochtergesellschaft von Oppo. Oppo wiederum ist eine Tochtergesellschaft des chinesischen BBK Electronics-Konzerns, der mit den Marken Vivo und Oppo zu den fünf größten Smartphone-Herstellern der Welt gehört. Am bekanntesten dürfte aber deren eigene Tochtergesellschaft OnePlus sein, welche mit teureren High End Smartphones auf den Markt drängen. #Ironieoff
Zitat Tom: „Mein erstes Xiaomi-Smartphone war das Redmi Note 3. Heute sind wir bei Version 8. Ich war damals frisch von Windows 10 Mobile weg und auf der Suche, nach einer günstigen Alternative.“
Schon so früh umgestiegen? Dachte hier wären Windows (Phone) Fans geballt vertreten. 😁 Ziemlich treulos.
Wenn ich zu dem Preis der hier vorgestellten Xiaomis irgendwann tatsächlich ins Android-Lager wechseln würde, würde ich mir ein Shift Phone holen. Mit langer Lebensdauer, Updates, Gerätepfand, Reparaturfreudigkeit, statt den chinesischen Einweg-Bombern. Ja, Shift lässt auch in China produzieren, ist aber nachhaltig. 🙂👍
Siehst du und ich würde privat gar keinen Androiden nutzen.
ich habs nach den 950er Lumias gekauft 😉
Ich schreibe jetzt mal nichts… 😇
Ärger ihn nicht 😉
Lieb von dir 😀
Dafür ich. Ich finde die Krokodilstränen mal wieder erbarmungswürdig. Nimm dir ein Taschentuch, Tom! Es war klar, dass die Preise mit offiziellem EU-Vertriebsbeginn anziehen würden. Und das die Differenzierung nicht nur im Preis, sondern auch im Namen und im Band 20 stattfindet ebenso. Und fehlendes Band 20 ist inzwischen auch nicht mehr der Weltuntergang, wenn man nicht irgendwo in der Pampa wohnt. Die ersten Xiaomi-Käufer haben naturgemäß auch keinen gesteigerten Wert auf Band 20 gelegt, weil es das schlicht nicht gab bei Handys für den chinesischen Markt. Ich war auch einer davon. Mein erstes Gerät war vor einigen Jahren das… Weiterlesen »
Leute, es ist ein Kommentar und kein sachlicher Beitrag. Fehlendes Band 20 macht durchaus auch in Städten etwas aus – ich arbeite nahe der Antennen und habe trotzdem in gewissen Räumen gar kein Empfang ohne Band 20 – es ist nicht so zu vernachlässigen, wie du meinst. Der mit der „Pampa wohnen“ ist die 0815-Standardaussage. Stimmt aber so nicht. Ja, du hast Recht, zu Beginn machte ich mir da keine Gedanken drüber – weil ich da auch noch gar nicht wusste, was Band 20 bedeutet und wieso das wichtig ist. Ein doppelter Preis rechtfertigt die Gewährleistung? Nope. AliExpress und Co.… Weiterlesen »
Der Aufwand für Transport, Lagerhaltung etc. und nicht zuletzt die somit ebenfalls unausweichliche Verzollung, muss ja irgendwie finanziert werden. Davon abgesehen, der Entwicklungsaufwand einer Smartphone Kamera ist immens und kostet richtig viel Geld. Das es nicht damit getan ist eine gut Optik zu verbauen sehen wir ja bei Nokia. Die reissen trotz Zeiss – Foto und Videotechnisch ja absolut nichts in der Oberliga. Das hier Xiaomi mit einem Midrange Smartphone schon mit den Flagships von Apple, Samsung und Huawei in direkte Konkurrenz treten kann, ist um so erstaunlicher. UND … Das Mi Note 10 ist ja sicher nicht das Ende… Weiterlesen »
Für Apple spricht doch nicht nur ihre Kamera. iOS, Updates, Sicherheitsdienste, exklusive Software, sichere Datenverwaltung, das Ökosystem …. Xiaomi nimmt einfach den Platz von Huawei ein, aber iOS Kunden wollen deswegen kein Android.
Stimmt bei Updates sind die ja richtig gut… sind damit auch viel öfter in den Medien, seit Steve Jobs nicht mehr da ist. 🤣 und der Rest ist eben Geschmackssache, aber eben auch nicht innovativ
Wenn du wüsstest was zu Jobs Zeiten alles so schief gegangen ist. Wir hatten damals nur keine sozialen Netzwerke. Vieles ist heute bei Apple besser als zu der angeblich so tollen 2000er Jobs Zeit. 😉
Es geht nicht darum, was unter Steve Jobs gut oder schlecht war. Er war ein mieser Charakter aber eben auch DER Visionär und Antrieb – den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen & Dingen die es bereits gab einen Apple Touch zu geben und damit neue Trends zu generieren. Dieser Visionär fehlt heute und das merkt man an allen Ecken und Enden. Ein iPhone 11 „Pro“ das in Wirklichkeit von Design und Technik das letztjährige XS ist bzw. hätte sein sollen. Daran ist nichts 2019. Man muss nur das iPad Pro daneben legen und vergleichen. Design, Display, USB C …… Weiterlesen »
Apple ist auf die lange Update Zeit angewiesen, denn der Großteil der Kunden nutz nicht die jeweils aktuellsten Devices. Ein Großteil der vermeintlichen Vorteile wird durch eine konsequente Bevormundung der Nutzer erzielt. Muss man mögen. Ich bin seit vielen Jahren parallel in beiden Welten unterwegs. Dazwischen hatt ich auch einige Windows Phones. Ich vermisse vor allem mein Lumia 950.
Ich vermisse ebenfalls mein Lumia 950 und HP elite 😔
na ja…270€ zu 400€ bei ner china version und ner intern. version sind knappe 50% mehr. so´n 40″ container kostet dich pi mal auge 4000€ shanghai-hamburg. rechne mal, was das pro stück aufs handy ausmacht. das geht in den cent bereich. verzollen musst du das china als auch das internat. handy, also hier kein preisunterschied. und der rest (hardware)ist eh gleich, also was soll deine aussage bewirken?
Wenn man keine Ahnung hat, was ein lokaler Vertrieb für Kosten verursacht, sollte man besser leise sein!
Wen jemand nicht viel für ein Smartphone ausgeben möchte, der sollte sich für die aktuelle Samsung Galaxy A-Serie entscheiden. Man zahlt nicht viel fürs Smartphone und kann noch zusätzlich die App „Ihr Smartphone“ nutzen, welche ab der aktuellen Galaxy A-Serie vollständig unterstützt wird! Darüber hinaus fallen die Preise bei Samsung Smartphones relativ schnell und sind eine Überlegung wert, anstatt eine chinesische „Katze im Sack“ zu kaufen (testen).
Eins vergisst du. Samsung ist nicht gerade dafür bekannt, für günstige(re) Geräte lange Updates bereitzustellen. Bei Xiaomi kriegst du wenigstens für rund 3 Jahre Updates – auch bei Mittelklassegeräten. Was du mit „testen“ meinst, bleibt mir ein Rätsel. Die Geräte sind sehr ausgereift und wesentlich besser, als es andere Hersteller (inkl. Microsoft damals bei den Lumias) machen.
Ich bekomme für mein Samsung A5, aus dem Jahre 2017, immer noch Updates und das ziemlich regelmäßig. Das letzte Update ist zwei Wochen her.
Mit „testen“ meine ich damit die Unbekannte, die hinter den chinesischen Geräten steckt. Xiaomi ist mit Sicherheit, durch deine Artikel, mittlerweile ein vertrauenswürdiger Hersteller. Jedoch kann man auch viele Fehler bei einem unbekannten chinesischen Produkt machen.