Ich habe Satya Nadella persönlich getroffen. Nein, natürlich nicht allein zum Essen, sondern mit vielen hundert anderen Menschen im Audimax der Technischen Universität Berlin. Das war im November 2014, nicht mal ein Jahr nach seinem Amtsantritt als CEO von Microsoft und sein erstes öffentliches Interview in Deutschland.
Eine Anekdote, ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben. Nadella erzählte, dass er gerne und viel lese, mit zunehmenden Alter am Liebsten Poesie. Sie enthalte, komprimiert, ein breites Spektrum an menschlichen Emotionen und Erfahrungen, die ihm auf seinem Lebensweg geholfen haben. Auf die Frage, wie er in seinem stressigen Beruf noch die Zeit für seine Leidenschaften finde, entgegnete Nadella, dass man für seine Passion immer Zeit fände und da sein Beruf ebenfalls seine Leidenschaft sei, habe er alle Zeit der Welt. Auf der Bühne saß ein feinsinniger, feuriger, authentischer Mann.
Meine offenkundige Sympathie für den indischstämmigen Chef des Softwareriesen, darf mich in meinem Urteil über seine bisherige Arbeit nicht beeinflussen. Sympathie setzt sich manchmal über Taten hinweg – auf gut Deutsch: Auch einen Vollidioten kann man mögen!
Bei der Wachablöse in der Chefetage haben viele Fans sich die Entwicklung von Microsoft anders vorgestellt – vor allem im mobilen Bereich. Nadella sollte Windows Phone endlich zu neuen Höhen führen. Wo Ballmer aus Borniertheit und Ignoranz gescheitert war, sollte Satya den Appgap kurieren und die Konkurrenz auf ihren Platz verweisen. „Mobile first“ hörte sich doch auch so an, als sollte vor allem das Sorgenkind des Konzerns, endlich im Rampenlicht stehen.
Willkommenskultur bei Microsoft
Doch was passiert stattdessen? Microsoft bringt reihenweise exklusive Dienste wie Office, Cortana oder zuletzt seine Wordflow Tastatur auf die Plattformen der Konkurrenz. Dabei liegt Windows 10 Mobile Softwaretechnisch im Lazarett.
Warum bemühen die Redmonder sich so sehr um die Gunst von iOS und Android, statt ihre Energie in die eigene Plattform zu stecken? Kann Nadella wirklich seine Fanbase im Kopf haben, wenn er alle Trümpfe aus der Hand gibt?
Ich sage ja.
Vorbereitung auf die Zukunft
Es ist fast schon ein „running gag“, dass Windows Fans immer auf das nächste Update warten, das die Wende einläutet. Diese Wende ist schon da, sie vollzieht sich aber nicht auf einen Schlag.
Nadella hat schon öfter wiederholt, dass Windows Mobile nicht verschwinden wird, dass niedrige Marktanteile völlig unwichtig für das Fortbestehen der Plattform seien. Es gehe in erster Linie um den Kunden und die Bereitstellung von Diensten. Microsoft ist gerade dabei den Umgang mit mobiler Technik neu zu definieren.
Es ist klar, dass dieser Prozess für Viele nicht greifbar und unbefriedigend ist. Das liegt aber mehr an der Tatsache, dass Veränderung an sich, für viele Menschen unangenehm ist.
Wir haben uns auch daran gewöhnt zu sagen „Hey, mein Lumia hat Cortana, Office, kostenloses Navi und ’ne viel bessere Tastatur als dein überteuertes Apfeldingsda!“. Ist auch völlig legitim – wie oft habe ich schon Spitzen gegen Apple User gebracht?
Dieser „Kuschelkurs“ ist aber auf einem hervorragendem Weg. Ballmers Brechstange hätte niemals etwas gegen die Abwärtsspirale von Windows bewirken können. Aber aktuell 200 Millionen Windows Geräte und 1 Milliarde bis 2018, mit viel Liebe für die Konkurrenz – das wird Wirkung zeigen.
Im Endeffekt wird unser Alleinstellungsmerkmal nicht aus irgendeinem Dienst bestehen, sondern aus Windows 10. Features wie Continuum werden, davon bin ich überzeugt, werden langfristig für ein Umdenken sorgen. Schon jetzt kommen Bekannte auf mich zu und sprechen mich begeistert auf das neue OS an und auf mein Handy-PC.
Nadella ist leidenschaftlicher Windows Nutzer, daran habe ich keinen Zweifel. Profitgier ist nicht sein Antrieb. Er hätte wahrscheinlich einfach mit dem alten Windows Geschäftsmodell weiterfahren können – Firmen melken, bis ins Rentenalter hinein und irgendwann mal ein Basketballteam. Dieser feinsinnige Herr hat eine Vision, dass mehr Menschen durch Windows ihren Gedanken Ausdruck verleihen können.
Entspannen wir uns. Der Weg dorthin wird eine spannende Reise.
Dies ist ein Meinungsartikel. Die Ansichten des Autors spiegeln nicht zwingend die Meinung von WindowsUnited wieder.
Nadella verkörpert einerseits einen rationellen Verstand, durch seine Ausbildung. Andererseits aber auch eine gewisse fernöstliche Weisheit.
Er ist in der Lage nicht nur zu verwalten (siehe Vorgänger), sondern auch bedeutende Voraussagen für die technologische Zukunft zu treffen. Nur wer dies am besten können wird, dem wird auch die Zukunft gehören.
Dies alles ist Nadella! Durch seine Herkunft (Indien) verkörpert er diese Eigenschaften, wie kein anderer „westlicher“ CEO.
„Die Dinge bestehen aus mehr, als nur der Summe ihrer Teile“ Diesen Spirit unserer Zeit hat Nadella erkannt!
Hi, Wo sind denn die alten Kommentare@Leonard? Serveropfer vermutlich? Du hattest eine konkrete Frage an mich gestellt bzgl. des „haben wollens“. Daraufhin habe ich ca.15min geschrieben und konnte vermutlich aufgrund des Problems die Nachricht nicht senden……arghhhhh?? Nur soviel. Wir waren uns ja beide einig, das W10mobile im jetzigen Zustand nicht konkurrenzfähig ist, aber mit Sicherheit noch wird….es war einfach zu früh in gewisser Hinsicht. Microsoft und auch Nadella schaffen es nicht dieses „haben wollens“ an den Ottonormalverbraucher zu vermitteln. Für mich stellt sich die Frage nicht. Ich bin schon seit Windowsmobile 6.1 dabei (HTC Touch HD). Das waren noch Zeiten… Weiterlesen »
Yo, leider forderte der Serverausfall ein paar Opfer ;( Yep, W10M ist definitv noch eine Beta. Was ich am Beispiel deines Kollegen nicht ganz verstehe: Gestern wollte ich ein Problem am Galaxy Note meines Schwiegervaters beheben. Alter Schwede, ich kenne mich auch mit Android aus, aber wie unübersichtlich da die Menüs sind – der blanke Horror. Mein Schwiegervater ignoriert die meisten Sachen aber einfach. Und hier, denke ich, ist der Knackpunkt. Da zig Millionen Menschen ein Galaxy haben, sucht man das Problem eher bei sich (…ich bin halt zu blöd. Oder bei Apple: Der Akku ist nicht zu klein, ich… Weiterlesen »
Ja das ist mir klar das es auch bei Android blöd ist.
Genau das soll ja Microsoft einfacher machen. Genau so etwas wäre ein Kaufargument und Umstiegsgrund. Sie nutzen das nicht aus.
Da muß doch mal auch ein CEO hergehen und das Problem erkennen. Ich habe eher den Eindruck das Windowsphone für ihn keine Rolle spielt, wahrscheinlich auch deswegen weil er gedanklich schon beim Surfacephone ist, welches ja nicht Win10mobile konfirm ist.
Ich denke mal, Android ist eine Übungssache.
Wenn ich mein Weib an mein Windowsphone lasse, bekommt die regelmäßig die Krise, sie ist halt Apple-Userin.
Alles hat Vor-und Nachteile. Nur wenn MS jetzt mal nicht in die Puschen kommt bzgl. Win 10 Mobile, ist der Zug abgefahren.
Es tut gut, einen solchen Artikel zu lesen. Auf einer anderen Newsseite zu Windows habe ich verstärkt das Gefühl, entweder sind dort viele Leute schwer depressiv oder MS steht kurz vorm Ende. Hier hat man offenbar erkannt, dass der Wandel ein lang andauernder Prozess ist und eben auch Geduld erfordert. Weiter so!