[Kommentar] Klartext bitte: Die ewigen Heuchler der APPokalypse

Jeder pflegt in prekären Situationen, dabei ganz egal worum es geht, seine höchst persönliche Herangehensweise:

Während sich die einen herabwürdigend als Miesmacher in den eigenen Reihen (anderes Wort für „Realisten“) „über die Dinge stellen“ und auf diese scheinheilige Art und Unweise trotzdem fleißig Diskussionsstoff provozieren, ergreifen die anderen engagiert die Initiative und versuchen das Problem durch entsprechende Gegenmaßnahmen mannigfaltig erfolgreich zu beheben.

Mein Kollege Königsstein hatte vor einigen Wochen dazu bereits einen sehr treffenden Beitrag verfasst – Third Party Entwickler versuchen den wortschöpferisch treffenden aber bescheuert klingenden App Gap durch entsprechende Clients so gut es geht zu minimieren.

Software sells Hardware – das wissen Kenner der Branche nicht erst seit den ersten Konsolenkriegen Anfang der 80er Jahre. Diese Weisheit ist auch heute noch eine mehr als gültige Komponente in der wilden Welt der Mobiltelefone und gerade wir Windows Mobile-Fans sind es seit vielen Jahren ja gewohnt, wenn es mal wieder länger dauert oder eine App gleich gar nicht oder (immerhin) über einen Drittanbieter erscheint.

So braucht es schon lange keine Durchhalteparolen mehr, auch wenn ich selbst in der Vergangenheit schon dazu aufgerufen habe, nicht gleich das Smartphone in den Sand zu stecken. Und es ist längst auch keine Schande mehr, als Microsoft- oder Windows-Fan ein Smartphone der Mitbewerber zu benutzen, schließlich ist Redmond einfach überall.

Doch darum geht es mir an dieser Stelle nicht.

Was mich wirklich wurmt – und an dieser Stelle bestätigt sich die stetig wachsende Ermüdung selbst der ärgsten Verfechter in der mobilen Windows-Welt – ist die mit oftmals leeren Versprechungen gesegnete Haltung der gesamten Branche – natürlich mit vorbildlichen Ausnahmen, das sollte nicht vergessen werden.

Das Snapchat Support Dilemma möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter thematisieren.

Es geht vielmehr um diese ungewisse Schwebe, in der die Community immer wieder hineinversetzt wird, Hoffnungen die geschürt werden, aber im nächsten Moment wieder zu nichte gemacht werden.

Jetzt stellt sich an dieser Stelle natürlich berechtigterweise die Frage, warum ich mich überhaupt über soviel Spekulation aus der Gerüchteküche eschaffiere, wenn WindowsUnited oftmals doch selber genau darüber berichtet. Aber die Erklärung dafür ist so einfach wie logisch.

Doch zunächst einige stellvertretende Beispiele:

Die Spielemesse Gamescom war auch in diesem Jahr eine ohne jeden Zweifel bombastische Großveranstaltung. Auf Anfrage eines Fans, ob eine entsprechende App nicht nur für iOS, sondern auch für Android und Windows Devices erscheinen würde, erhielt er vom sogenannten Support den erfreulichen Hinweis, dass „in den nächsten Tagen“ (also im Vorfeld der Messe) auf jeden Fall damit zu rechnen ist, WindowsUnited hatte im Juni darüber berichtet. Doch es kam natürlich anders: Die Gamescom ist mittlerweile vorbei, die App für iOS und Android längst erschienen, nur die dreieinhalb Windows-User haben sich dann auf dem Messegelände wohl bis heute unauffindbar verlaufen…

Mit mehr als 5 Millionen Bewertungen im Google Play Store gilt Retrica als eine der beliebtesten Bildbearbeitungen für Android aber auch iOS. Erfreulich: Wer die Seite des Entwicklers aufsucht, findet dort neben dem Download-Link für die beiden erstgenannten Systeme auch einen entsprechenden Button für Windows Devices, der sich allerdings nach einem kurzen Moment der Hoffnung langsam „ausgraut“ und auf einen „kommenden“ Release schließen lässt.

Wer nach weiteren Informationen diesbezüglich sucht, wird in den FAQ fündig, denn dort stößt man dann auf einen mit mittlerweile knapp 2000 Kommentaren gesegneten Windows Phone Thread, in dem sich ein Mitarbeiter des Entwickler-Teams an die Fans wendet und die User aufgrund technischer Schwierigkeiten bei der Entwicklung der App für Windows Geräte noch um „etwas“ Geduld bittet, auch darüber hatten wir berichtet.

Diese Information stammt übrigens von Mitte April, ist somit also bald ein halbes Jahr alt und die Liste der Anfragen nach dem Release wird länger und länger, doch seitdem hat sich Retrica diesbezüglich nicht mehr geäußert. WindowsUnited hatte übrigens bereits im November 2015 (!) über einen baldigen Release berichtet.

Und noch ein Beispiel und wieder eine Bildbearbeitung: Prisma macht aus einfachen Fotos auf Knopfdruck fantastische Kunstwerke. Auf Anfrage eines Fans, ob denn auch eine UWP-App für Windows 10 erscheint, erfolgte vom Support der erfreuliche Hinweis, dass die Bildbearbeitung Ende Juli auch für Windows-Geräte erscheinen wird. Mittlerweile haben wir fast Anfang September und noch immer keine Spur einer entsprechenden App.

Mit Vinci gibt es immerhin eine ordentlich gemachte Alternative, hinter der übrigens der russische Facebook-Clone Entwickler V Kontakte steckt, der allerdings auch nicht gerade für den vertrauensvollen Umgang mit den Daten der Nutzer bekannt ist aber das ist eine andere Geschichte.

Dann die Sache mit Amazon: Mit der Einstellung der bisherigen Windows Phone-App ging ein emotionaler Aufschrei durch die Windows-Welt. Doch wenn man ein unbefriedigendes Produkt aus dem Store verbannt, dann ist das zunächst einmal kein schmerzhaftes Vorhaben. Doch wenn man den Kunden im Ungewissen darüber lässt oder gar widersprüchliche Informationen darüber liefert, ob es in absehbarer Zeit einen verbesserten Ersatz geben wird, nur um dann gefühlte drei Tage später dann doch eine sogenannte App in den Store zu schmeißen, deren Qualität an die Programmierkünste eines Dreijährigen erinnert, dann ist das Kundensupport auf niedrigstem Niveau.

Ob das Problem nun bei mangelhaft ausgebildeten Support-Mitarbeitern, unzureichenden internen Kommunikationsabläufen oder einfach an der iOS-Geilheit selbsternannter Windows-Heilsbringer liegt, lässt sich nur vermuten, aber nicht hundertprozentig belegen, aber wahrscheinlich ist ein gesunder Mix aus all den genannten Komponenten die ausschlaggebende Ursache für diesen Umstand.

Redet Klartext!

Dabei wäre es doch so einfach: Nein heißt Nein – das wissen BILD-Zeitung-Leser nicht erst seit Gina Lisa Lohfink. Wenn Jemand eine App für ein bestimmtes System nicht veröffentlichen möchte, weil es sich schlicht und einfach (wirtschaftlich) nicht lohnt oder „man keinen Bock drauf hat“, dann soll er es halt auch so klipp und klar kommunizieren, ein entsprechender Hinweis in den FAQ wäre da ein guter Anfang. Manche Unternehmen verfahren so, das ist auch irgendwo in Ordnung, weil es eine klare Ansage ist.

Wenn allerdings schon „drei Jahre“ vorher eine App angekündigt wird, die User dann aber monatelang nicht mehr auf dem Laufenden gehalten werden oder auf diesbezügliche Support- und Presseanfragen erst gar nicht mehr oder erst sehr spät reagiert wird (wie beispielsweise im Fall von Unitymedia), dann ist das schädlich – für das Windows-Ökosystem aber auch letztendlich das Unternehmen selbst, das so seine Glaubwürdigkeit und damit das Vertrauen in den Kundenkreis verspielt, der sich betroffen fühlt, man lese sich nur mal die zahllosen Kommentare unter entsprechenden Beiträgen durch.

Deswegen mein Appell an die Unternehmen: Kommuniziert einheitlich, haltet uns auf dem Laufenden und sorgt für klare Worte! Leere Versprechungen und ausweichende Standard-Antworten aus dem Support-Baukasten sind keine Lösung, auch nicht für ein Betriebssystem, dessen Marktanteil (möglicherweise auch wegen genau solchen Umständen) in den letzten Jahren dramatisch ins Bodenlose gestürzt ist.

Ja, natürlich gibt es Gerüchte, an denen am Ende nichts dran ist, keine Frage, denn so einfach ist die Sache eben nicht und auch ich ärgere mich, wenn plötzlich wieder das Gegenteil behauptet wird.

Wegsehen ist keine Lösung!

Meine Kollegen und ich schalten die Ohren aber nicht einfach stur auf Durchzug, sondern bleiben an einer Sache dran, haken nach und belassen es nicht bei bloßen Quellenangaben, sondern recherchieren für euch rund um die Uhr. Wir hinterfragen mögliche Gerüchte und falls nötig, auch mehrfach – und zwar nicht nur beim Ahnungslos-Support in Hintertupfingen oder bei Mr. Unbekannt auf Reddit.

Denn selbst die kleinsten Gerüchte sind, anders als man zunächst vermuten möchte, wichtig und von nicht unerheblicher Bedeutung.

Es bringt eine Sache in Bewegung und ist der Stein erstmal ins Rollen gekommen, schafft man bei gegebenem Interesse im Idealfall einen Druck, der manchmal nötig ist, um Gewissheit zu schaffen. Und genau an dieser Stelle kommt die Windows-Community ins Spiel: Beschwert euch direkt bei den Unternehmen, stellt Fragen, macht auf euch aufmerksam. Und da sind wir wieder an dem Punkt der Durchhalteparolen, die wir eigentlich nicht mehr brauchen.

Denn nach wie vor, und davon bin ich der festen Überzeugung, gilt jetzt und auch in Zukunft: IHR seid WindowsUnited.

Dies ist ein Meinungsbeitrag. Die Meinung des Autors spiegelt nicht notwendigerweise die Ansichten von WindowsUnited oder anderer Mitarbeiter wider.

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