Falls ihr zu den Stammlesern hier auf WindowsUnited gehört, wisst ihr bereits, dass Huawei seit fast einem Jahr schon keinen Handel mehr mit US-amerikanischen Firmen treiben darf. Alle Smartphonemodelle, die nach der P30-Reihe erschienen sind, haben somit keinen Zugriff mehr auf offizielle Android-Versionsupdates und, was noch schwerer wiegt, keinen Zugang zu Googles Diensten wie etwa dem Play Store.
Da ein Ende des Handelskonflikts mit den USA nicht absehbar ist, versucht Huawei sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und eine Unabhängigkeit von Google zu schaffen. Konkret bedeutet das: Für alle essentiellen Google Dienste muss eine entsprechende Alternative für Huawei-Smartphones kreiert werden.
Über einen ersten wichtigen Erfolg, haben wir gestern berichtet. Huawei hat nun TomTom als Kartenlieferant für Navigationsdienste gewinnen können. Dadurch müssen zukünftige Apps, die in irgendeiner Weise auf Navigationsdaten zugreifen, nicht mehr Google Maps nutzen. Apple verwendet übrigens auch TomTom für seine Navi-Lösung.
Damit ist die Arbeit aber noch lange nicht getan. Unter Android sind Googles Dienste leider in viele Drittanbieterapps integriert. Fehlen die Services, funktioniert auch die Drittanbieterapp nicht (richtig). Beispiel: WhatsApp. Ein Backup der Chats funktioniert bei Android nur über Google Drive.
Huawei-Kunden haben offiziell also keine Möglichkeit ihre Chats in der Cloud zu archivieren. Facebook, der Mutterkonzern von WhatsApp, müsste eine weitere Speicherlösung freischalten, damit Huawei dieses wichtige Feature nutzen kann.
Schafft Huawei was Microsoft nie gelang?
Huawei möchte dieses Problem vor allem mit Geld lösen. Diesen Weg hatte seinerzeit bereits Microsoft bei Windows Phone eingeschlagen – und war damit krachend gescheitert.
Dabei hatten die Redmonder einen entscheidenden Vorteil gegenüber Huawei. Für die allermeisten Google Dienste gibt es ein entsprechendes Äquivalent von Microsoft. Bing Maps, Bing Suche, OneDrive als Cloudspeicher, Office, Outlook statt GMail, etc. – Microsoft Pay gab es ebenfalls.
Huawei steht vor einer Herkules-Aufgabe. Nicht nur müssen Alternativdienste zu Googles Angebot geschaffen werden. Entwickler benötigen dann auch noch einen Anreiz, um ihre Apps für Huawei umzuschreiben. Der chinesische Technologiekonzern hat dafür zunächst 1 Milliarde US-Dollar zugesagt. Klingt erstmal nach viel Geld.
Microsoft hat aber ebenfalls viele Millionen Dollar in die Hand genommen, um Entwickler anzuspornen. Das Problem waren dabei weniger die „Big Names“ wie Instagram, Facebook, WhatsApp, die es ja irgendwann auch für Windows Smartphones gab. Es sind all die kleinen und mittelgrossen Applikationen, die man nicht auf die Plattform bekommen hat. Nischenanwendungen, die in der Summe eben doch für viele Nutzer wichtig sind. Nicht alle nutzen Google-Dienste, aber alle müssen sie ihre Apps in den alternativen Store von Huawei (App Gallery) schicken, wenn sie auf Mate 30, P40, etc. verfügbar sein möchten.
Ob sich dieser Zusatzaufwand lohnt wird letztlich dadurch entschieden, wieviele potentielle Kunden die Entwickler erreichen können. Durch die negative Presse, die Huawei in den letzten Monaten erleiden musste, sind Otto-Normalkunden stark verunsichert. Warum sollte ich 500 bis 1000 Euro für ein Huawei ausgeben, wenn ich das gleiche Geld in ein Samsung Smartphone stecken kann, das keine Probleme hat?
Ich würde eine Alternative zu Google bei Android sehr begrüssen. Und klar ist: Sollte Huawei dieses Kunststück gelingen und langfrístig ein Ökosystem im Ökosystem schaffen, wäre es eine Demütigung für Microsoft.
Ich bin immer noch überzeugt, dass Huawei mit diesem Vorhaben scheitern wird, da neben den Anreizen für Entwickler, auch die Überzeugungsarbeit beim Endkunden enorm schwierig werden dürfte.
Was meint ihr: Wird Huawei die Unabhängigkeit Googles ausserhalb Chinas gelingen?
Ich denke ja
Aber es ist doch wesentlich einfacher die Apps in die Huawei App Galerie zu bringen als damals die Apps komplett neu zu entwickeln für die WP-Plattform. Daher hinkt der Vergleich ein wenig.
Zum einen sind Innovationen und Weitblick nicht so das Ding von Microsoft und zum zweiten schmeißen die alles wieder hin wenn es nicht schnell genug Kohle einbringt. Zu den Apps bei Google, ich bin erst seit kurzem mit Android unterwegs, aber 99% der Apps könnten die löschen und wohl niemand würde den überwiegenden werbeverseuchten Schrott vermissen. Ich sehe die Aktivitäten der Chinesen mit einiger Sorge, aber wenn die es durchziehen, gute Nacht Microsoft und Goggle…
„schnell genug“ wurde ja nur ganz ganz kurz probiert mit Windows Phone und mehrere Milliarden dafür ausgegeben. Ja Milliarden nicht Millionen.
Windows Phone war gerade am aufblühen … dann kam Nadella.
Von daher kein Mitleid meinerseits.
Auf der Basis des mit Nokia zumindest in Europa erreichten Marktanteils von durchschnittlich um die zehn Prozent hätte man damals – volle Power vorausgesetzt – sicher noch erfolgreich weiter aufbauen können und als damals Noch-Marktführer und global agierender PC-/IT-/Service-Vollanbieter schon allein aus Prestigegründen auch unbedingt MÜSSEN!… Nadella ist sicher ein erfahrener und guter, weil auch begeisterter Spezialist in IT- und Clouddienst-Technik, aber ob ihn da der in Chicago quasi im Schnellkurs erworbene „Master of Business Administration“ ohne jegliche praktische Vor-Erfahrung in Unternehmens- und Produkt-Strategie, Administration und kaufmännischem Management gleich zum unfehlbar weitsichtigen und klugen Lenker eines derartigen Weltkonzerns befähigt, ist… Weiterlesen »
…“Gute Nacht“ nicht nur für Microsoft und Google…
Was die Chinesen in den nächsten Jahrzehnten da sonst noch alles „durchziehen“ werden…
Bald auch Gute Nacht den bisher wirtschaftlich und politisch so machtverwöhnten US-Amerikanern uns EC-Europäern!
Die haben ja (wie immer bloß kurzsichtig in Wahlperioden denkend) der systembedingt profitgierigen Wirtschaft per guter Miene zu „verlängerten Werkbänken“ seit jeher völlig freien Lauf gelassen und durch den damit zwangsläufig verbundenen wertvollen Knowhow-Abfluss das technologische Hochpäppeln Ostasiens zugelassen und so deren zügigen und jetzt schon unaufhaltsamen Aufstieg zur technologischen Konkurrenzfähigkeit oder vielleicht bald sogar Überlegenheit erst ermöglicht…
Außerhalb Chinas wird sich Huawei da nicht durchsetzen können. Was wir in Europa brauchen, ist auch keine chinesische Lösung, sondern eine europäische.
Genau: Ich bin zwar begeistert von meinem P30 Pro, aber eine Huawei ID habe ich trotzdem nicht. Google vermeide ich wo ich kann, aber eher bekommt Google meine Daten als Huawei.
Den einzigen Weg, den ich sehe, ist dass sie einen unabhängigen(!) europäischen Store mit zugehörigen Mobile Services sponsorn. Der kann sich ja langfristig aus den Store-Erlösen finanzieren. Wäre Win-Win, da sowohl EU als Huawei (und andere Hersteller) sich von USA unabhängig machen müssen.
Die Entwicklung des Marktes wird an solchen „europäischen“ Interessen bzw. Wunschträumen weiter vorbeigehen… ohne einer Weltmacht adäquaten, starken und handlungsfähigen Zentralmacht in Brüssel… und die wird und kann es in diesem bestehenden politischen Umfeld leider nicht geben…
Wird auch scheitern…. Menschen sind Gewohnheitstiere….und Androide ist leider nunmal der Platzhirsch dem die Mehrheit der Menschheit“vertraut“ und auch nicht wechseln wollen…. Wozu auch, man Kennt dieses, man braucht dh nix neues…..
Ich bin weiterhin froh, nicht in den Massenzwang zu rutschen und nutze immer noch gerne das alte WindowsPhone…..
Wünsche Huawei dennoch viel Erfolg….
Sollte es Huawei tatsächlich gelingen eine funktionsfähige und allgemein akzeptierte alternative Infrastruktur zu schaffen, wäre das blamabel für Microsoft. Ich persönlich stehe den Entwicklungen aus China skeptisch gegenüber, Google und insbesondere Microsoft sind da schon das kleinere Übel.
IMHO hätte Microsoft das Potential gehabt, eine alternative Infrastruktur für ein mobiles Betriebssystem zu schaffen.
Die mobile Infrastruktur haben sie ja geschaffen bzw. deren Aufbau geschafft! …nur darf man da eben keinen von mutwilliger Destruktion besessenen Wüterich ranlassen… Da Nadella schon gegen den Kauf von Nokia (erfolglos) Position ergriffen hat („Ich habe nie verstanden…“) war dann das WM-Einstampfen seine vermeintlich besserwisserische Korrektur dieser seiner Meinung nach fehlgeleiteten WM-Strategie und letztlich auch seine Art von „Rache“ an Ballmer… …und er hat damit – unwissentlich – Microsoft leider seiner letzten Chance beraubt! Mein für mich durchaus naheliegender Verdacht einer insgeheimen verschwörerischen Verbundenheit mit dem Inder in Mountain View ist da für andere wohl doch etwas zu vage… Weiterlesen »
Hinter Huawei steht eine autoritäre Regierung, die mit Huawei auch ihre imperialistischen Ziele verfolgt. Somit kann man Huawei nicht direkt mit Microsoft vergleichen. Um zu wissen wie sich Huawei in Zukunft verhalten wird, muss man die Ziele der chinesischen Regierung kennen. China hat vor, bis zu seinem 100 jährigen Gründungsjahr, technologisch unabhängig vom Westen zu werden. Das bedeutet, Huawei wird nicht primär auf ein europäische oder amerikanische Expansion ausgerichtet sein, sondern vielmehr auf eine technologische Vormachtstellung in China und Asien, dem Zukünftigen Wirtschaftsgiganten! Es wird sich dann nicht die Frage stellen ob Huawei es schafft, sondern ob es Google und… Weiterlesen »
Man darf in diesem Falle nicht in schwarz und weiß denken, sondern muss auch beachten, wie sich der Markt sonst so verhält. Es gibt hier kein Gut oder böse. MS ist in dieser Geschichte reine Vergangenheit und Google interessiert sich null für China (jene sind dort schlicht nicht vertreten). Genauso verhält es sich mit wechat, welches hier keine Rolle spielt, in China dagegen der Mittelpunkt des Mobile Marktes schlechthin ist. Alles hängt von Gewohnheiten und ja auch kulturellen Unterschieden ab, daher denke ich auch nicht, dass Huawei noch lange seine Preise im Westen halten kann. Die Geräte sind gut, jedoch… Weiterlesen »
Um Asien und die Dritte Welt zu überrollen wird es vielleicht doch noch reichen…
Huawei möchte dieses Geld vor allem mit Geld lösen.
Aha…