Microsoft HoloLens

Hololens Inside – Der bisher tiefste Einblick in Microsofts Mixed-Reality-Brille

Ein „weiteres“ Betriebssystem läuft auf der Hololens

Die Hololens. „Ach, macht Microsoft mal wieder Google und Samsung alles nach – die waren schließlich die ersten mit einer 3D-Brille, dieser Pappkarton, wo man ein Handy reinsteckt.“ So oder so ähnlich werden viele Leute denken, die das erste Mal ein Bild der Hololens sehen.

Doch weit gefehlt. Bereits vor vier Jahren hatte Microsoft die erste Hololens auf dem Markt, d.h. dass die Entwicklung der Hololens bereits einige Jahre früher anfing und sie wurde in einem Early Access Programm gut verkauft! Aber warum? Was ist daran so anders?

Eine VR-Brille versetzt den Benutzer in eine andere Welt. Stellt er seine Kaffeetasse weg – er findet sie nie wieder (ohne „Unfall“), ohne die Brille abzusetzen. Das ist Virtual Reality (VR).

Von Pokemon Go, einem Spiel, der Google Glass, einem Flop und Head-Up-Displays, im Auto der letzte Schrei, ist der Begriff Augmented Reality – etwa „unterstützte Realität“ – inzwischen bekannt.

  • Die Hololens geht einen Schritt weiter, sie macht Mixed Reality, das ist eine Mischung aus Augmented Reality und Virtual Reality. Der Benutzer sieht seine Umgebung und zusätzlich noch etwas mehr und kann die virtuellen Objekte u.a. erstellen, verändern, bearbeiten, Programme bzw. 3D-Objekte an irgendeinem Ort anheften oder mit „folge mir“ folgen lassen. Dabei werden beispielsweise virtuelle Objekte – eine Kaffeetasse – auf einem realen Objekt – dem Tisch – abgestellt. Wird der Tisch entfernt, „fällt“ die virtuelle Kaffeetasse auf die nächste reale Ebene: den Fußboden.
Tabelle mit den Unterschieden der verschiedenen Realitäten

Die Hololens kostet nicht viel?

Nein, die Hololens setzt hier Maßstäbe, indem sie die perfekte Basis für vielerlei Anwendungsmöglichkeiten darstellt. Wer hier bei einem Einkaufspreis von ca. 5.000 € oder 3.000 € für Entwickler zuckt, hat schon verloren – denn ihm fehlen dann die rund 25.000 € (oder mehr, oder weniger), die dann die Anwendungsentwicklung kostet, die er für die Hololens entwickeln muss, um sie überhaupt produktiv für den geplanten Zweck einsetzen zu können.

Hololens ohne Strippen

Aber wie macht sie das? Die Hololens ist im Gegensatz zu vielen anderen 3D-Brillen ein kompletter PC, es ist kein Rucksack mit PC oder anderen Komponenten nötig. Die Hololens ist übrigens mit einigen CAD-Anwendungen kompatibel. Wer schon mal mit CAD gearbeitet hat, weiß, dass dazu entsprechend viel Rechenpower benötigt wird, womit klar ist, dass sie mehr Rechenpower als ein durchschnittlicher Laptop hat. Bei komplexeren Objekten kann sie für die Berechnung nicht sichtbarer Teile auf Ressourcen in der Cloud zurückgreifen.

Die Holones ist ein eigenständiger Computer

Deshalb ist in der Hololens auch keine normale CPU (Central Processing Unit) und auch keine GPU (Graphic Processing Unit), sondern eine HPU (Holographic Processing Unit) verbaut. Womit wir hier die neben dem x86-PC, den ARM-Tablets, der Xbox und Mobile Phones eine weitere Hardware-Plattform haben.

HPU der Hololens

Ja, und welches Betriebssystem läuft nun auf der Hololens? Windows. Genauso wie auf dem PC, den Tablets, der Xbox, den Phones und allen anderen Geräten. One Windows lautet die Devise, hier erhaltet Ihr einen Einblick, was sich dahinter verbirgt.

Kameras, Lautsprecher und der Akku

Doch zurück zur Hololens. Zusätzlich zu den verschiedenen Kameras, zwei zur Erfassung der Blickrichtung – ich „steuere“ mit der Nase, nicht mit den Augen, denn die sind zu unruhig – hat sie weitere vier zur Erfassung meiner Gesten und der Umgebung. Die Hololens wird mit bestimmten, verschiedenen Gesten gesteuert (siehe Kinect) und nicht etwa per Joystick oder Game Controller.

Transparente Optik der Hololens

Auch Sprachsteuerung beherrscht die Hololens über Cortana – für viele Techniker die einzig sinnvolle Möglichkeit, da sie die Hände mit Bauteilen und Werkzeug voll haben. Womit wir zu einem weiteren Anwendungsbeispiel kommen:

  • Thyssen Krupp hat Aufzugs-Techniker mit Hololens ausgestattet. Der Techniker muss also gar nicht mehr alle Aufzugsmodelle kennen, es reicht, dass er sie ansieht. Die Hololens kann dabei dem Techniker zeigen, wo er welches Bauteil findet. Und kommt er tatsächlich einmal bei der Reparatur nicht weiter, so fragt er seinen Kollegen per Skype (das natürlich auf der Hololens läuft!).Dieser sieht auf seinem Surface, was der Hilfesuchende sieht und kann ihm mit dem Surface Stift per Markierung im Bild (das, was der Hilfesuchende sieht) zeigen, wo er welche Schraube lösen muss. Die Aufzugs-Reparatur-App wiederum erkennt das Bauteil und kann die entsprechende Teilenummer einblenden, die dann der Techniker aus seiner Teilesammlung im Lieferwagen einfach holen kann.

Wie lange läuft denn so eine Hololens? Etwa vier Stunden bei aktiver Benutzung. Das hängt auch vom Sichtfeld ab, denn das ist mit rund 70° relativ klein. Das ist aber für die Techniker weniger von Bedeutung, da sie sich meist sowieso auf einen recht kleinen Bereich fokussieren – ihnen ist die Laufzeit viel wichtiger. Wäre das Blickfeld so groß wie das menschliche Blickfeld, so würde die Hololens wohl eine viel kürzere Laufzeit haben.

Etwas, was der Benutzer nicht sofort erwartet, ist die Akustik, mit der die Hololens ausgestattet ist. Denn die eingebauten Lautsprecher (rot im obigen Bild) sind auch ein 3D-Soundsystem. Mit verbundenen Augen kann der Träger der Hololens zielsicher ein tönendes Objekt, z.B. eine tickende Uhr, im Raum orten und finden.

Programme für die Hololens

Lauffähig auf der Hololens sind übrigens alle UWP-Apps. Eigene Programme speziell für die Hololens können über eine eigene API programmiert werden.

  • Vor einiger Zeit wurde bereits eine Herz-OP mit einer Hololens durchgeführt. Der Operateur hat dabei mit einem eingeblendeten Stent die betreffende Arterie entsprechend aufweiten können, um den echten Stent nachher passend einsetzen zu können.

Die Transparenz der Hologramme ist dabei frei einstellbar – bei dem Stent eher hoch, denn der Arzt muss die Arterie sehen können, in einer Werkstatt ist sie eher niedrig, denn hier spielt vielleicht der Gesamteindruck die größere Rolle.

Die Hololens rechnet übrigens im metrischen Format, was bei Amerikanern am Anfang etwas der Gewöhnung bedarf. Das ist wichtig, da die Hololens natürlich auch Entfernungen exakt messen können muss und weltweit ist hier das metrische System tonangebend. Die selbst erstellten eigenen Apps werden dann sehr simpel (im Gegensatz zu anderen Smartphone-OS) per Side Loading installiert, oder über einen sicheren Office for Business-Account bereitgestellt (Pendant zu einem Microsoft-Konto, bei dem Firmen eine eigene Cloud, Webseite, Kommunikationsplattform, Firmen-Store mit eigenen Anwendungen usw. haben).

Es gibt bereits einige Programme, die Augmented Reality nutzen. So haben z.B. IKEA und Villeroy & Boch jeweils eigene Programme entwickelt, die die eigenen Produkte in das Video der eigenen Wohnung einblenden können. Wer hier mehr erfahren will, dem sei empfohlen, mit den Suchworten „Hololens“ und „Möbel“, oder „Spiel“, oder „Thriller“, oder, oder… mal zu bingen. Es ist erstaunlich, wie viele verschiedene Ideen und Anwendungsbeispiele man bereits finden kann, die nur auf günstige Brillen und damit auf die breite Masse warten.

Hololens

Spiele auf der Hololens

Auch Spiele sind natürlich denkbar und sicherlich mindestens so unterhaltsam wie die Nutzung einer Xbox. Im Internet habe ich ein Spiel, einen Thriller, gesehen, der in der eigenen Wohnung passiert. Die eingeblendeten Personen nutzen auch das eigene Sofa und interagieren mit dem, was in der eigenen Wohnung vorhanden ist.

Allerdings überlässt hier Microsoft den Verkauf günstiger Consumer-Brillen den OEMs, die schon einige Modelle in der Entwicklung haben. Microsoft ist schließlich kein Hardware-Produzent, sondern in erster Linie ein Software-Hersteller, der ab und an auch Hardware-Referenzgeräte produziert (die Lumias waren da sozusagen ein „Ausrutscher“).

Ihr seht, die originale (!) Microsoft Hololens ist eher nichts für den privaten Alltag. Als weit verbreitetes Arbeitsgerät oder als Spielzeug ist sie aber sicherlich denkbar und vermutlich nur eine Frage der Zeit. Die OEM-Hersteller werden dann dafür sorgen, dass das System auch in den privaten Räumen Fuß fassen wird. Ich könnte sie mir z.B. auch sehr gut beim Erfassen und Katalogisieren von geschützten Pflanzen oder Tieren in der freien Natur vorstellen. Oder Geocaching per Hololens. Oder Lauf-/Fitnesstraining mit eingeblendeten Gegnern, Feinden, Verfolgungsjagden usw.

Was glaubt Ihr, wo wird sie Euch persönlich als erstes begegnen?


Anmerkung: Der Artikel enthält auch Meinungen des Autors. Die Meinung des Autors spiegelt nicht notwendigerweise die Ansichten von WindowsUnited oder anderer Mitarbeiter wider.

Quelle: Microsoft DeviceTour plus

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  • Sehr guter Artikel, hier wird endlich mal richtig beschrieben was die hololens kann und was damit gemacht werden kann 👍

    • Die Hauptprozessoreinheit (woher der Begriff CPU ursprünglich stammt) wird bei grafiklastigen Programmen von der Grafikeinheit (oder Grafikkarte) unterstützt. In diesem Fall werden sehr viele 3D-Berechnungen gebraucht, was eine normale CPU, auch in Verbindung mit einer GPU, nicht schafft. Dafür wurde eben die HPU entwickelt. Eine Kombination aus allen dreien wäre nur größer und energiefressender ohne wirklichen Zusatznutzen.

      • Die HPU ist einzig für die Hologramme zuständig. Der Rest (OS, Apps, Connectivity, wird ganz normal von der CPU/GPU übernommen. Ich bin mir nur nicht sicher ob die HPU auch im Atom Chip sitzt oder separat aufm Mainboard.

        • Nein. Die HPU ist eine Weiterentwicklung bzw. eine spezielle Art der CPU. Die Hololens hat nur eine Prozessoreinheit, eben hier die HPU. Der Atom Chip, den Du ansprichst, ist die PU, ob da jetzt ein C oder H davor steht ist letztlich egal - allerdings trifft ein H die Spezialisierung des Chips besser.

          • Aber das ist doch einfach nur deine Interpretation. Die HPU ist laut Microsoft nur ein Co-Processor (28nm, 24 Cores, 8MB SRAM, 1GB RAM), der neben dem Host-Processor (Atom, 14nm, 1GB RAM) für die Hologramme und Postionierung sowie die Berechnung der Umgebung zuständig ist. Alex Kipman himself spricht von CPU, GPU und der HPU als dritten co-processor.
            https://youtu.be/2r05ejWUgaI?t=343

          • Mmnh, meine Infos sind nicht meine Interpretation, sie stammen von einem, der im Vertrieb der Hololens bei MS tätig ist. Der hat den Artikel auch gegengelesen. Woher nun die Unterschiede kommen: K.A.

    • Für medizinstudenten gibt es bereits anwendungen sich körper a la körperwelten anzusehen

  • In einem geschlossenen Helm verbaut muss die HoloLens das perfekte Sound-Erlebnis ermöglichen.

  • Ihr seid auch ’ne Herz-OP 😉 Es wurde eine Koronarangiographie simuliert, konkret das Verhalten der Substanz die bei Drug Eluated Stents (DES), also bei mit Medikamenten beschichtete Stents, zum Einsatz kommt. Oft kam es vor, dass gerade bei der ersten Generation die Substanz zu Problemen führte, da es anstatt das Zusetzen des DES zu verhindern, die Substanz sich an einer z.B. Bifurkation ansammelte und dort im schlechtesten Falle zum plötzlichen totalem Verschluss = Herzinfarkt, führte. Dieses Verhalten kann der durchführende Kardiologe (keine Herz-OP = kein Herzchirurg) jetzt viel besser einschätzen.
    Auch eher ungünstige Stent in Stents werden so selten notwendig (zumindest die DES-indizierten)!

    • Danke für die Differenzierung! Nach meinen Informationen wurde danach erst in den letzten zwei-vier Wochen dann eine Koronarangiographie tatsächlich durchgeführt, nicht nur simuliert. (Wobei der Durchschnittsleser hier nicht von einer Herz-OP unterscheidet.) Mein Kontakt bei MS sprach tatsächlich von einer Herz-OP und auch nicht von einer Simulation.

      • Erst kam die Simulation, dann die Einführung des neuen Systems inkl. eines kompletten Sets. Während der Koro macht die Hololens keinen Sinn, da man eh ständig röntgt. Der Stent (Gitterschlauch) wird mittels Ballon in das Gefäß eingepresst, da muss man nichts passend haben, lediglich die Schleusengröße variiert von Patient zu Patient und Zugangsart (femoralis oder radialis).

        Auf dem Kongress der European Society of Cardiology und dort konkret in der European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI), deren Mitglied ich bin, wird das System vorgestellt. Gerne berichte ich dann mal ausführlich.

        • Ja, bitte, mach das. Damit ist klar, dass die Herz-OP, die mir beschrieben wurde, nur eine Simulation, eine Übung gewesen sein kann, keine echte OP.

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ExMicrosoftie

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