Erst Anfang des Jahres berichteten wir, dass Intel die Entwicklungsgeschwindigkeit kommender CPUs drosseln muss. Der Grund dahinter sind bestimmte quantenmechanische Effekte, die im Beitrag zu Quantenprozessoren weiter erklärt werden. Forscher an der North Carolina State University versuchten dabei einen anderen Weg, um bei gleichbleibender Größe die Effektivität der Chips zu erhöhen. Eine Lösung fanden sie in der Chaosforschung.
Das Team um Behnam Kia fand heraus, dass selbst bei modernsten CPUs in jedem Takt eine nicht unerhebliche Anzahl an Transistoren inaktiv sind. Der Grund dahinter ist äußerst simpel: Herkömmliche Prozessoren arbeiten strikt linear. Infolgedessen bleiben Transistoren ungenutzt, da sich diese in einem nicht benötigten Logikgatter befinden. Diese inaktiven Transistoren sind jedoch verschenkter Platz.
Genau hier greift dann auch die Chaostheorie. Die gesamte Chaosforschung befasst sich mit nichtlinearer Dynamik, also dynamischen Systemen. Diese Systeme erscheinen dabei auf den ersten Blick völlig zufällig, folgen aber dennoch Gesetzen. Dadurch lassen sich bestimmte Ereignisse vorhersagen. Betrachtet man das gesamte nun auf einem nichtlinearen Prozessor, so greift die Einordnung in ein dynamisches System. Kia beschreibt es dabei so:
A very simple nonlinear transistor circuit contains very rich patterns. Different patterns that represent different functions coexist within the nonlinear dynamics of the system, and they are selectable. We utilize these dynamics-level behaviors to perform different processing tasks using the same circuit. As a result we can get more out of less.
Zu Deutsch: „Ein einfacher nichtlineares Logikgatter enthält zig verschiedene Muster. Diese Muster repräsentieren verschiedene Funktionen und koexistieren in der nichtlinearen Dynamik dieses Systems, außerdem sind sie wählbar. Wir nutzen dieses Verhalten in der Dynamik um verschiedene Aufgaben mit demselben Gatter zu verarbeiten. Somit holen wir mehr aus weniger heraus.“
Das Herzstück des bereits im Labor getesteten neuen Prozessors ist dabei ein analoger, nichtlinearer integrierter Schaltkreis, dessen Schnittstelle voll digital ist. Der große Vorteil an dieser Technik ist dabei der, dass bereits bestehende Herstellungsmethoden genutzt werden können. Vom frühen Forschungsstand abgesehen spricht demnach nichts gegen eine baldige industrielle Produktion. Auch existierende Betriebssysteme dürften kaum Probleme bekommen, da Rechenoperationen im Gegensatz zu Quantenprozessoren immer noch nach altbekanntem Prinzip ablaufen.
Jetzt kommt allerdings noch die große Frage: Welchen Vorteil bringt ein nichtlinearer Prozessor? Der Vorteil ist sogar sehr beachtlich. Ein Chip mit 100 nichtlinearen integrierten Schaltkreisen bringt das gleiche Rechenpotential wie ein herkömmlicher Chip mit 100.000 integrierten Schaltkreisen. Oder mit anderen Worten 100 Millionen Transistoren können das Gleiche leisten wie 3 Milliarden Transistoren. Gordon Moore freut sich da. Denn sein Gesetz kann so weiterhin erfüllt werden, nicht über die Anzahl der Transistoren, sondern über deren Leistung.
Klingt plausibel 😉
Dann besteht wieder Hoffnung für einen PC in Telefongröße. Bei dem Potential kann man bald seine Rift oder Vive mit dem Taschen“rechner“ befeuern. Wahnsinn!!!
Geiles Ding! Hoffentlich bekommen wir das bald ?
Brillant. Das gibt wieder genug Raum nach oben für die nächsten paar Jahrzehnte. Im Gegensatz zu Quantenschaltkreisen haben klassische Prozessoren nämlich ein viel breiteres Einsatzspektrum. Außerdem muss man durch das „Retrofit-Design“ kein vollkommen neues Logiksystem aufbauen.
Seh ich genauso… Wenn man glaubt es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her =) Bin sowieso total gespannt was die Zukunft bringt =)
Ich bin direkt stolz auf mich das ich selbstständig meine Schuhe zuschnüren kann 🙂
Und dass obwohl deine Schnürsenkel aus lauter Quanten bestehen…die dynamisch ihren Zustand ändern…deswegen gehn die auch manchmal von selber wieder auf…oder so 😉
Na dann weiss ich ja, was mich als E-Technik Student in nächster Zeit erwartet xD
Naja, Hitzeentwicklung 10^5 ist ebenfalls „vorprogrammiert“.
Das dachte ich mir auch. ?
Gilt das auch für Grafikkarten?
Prozessor = Prozessor imMo braucht’s dann nur noch stabile Minusgrade in der unmittelbaren Umgebung ;). Wird das Chaos losgelassen brauchst immer einen kühlen Kopf.
Hängt doch aber auch von den einzelnen Operationen ab?!
Grob vereinfacht: Wenn ich jetzt ein Video rendere und in einem aktuellen Computer 100 Einheiten mit rendern beschäftigt sind und 10 mit Betriebssystem, kann ich diese 110 voll ausgelasteten ja nicht ohne andere Einschränkungen in 100 Einheiten packen. Erst wenn ich weiß: der Computer brauch entweder die 100 oder die anderen 100 Einheiten, kann ich das ja in 100 dynamische Einheiten packen… Hm naja, die werden da wohl ausführlichere Überlegungen zu angestellt haben 😛
Das ist wohl ein Missverständnis deinerseits. Die versuchen nicht, den Prozessor durch die Hände (Quanten) zu ersetzen, dass du quasi die 100 Einheiten zukünftig chaotisch in Handarbeit erledigst, anstatt dies einem herkömmlichen Prozessor zu überlassen, sondern… ab dieser Stelle liest du am besten den Artikel noch mal durch. ??
Hm ich versteh die Antwort nich ganz – ich hab nie von Handarbeir geredet ?
Sehr interessant ?
Den Dreisatz 100 nichtlineare = 100.000 lineare zu 1.000.000 nichtlineare = 3.000.000.000 lineare musst du mir allerdings nochmal erklären 😀
Die Zahlen stammen direkt aus dem Artikel der Forscher.
Deine Rechnung basiert auf der Folgerung 1 Transistor gleich ein intergrierter Schaltkreis (also Logikgatter). Jedoch sind in jedem Schaltkreis mehrere Transistoren enthalten, je nach Funktion mehr oder weniger.