Microsoft arbeitet zur Zeit mit Hochdruck an den nächsten Entwicklungsstufen von Windows 10. Die Gerüchteküche brodelt und die Begriffe fliegen ziemlich durcheinander: CShell, Windows 10 ARM, Windows 10 Cloud, Windows 10 Mobile… Da kann man schonmal den Überblick verlieren. Wie das alles zusammenhängt und wie die Windows-10-Plattform in Zukunft (wahrscheinlich) aussehen wird, erklärt euch dieser Gastbeitrag.
Ein kleiner Einblick in den Windows Baukasten
Microsoft hat schon vor langer Zeit angefangen, möglichst alles wiederverwendbar zu programmieren. Ein frühes Beispiel ist Word für Windows 2.0. Deren alte Such-Engine war um Welten schneller, entsprach aber nicht mehr den Vorgaben, die Microsoft an Code stellte, wie z.B. Dokumentation und Schnittstellen. Mit Word 6.0 für Windows bzw. dem darauf folgenden Office 95 wurde deshalb auch die Such-Engine neu geschrieben. Ähnlich war es auch mit der Rechtschreibprüfung. Ursprünglich für Word entwickelt, wird sie nun überall in Windows benutzt, selbst in der Nachrichten-App zum Schreiben von SMS.
Stark vereinfacht folgt Windows dabei einem „Schichten-Modell“, das zuunterst mit der benutzten Hardware beginnt. Damit der Windows Kernel, der immer gleich ist, auch mit jeder Hardware funktioniert, folgt auf die Hardware (und deren Firmware, nicht abgebildet) der Hardware Abstraction Layer (HAL).
Nach dem Windows Kernel folgt der Services Layer, der die Kommunikation mit den Applikationen übernimmt, hier durch Subsets an API-Funktionen je nach verwendeter Applikationsgruppe (64 Bit, 32 Bit oder Metro/UWP) dargestellt. Zuoberst kommt die Shell, also das User Interface.
Windows konvergiert
Je nach verwendeter Hardware wird der HAL und der Kernel entsprechend kompiliert – nach ARM- oder x86-Prozessorarchitektur. Durch die vielen verschiedenen Formfaktoren haben sich eine ganze Reihe von Shells entwickelt, die Microsoft nun mit der CShell alle zusammenfassen will. Dabei soll sich die CShell-Benutzeroberfläche auch automatisch an den benutzten Formfaktor anpassen.
Je nach Einsatzzweck, z.B. Smartphone, Tablet oder PC mit Bildschirm, werden nun auch die API-Subsets dazu genommen oder weggelassen/deaktiviert. Zum Beispiel findet sich bei der Hololens nur noch die Metro-API, bei der Xbox die Metro-API und eine eigene „Xbox-API“.
Wer nun genau hinschaut, sieht sehr schnell, dass sich Windows 10 Cloud nicht mehr von Windows 10 Mobile unterscheidet, es ist nur ein unterschiedlicher Formfaktor zu „vermuten“, denn bei Windows 10 Mobile hat man ein Smartphone vor Augen und bei Windows 10 Cloud ein Tablet. Und eben genau diese unterschiedlichen Formfaktoren und die damit bisher unterschiedlichen Shells werden nun von der CShell ausgeglichen.
Windows 10 ARM wiederum ist das gleiche wie das herkömmliche Windows 10, aber für die ARM-Plattform kompiliert.
Der Unterschied zwischen Windows 10 Cloud und Windows 10 ARM wird dann letztlich nur noch in der eventuell möglichen Freischaltung der API-Subsets bestehen (Upgrade von Windows 10 Cloud auf Windows 10 ARM).
Die ganze Umsetzung dauert natürlich etwas und teilweise ist auch die Hardware noch nicht leistungsstark genug, z.B. wäre der Nutzer von Windows 10 ARM auf einem Snapdragon 820 zum Einschlafen verurteilt. Anhand des Modells wird aber auch klar, dass es Microsoft daran gelegen sein muss, möglichst alle 32-Bit- und 64-Bit-Anwendungen zu Metro-Apps zu portieren. Dann könnte nämlich auf sehr lange Sicht die Entwicklung der Win-32- und Win-64-APIs eingestellt werden.
Mit weiteren leistungsstarken ARM-Prozessoren ist es auch durchaus denkbar, dass viele Desktop-PC-Eigentümer beim Neukauf auf ein ARM-Gerät mit Windows wechseln werden. Ca. 60% aller PCs laufen mit Windows. Wenn nur die Hälfte dieser Nutzer als neues Windows-Gerät eines mit Smartphone-Formfaktor wählen würden, weil zuhause noch Monitor (Fernseher), Maus und Tastatur vorhanden sind, dann könnte Windows im Smartphone-Bereich durchaus einen Marktanteil von 20% oder mehr erreichen.
Ich hoffe, dass nun klar ist, wieso Unkenrufe wie „Windows 10 Mobile ist tot“ unsinnig sind. Oder wie seht Ihr das?
Für mich ist Windows auf dem richtigen Weg. Wenn sie nun noch mehr Geräteanbieter überzeugen können ihre Geräte auch mit Windows anzubieten.
Schön auseinander gepflückt und Licht hinein gebracht. Meinen Dank
Danke. Sehr schön!
Danke, endlich mal eine gescheite Erklärung wo die Vision (und der Weg!) hingeht! Damit sollte doch auch der letzte „….mobile tot“ Nörgler begreifen können, dass dem nicht so ist.
Solchen Leuten als Antwort im Zukunft nur noch den Link zu diesen Artikel posten… vielleicht bringt es ja was.
Ich denke, dass die Gesamtstrategie stimmig ist, auch wenn das W10Mobile Nutzer/Fans aktuell noch nicht spüren. Ob die Strategie schließlich auch erfolgreich sein wird, steht auf einem anderen Blatt… MS wird jedenfalls die Unterstützung der großen HW Hersteller (HP, DELL, ACER, ASUS usw.) haben, denn diese brauchen dringend neue Impulse (siehe Surface Linie), welche die schwindenden PC Verkäufe kompensieren können.
Ich glaube du wirfst da etwas durcheinander. Windows Cloud ist x86 limitiert auf Store Apps. Windows ARM ist ARM jedoch mit x86 Unterstützung.
Die Unterschiede zwischen Win32 und Win64 sind im Grunde nur die Adressen(-länge). Hier genügt mMn die Betrachtung von x86 allgemein; macht das Schaubild nur unnötig kompliziert.
JFYI: Das Ding heißt „Xbox“. 😉
Sehe ich genauso. Gestern hat Leo noch darüber berichtet, dass in Windows 10 cloud die Win32-Sperre geknackt wurde und jetzt soll Win cloud plötzlich Hardware Arm und Win 10 mobile plus CShell sein? Einer von beiden liegt definitiv falsch.
Auf welche Plattform Win 10 Cloud letztlich kommt, ist noch nicht raus, evtl. auch auf mehreren. Die zweite Grafik habe ich entsprechend korrigiert.
Super Artikel, sehr interessantes Thema.
Und wo genau ist die Emulation von win32 auf ARM Chips zwischengeschaltet?
Kenne mich nicht aus aber habe gelesen, dass es was mit einem speziellen Sektor auf dem Chip zu tun hat, der für eine Art Echtzeit-Emulation sorgt.
Deshalb auch nur mit ausgewählten Chips wie dem 835er
Sorry, das habe ich vergessen. Stell Dir den x86-Emulator auf Höhe der API-Subsets als separaten Bauklotz vor zwischen den 32-Bit- und 64-Bit-APIs und dem Kernel.
Ok danke. Dachte das ist zwischen Kernel und HAL. (wobei das vermutlich irgendwie auch stimmt. Ich stell mir den Kernel eher als „Verwalter“ vor, der zwischen Applikation und Hardware vermittelt. Eigentlich läuft dann direkt jede Applikation auf dem HAL. Bin aber nicht vom Fachgebiet……)
Ne, der Kernel ist der Core, also das „eigentliche“ Windows, der HAL vermittelt zwischen Hardware und Kernel.
Und wo sollte dieser Bereich auf dem SD820 sein, mit welchem die Emulation angeblich vorgeführt wurde?
Die Emulation erfolgt softwaretechnisch, also nicht direkt vom Chip.
Ich sage danke schön für die gute Erklärung
Guter Bericht. Danke!
Sehr informativ!👍 Dankeschön für den sehr guten Bericht!
cool. danke Dir für den sehr lesenswerten und anschaulichen Bericht!
Super Artikel, genial und verständlich erklärt.
Danke an alle für das Lob! ☺
Kann mir mal jemand erklären warum anhand dieses Artikels ein Laie glauben soll daß windows mobile nicht tot ist. Steht da irgendwas davon daß bald ganz viele Menschen windows mobile nutzen? Und mobile bedeutet für mich Smartphone und nicht irgend ein mini tablet. Versteht mich nicht falsch, ich liebe mein 950xl und das Betriebssystem. Will es auch nicht missen aber ich versteh da nur Bahnhof.
Mmmh, vielleicht hilft Dir da der Blick in die Vergangenheit. Einst gab es z.B. Windows 3.0, dann Windows for Workgroups 3.11, Windows 95, Windows XP, Windows 7, Windows 10 (dazwischen habe ich ein paar weggelassen). Bei Windows Mobile waren es Windows CE, Windows Mobile 2002, Windows Mobile 5.0, Windows Phone (Windows Mobile 7 und 8), Windows 10 Mobile. Und die nächste große (!) Version von Win10M wird dann vermutlich Windows 10 ARM (je nach Hardware mit mehr oder weniger APIs drauf) heißen. That’s all. Ob es allerdings weiterhin Geräte geben wird, mit einem Smartphone-Formfaktor und Telefonie und Windows-Betriebssystem darauf, das… Weiterlesen »
Ich denke der Marktanteil könnte viel größer sein! Da die meisten Desktopanwender ein Android oder Apple haben das dann ja überflüssig wird also werden die verkaufszahlen bei MS steigen und stattdessen sie beim Mitbewerb fallen,…
Generell guter Artikel wobei aber *Windows Cloud* zur Zeit nicht stimmt. So wie es sich zur Zeit abzeichnet unterstützt Windows Cloud die volle Win32 API und ist eine normale Desktop SKU.
Danke, für das Feedback. In der einen Grafik (die zweite) stand bei der Cloud-Version noch fälschlicherweise ARM mit drin. Welche Plattform es wird, ist ja noch offen. Nach diversen Berichten unterstützt Cloud nicht direkt die Win-32-API. Ob nun eine echte Cloud-SKU die API letztlich noch enthalten wird, ist ja noch offen. Evtl. war die geleakte Version nur eine Testversion mit „vernagelter“ API und in der endgültigen fehlt die dann. Evtl. kann sie nachinstalliert werden – nix genaues weiß man nicht…
Meiner Meinung nach wäre es das beste gewesen „Windows Cloud“ basierend auf „Windows 10 Mobile“ mit CShell zu packen, also praktisch genau so wie du es in der Tabelle eingezeichnet ist. Somit hätte man ein sehr leichtes OS welches sogar auf 8GB internen Speicher funktionieren würde und eben Ideal auch gegen ChromeOS antreten könnte. So wie es aber zur Zeit aussieht und da spricht ja echt vieles für (die beiden leaks, aber auch die Info von Zac), dass es sich eben um eine Desktop SKU handelt mit vollen Win32 API und „legacy“ Shell. Dies bietet natürlich auch deutliche Vorteile. Zwar… Weiterlesen »
Die große Frage ist letztlich, wie MS das Nichtbenutzen der Win32-API umsetzen will. Vernageln? -> großes Paket. Nicht mitliefern -> kleines Paket. Wenn letzteres: Ist ein Nachinstallieren dann noch einfachst möglich?
Ich schätze, Win10cloud wird erstmal für kleine billige Tablets mit x86 kommt und später auch auf kleinen ARM, dann mit x86 emulation unter der Haube. Denn nur dann laufen alle Store APPs (also auch die konvertierten Desktop Anwendungen). Ein Desaster wie mit RT will keiner. Cloud wird primär eine Antwort auf den Erfolg der Chromebooks sein. Also untere Geräteklasse.