Am 30. September 2014 wurde Windows 10 das erste Mal offiziell vorgestellt. Gleichzeitig erfolgte der Startschuss für das neue “Windows-Insider-Programm“. Nach dem Verkaufsstart der Desktop-Variante 2015 und dem (hoffentlich) baldigen Roll-Out der mobilen Version (Windows 10 Mobile) kann eine erste Zwischenbilanz gewagt werden. Was hat das Insider-Programm gebracht? Und was können wir in Zukunft erwarten?
Das Insider-Programm ermöglicht Nutzern weltweit sich von Microsoft freigegebene Test-Versionen (sogenannte Build‘s) seines Betriebssystems (Desktop und Mobil) runterzuladen und kostenlos zu testen. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei die “Windows-Feedback-App“. Diese erlaubt es den Freiwilligen, ihre Rückmeldungen (Änderungswünsche und Probleme) direkt an Microsoft zu senden. Die anderen User sehen dieses Feedback und können dafür Voten. Beliebte Vorschläge haben generell eine besonders gute Chance, vom Team in Redmond erhört zu werden.
Als am 01. Oktober 2014 die erste Preview-Build (9834) zur Verfügung gestellt wurde, war man sich sicher auch bei Microsoft nicht darüber im Klaren, welchen Erfolg das Programm haben würde.
Klar, auch in der Vergangenheit schon wurden Entwickler und Programmierer mit Vorab-Builds neuer OS-Versionen versorgt. Das Programm aber komplett für die Community und Interessierte zu öffnen, war hingegen komplett neu.
Und das Interesse war groß – ziemlich groß. Nach nur knapp zwei Wochen Verfügbarkeit gab es schon über eine Million freiwillige Tester und 200.00 Feedback-Einträge. Bis heute hat sich die Zahl der Nutzer sogar auf über 7 Millionen erhöht.
Von Anfang an zeichnete sich aufgrund von Nutzungsstatistiken bereits ab: Viele User nutzen das OS bereits als Daily-Driver, also nicht nur zum Testen, sondern auch für den produktiven Einsatz – wovon Microsoft selbst von Anfang an abgeraten hat. Einiges negatives Feedback war die Folge. So forderten einige User eine seltenere, dafür stabilere Build-Frequenz und waren hoffnungslos überfordert. Andere hingegen wünschten sich eine noch schnellere (wenn auch mit mehr Bugs behaftete) Release-Option.
Microsoft reagierte: Man teilte das Insider-Programm in zwei sogenannte öffentliche “Ringe“ auf. Nutzer im “Fast-Ring“ erhalten eine neue Build zuerst. Erweist sich diese als stabil genug, wird sie auch für den “Slow Ring“ veröffentlicht. Der Fast-Ring ist im Laufe der Zeit sogar noch „faster“ geworden. Dem Tester ist es dabei selbst überlassen, für welchen Weg er sich entscheidet.
Erreicht eine Build den öffentlichen Fast-Ring, hat sie natürlich bereits einige Stufen der internen Kontrolle bei MSFT durchlaufen. So gibt es noch drei nicht öffentliche Ringe, die Mitarbeitern der Company vorbehalten sind. Der “Canary Ring“ (tägliche Versorgung mit der jeweils aktuellen Build) macht den Anfang und prüft auf schwere Fehler. Danach erfolgt die Freigabe für den “OSG Ring“ (Operating Systems Group), als weitere Absicherung. Als letzter Stepp vor dem öffentlichen Roll-Out, wird die entsprechende Version im (schon größeren) “Microsoft Ring“ ausgerollt. Erst danach findet eine Build ihren Weg auf unsere Hardware.
Im weiteren Verlauf wertet ein spezielles Team neues User-Feedback aus: Angefangen vom Design einzelner Buttons, über die Stabilität, bis hin zu ganzen Konzepten für die Sprach-Assistentin “Cortana“, lassen sich die Tester einiges einfallen.
In vielen Fällen wurden User-Wünsche durch Microsoft auch konkret umgesetzt. Angefangen bei der nachgereichten Funktion, das Startmenü um zwei weitere Kachel-Reihen zu erweitern (Desktop), über den geforderten Taschenlampen-Button (Mobile / Quick Settings), Icon-Sets die komplett zerrissen wurden, oder auch die „verlinkten Posteingänge“ (Outlook-App / Desktop). So haben die Tester das heutige Erscheinungsbild von Windows 10 in unzähligen Bereichen mitgestaltet.
Anderes Feedback, wie z.B. das bei vielen unbeliebte runde Format für Kontakt-Bilder und andere Designelemente, wurde von Microsoft trotz einiger Kritik beibehalten.
Der Großkonzern kann nicht jeden Wunsch umsetzen – das sollte auch nicht der Anspruch sein. Man muss viel eher eine Balance zwischen eigener Strategie und den Wünschen der Nutzer finden. Wäre jeder Vorschlag umgesetzt worden, hätten wir heute das chaotischste OS der Welt auf unseren PCs und Smartphones laufen. Microsoft ist schließlich ein Entwickler und darf sich durch die vielen, unterschiedlichen Vorstellungen der User auch nicht treiben lassen – muss vielmehr das große Ganze im Blick haben und eine Vision verfolgen.
Diese hatten die Entwickler bei Windows 8 offensichtlich nicht wirklich. Viele redeten sogar schon vom beginnenden Untergang des Marktführers. Zu groß war die Ablehnung der User. Kaum einer glaubte daran, dass sich Windows nochmal auf die Erfolgsspur bringen lässt. Die Folge war ein kompletter Strategie-Wechsel, größtenteils vorangebracht durch MSFT’s neuen CEO, Satya Nadella. Er erkannte: Warum mutmaßen was der Markt will, wenn man die Käuferschaft auch direkt fragen kann.
Und die Reaktion mancher Konkurrenten gibt dem Großunternehmen Recht: Apple z.B. kündigte im Juni 2015 ein eigenes Insider Programm an.
Trotzdem ist auch nicht alles nur rosig: Microsoft hat nach wie vor ein Problem mit dem Einhalten von selbst auferlegten Deadlines und mit der Kommunikation. Ein gutes Beispiel: Windows 10 sollte allen Testern als Dankeschön komplett umsonst angeboten werden. Eine Aussage, welche das Unternehmen später klammheimlich in seiner eigenen Blog-Ankündigung merkwürdig umschrieb. Dies führte zu Vermutungen, das einstige Versprechen könnte sich in Rauch aufgelöst haben. Letztendlich war es den Testern nun doch möglich, das Programm bei Erscheinen der finalen Build zu verlassen und sich so eine kostenlose Version zu sichern, welche auch nicht zeitlich limitiert wurde. Das ganze Prozedere war für viele letztendlich aber einfach nur unübersichtlich und verwirrend. Und dieses unkoordinierte Vorgehen zieht sich teilweise immer noch durch Microsoft’s Kommunikations-Strategie (auch abseits der Insider-Welt).
Lichtblick innerhalb des Informations-Dschungels: Gabriel Aul (Vice President, WDG Engineering Systems Team und Gesicht des Insider-Programms) informiert die Nutzer regelmäßig und vorbildlich über aktuelle Entwicklungen auf Twitter und geht auch direkt auf so manche Frage ein. Er wird auch nicht müde, jeden Tag den Satz „No new build’s today“ zu posten, wenn mal wieder keine neue Version zu erwarten ist. Insider fragen auf Twitter nämlich regelmäßig und mit Nachdruck danach. Aul kümmert sich allerdings leider um die Insider aus der ganzen Welt. Regionale Ansprechpartner gibt es nicht. Einen wirklichen Support findet man nur in Microsoft-Foren.
Es gibt aber auch noch eine andere Seite. Allzu oft beschweren sich Nutzer über neue Bugs, ohne anscheinend Notiz davon genommen zu haben, dass diese von Microsoft auch kommuniziert wurden. In der Feedback-App fordern zudem unglaublich viele User (auch aus Deutschland) eine direkte Antwort von Gabe Aul (oder einem sonstigen Vertreter Microsoft’s) auf ihr eingereichtes Feedback.
Diesen Leuten kann man nur entgegnen: Ihr habt das Insider-Programm nicht verstanden. Bitte bleibt bei der offiziellen Version. Wer ein experimentelles Betriebssystem für den täglichen Einsatz nutzt, kann sich am Ende einfach nicht beschweren, wenn es nicht flüssig läuft. Es ist außerdem das Mindeste, sich die Release-Notes einer Build durchzulesen – am Besten vor der Installation. Es kann schließlich auch eine Build überspringen werden, sollte einem ein bekannter Bug nicht passen – diese Freiheit gibt Microsoft seinen Testern natürlich.
Mit dem Windows-Insider-Programm hat Microsoft ein gutes Fundament für ein erfolgreiches Windows 10 gesetzt. Früher hatte man das Gefühl, Microsoft wäre ein alter, verbitterter Familien-Patriarch, der absolut immun gegen Feedback und Vorschläge ist und auf Biegen und Brechen seine Vision durchsetzen will – egal was es kostet. Heute lebt das Unternehmen (schon viel mehr) eine Kultur der Offenheit und versucht sich den Wünschen seiner Nutzer anzupassen – nicht mehr umgekehrt.
Auch in Redmond scheint man vom Erfolg überzeugt zu sein: Man gab letztes Jahr nämlich bekannt, auch über die Einführung der offiziellen Windows 10 Version hinaus, an der Insider-Preview festhalten zu wollen. Mehr noch: Ein kleiner Kreis speziell ausgesuchter Insider, wurde vor einigen Wochen in ein neues Programm eingeladen – und hier geht es auch um Feedback und Wünschen zu neuer Hardware. Microsoft überträgt das Insider-Konzept also auch auf andere Bereiche. Windows 10 hat aktuell ca. 200 Millionen Nutzer und verbreitet sich besser als Windows 8 und sogar besser als Windows 7. Gratis-Update hin oder her. Windows 10 kann, in Anbetracht der Niederlagen der letzten Jahre, vorsichtig als „erfolgreich gestartet“ gewertet werden – und daran haben auch Millionen von Insidern ihren Anteil.
Seid ihr Windows-Insider? Und wie hat Euch das Programm gefallen? Plant ihr weiter daran teilzunehmen? Wir freuen uns über Eure Kommentare.
Ich glaube kaum, dass dieser Satz stimmt: „Am 30. September 2015 wurde Windows 10 das erste Mal offiziell vorgestellt“ bei euch im Artikel ganz oben, was Fett geschrieben ist. Windows 10 war zu dem Zeitpunkt doch schon 2 Monate auf dem Markt.
Ehrensache, erst recht mit nagelneuem Microsoft Lumia 950 XL im Fast Ring aktiv mitzuwirken! Und es lohnt sich! Seit Auslieferung auf Build 10.586.0 schon vier neue Builds bis zur aktuellen 10.586.63 plus Firmware-Update u. das Gerät läuft super störungsfrei! Zudem Aktualisierungen vieler hauseigener Apps, besonders vorteilhaft z.B. für Kamera u. Navigationslösung! Was will man mehr, zudem gratis Display Dock nebst MS Office 365 personal beides über Lumia Offers u. vielleicht irgendwann das personalisierte Leder-Cover von Mozo Accessoires… Bin hochzufrieden, zumal verknüpfter Mail-Eingang, Möglichkeiten zum Versand aller Arten von auf dem Smartphone gespeicherten Dateien u. schließlich Continuum… Bleibe natürlich am Ball… Weiterlesen »
Also ich hab windows 10 auf meinem Acer Aspire Switch 10FHD und auf meinem Microsoft 535 (Insider) und muss sagen dass es mir sehr gefällt.
@Jayveetee: Stimmt natürlich. Ein kleiner Zahlendreher. Natürlich geschah dies in 2014. Wurde bereits geändert. 😉