Nokia Handys waren einst das Nonplusultra. Wer in früheren Zeiten ein Handy nutzte, griff meist zu einem Nokia Handy. Klar, es gab noch andere Hersteller wie z.B. Sony Ericsson, aber die Popularität von Nokia war lange Zeit ungebrochen. Und heute?
2007 stellte Apple dann sein erstes iPhone vor. Ein (für heutige Verhältnisse) kleines Handy mit Touchscreen. Man nannte es „Smartphone“. Und was machte Nokia? Man sah es gelassen an. Wer soll denn sowas auch brauchen? Als die Popularität des iPhones stieg, entschied man sich auch bei Nokia dazu, Touchscreen-Handys zu bauen. Man blieb softwaretechnisch jedoch bei Symbian OS und ergänzte es einfach um die Bedienbarkeit via Touchscreen. Als Google zum Angriff aufs iPhone und Apple ansetzte, war Nokia noch immer eine wichtige Nummer. Doch man unterschätzte zu diesem Zeitpunkt nicht nur Apple und das iPhone, sondern auch Google mit dem quelloffenen Betriebssystem Android.
Kürzen wir an dieser Stelle mal etwas ab. Nokia verlor seine Marktmacht markant zugunsten der beiden grossen Konkurrenten. In der Verzweiflung kam die Zusammenarbeit mit Microsoft gerade recht. Denn der Konzern aus Redmond wollte ein drittes Betriebssystem für die Enduser etablieren. Windows Phone hiess es. Was beide Konzerne zu diesem Zeitpunkt gemeinsam hatten? Sie hatten den Trend in Richtung Smartphones verschlafen. Eine Zusammenarbeit schien die Lösung zu sein. Microsoft als Entwickler des Betriebssystems, Nokia als Marke und noch immer in vielen Köpfen stark etabliert. Viele Nokia-Fans und natürlich auch Fans von Windows Phones, griffen zu den neuen Nokia Lumia-Geräten.
An dieser Stelle können wir zusammenfassen, was aus der Partnerschaft wurde. Nokia machte einige, für damalige Verhältnisse, gute Smartphones mit einer genialen Kamera. Nur das Betriebssystem war eben „mäh“. Kaum Funktionen, lange Zeit nichtmal ein Action Center, viele leere Versprechungen, kaum Apps und wenig geliefert. Klar, die Windows Phone-Fraktion beteuerte bei jeder Gelegenheit, dass sie ja gar keine Apps brauchen würden und eh alles komfortabel über den Browser erledigen können. Aber naja, wer damals ein Nokia mit Android oder iOS verglich, dem wurde der Neid einfach ins Gesicht geschrieben. Und ein weiteres Problem zeigte deutlich, was die Welt (bis auf die wenigen Windows Phone Enthusiasten) von einem dritten Betriebssystem hielt: nichts. Entwickler sprangen zwar zu Beginn massenhaft auf den Windows Phone-Zug auf, allerdings nur, weil Microsoft sie für ihre Arbeit und die Entwicklung von Apps im Store bezahlte. Liefen diese Vereinbarungen aus, kamen auch keine neuen Apps mehr und der Windows Store entwickelte sich zum Leichenschauhaus für Apps. Die letzten Smartphones mit Windows 10 Mobile als Betriebssystem wurden dann auch nicht mehr unter dem Namen Nokia vermarktet, sondern unter dem Namen Microsoft. Das Microsoft Lumia 950 und 950XL wurden geboren.
Und Nokia? Zog sich zurück, um einige Zeit später unter HMD Global wieder zum Leben erweckt zu werden. Viele Windows Phone-Enthusiasten waren der Meinung, dass Nokia es geschafft hätte, wenn Microsoft mehr für die Windows Phone-Plattform getan hätte. Klar, die „dummen“ Handys, aka Featurephones, wurden in der Zwischenzeit weiterproduziert und verkauft, aber eben keine Smartphones. Der Wunsch nach neuen Smartphones war gross. Gefühlt jeder ehemalige Windows Phone-Nutzer wollte wieder ein Nokia-Smartphone kaufen. Wieso? Weil der Name eben noch immer in den Köpfen verankert war. Weil die Qualität von einst bei den Windows Phones noch immer gut war und die Kamera der Geräte auch lange Zeit nach dem Ableben von Windows Phones noch für gute Schnappschüsse sorgte. Und wennschon zähneknirschend eines der Systeme des „Feindes“ nutzen, dann am liebsten eben mit einem ehemaligen Freund.
Nokia setzte auf das von Google ins Leben gerufene Android One-Programm, welches den Usern schnelle Updates in Aussicht stellte, weil das Android kaum modifiziert wurde. Andere Hersteller wie Samsung, Xiaomi, Realme und Co. Stülpen ihr eigenes Aussehen über das offizielle Android und diese Anpassungen brauchen jedes Mal viel Zeit, wodurch Updates eben nicht immer und direkt kamen. Dem wollte Nokia entgegenwirken. Das tat man auch. Updates kamen regelmässig. Aber man hatte am falschen Ort gespart. Denn die Geräte konnten nicht mit aktuellen Flaggschiffen mithalten. Hard- und Software spielten oft nicht so gut zusammen, um das Maximum aus den verbauten Komponenten zu holen. Die Kamera war eher durchschnittlich als überragend. Vom ehemaligen Glanz war nicht mehr allzu viel übrig.
Viele Leute gaben Nokia eine zweite, resp. Sogar dritte Chance. Doch Nokia hat in meinen Augen verspielt. Die Geräte sind solide, aber, gemessen am Preis, nicht konkurrenzfähig, resp. Bieten zu wenig Leistung. Nokia hätte es lange in der Hand gehabt, etwas daran zu ändern und konkurrenzfähige Geräte auf den Markt zu bringen, doch das passierte nicht. Entweder waren die Geräte gut, aber viel zu teuer, oder eben nur solide, gemessen am Preis. Schaue ich in mein persönliches Umfeld, so sehe ich, dass Nokia keine Bedeutung mehr hat. Keiner meiner Freunde, Bekannten, Arbeitskollegen und dergleichen nutzen noch ein Nokia Smartphone. Beliebter bei der Generation 70+ sind dafür noch immer Nokia Featurephones, also die „dummen“ Handys, die mittlerweile aber sogar mit WhatsApp umgehen können.
Ob sich das Smartphone-Geschäft für Nokia überhaupt noch lohnt? Ein Blick auf die aktuellen Verkaufszahlen zeigt ein düsteres Bild. Ich persönlich glaube, dass die besten Tage von Nokia gezählt sind. Die Marke wird sicherlich nicht sterben, aber eben künftig wohl eher für die Featurephone-Sparte leben, als für Smartphones. Ob Nokia wirklich gar keine Chance mehr hat? Bislang haben sie es mit keinem Betriebssystem nach der Handy-Ära geschafft, sich ein grosses Stück vom Kuchen zu sichern. Wir wissen alle, wie schnell ein Markt sich verändern kann. Noch vor zwei Jahren war Huawei an der Smartphone-Spitze, heute und einige trumpsche Sanktionen später, ist davon praktisch nichts mehr übrig. Huawei ist in der Bedeutungslosigkeit verschwunden und wird dort wohl auch bleiben. Selbst die eigene Tochtermarke Honor wurde mittlerweile verkauft. Wer weiss, ob Nokia in einigen Jahren nicht nochmals zu einem Rundumschlag ausholen kann. Aktuell sieht es aber leider nicht danach aus.
Dies ist ein Kommentar des Autors und wiederspiegelt nicht die Meinung der Kolleginnen und Kollegen des Blogs.
Hoffe, dass HMD Nokia als Player auf dem Markt bleibt. Vielfalt ist immer besser, als eingeschränktes Angebot. Android One, ohne Bloatware, ist ein gutes Konzept. Durchgängig Wechselakku und die Wahlmöglichkeit, die Google Dienste bei der Erstinbetriebnahme abzuwählen, wären perfekt.
Wechselakku ist für den Main Stream aber ein NoGo, da das Phone dadurch dicker wird. Zudem ist die Herstellung mit Wechselakku auch spürbar teurer.
Und das mit den Google Diensten ist nicht möglich. Das verbietet Google ausdrücklich.
Entweder sie sind bei Modell XY IMMER vorinstalliert, dann darf auch mit dem Namen Android geworben werden oder eben nicht. Schon wenn die Option angeboten wird, darf NIRGENDWO Android auch nur erwähnt werden!
Zudem: Teilnahme am Android One Programm setzt voraus, dass man die Google Dienste vorinstallieren MUSS!
Ist halt kein Kirschen picken möglich. Entweder… Oder. Alles ist unmöglich. Leider.
Setzt Android One wegen der Update-Versorgung Google Dienste zwingend voraus? Gibt doch auch offenes AOSP, ohne Google Dienste. Erhält offenes AOSP keine Android-Updates, nur weil Google Dienste fehlen? Dann muss der Smartphone-OEM, der AOSP nutzt, selbst für Updates sorgen – woher soll er die Updates nehmen, wenn nicht von Google? 🤔
Davon abgesehen: Mir würde AOSP ohne Google Dienste absolut genügen. Bin mit dieser Ansicht aber klar Aussenseiter.
Trotz wirklich erstklassiger Hardware kann man da mit den bloß wenigen hundert Mitarbeitern (trotz purer AndroidOne-Software) all den Anforderungen bezüglich doch noch notwendiger Software-Anpassungen auf Dauer nicht gewachsen sein und ist so auch gar nicht wirklich massenmarkt-tauglich. Ein Nischen-Zwerg gegenüber der gewaltigen Konkurrenz, der sich nur durch den großen Namen gerade noch aufrecht gehalten hat und hält… …nachdem Nadellas Microsoft die gesamte langjährig gewachsene Infrastruktur geradezu bösartig destruktiv „verwertend“ abgebaut und praktisch nur den nackten Markennamen „zurückgegeben“ hat!.. Die sich zuletzt vermeintlich verbessernde Rentabilität ist da wohl bloß auf radikales Zurückfahren von eigentlich wichtigen Investitionen und Abbau von Mitarbeitern zurückzuführen.… Weiterlesen »
Nokia hatte sich auch in den eher wenig erfolgreichen Tagen mit Symbian und WindowsPhone einen Ruf aufbauen können hervorragende Kameras in Handys zu bieten. Darauf hätte HMD aufbauen müssen. Nokia = Super Kamera. Huawei hat das auch geholfen hier im Westen. Aber bis auf das wohl gescheiterte Nokia 9 war r Fokus da nie wirklich zu sehen.
Das Problem ist, dass HMD Global niemanden hat, der die passende Software schreiben kann.
Also muss man das extern machen lassen und das wird massiv teurer. Deswegen setzt man leider auf 08/15 Software, weil mehr in dem veranschlagten Preisrahmen nicht drin ist.
Sehr gute Zusammenfassung. Nokia hat es nicht geschafft, ausreichende Unterscheidungsmerkmale zu entwickeln. Auch im Kamera-Bereich gab es nur Fehlschläge – gerade hier hätten sie mit Zeiss oder jemand anders was machen sollen. Aber so bleibt es bei „normale Standardhandies“ eben nur mit NOKIA drauf. Aber das reicht nicht, um im Geschäft zu bleiben.
Wenn in den heutigen Nokia Smartphones die Camera vom Lumia 950 verbaut worden wären, hätten wir das Problem nicht. Aber das scheitert wahrscheinlich an irgendwelchen Lizenzen.
Die Kamera war damals gut, für heute Ansprüche reicht es überhaupt nicht mehr. Da sind Apple, Samsung, Xiaomi und Huawei schon Lichtjahre weiter…..
Rein von der Hardware ist das was in den Flaggschiffen von Nokia steckt dem 950 weit überlegen. Das Problem bei Nokia ist die Software. Mit Google Camera App via Sideload macht sogar ein 7.2 (Mittelklasse) wesentlich bessere Bilder als das 950! Nokia bzw. HMD Global haben halt niemanden im Haus, der passend zur Hardware auch die Software entwickelt. Daher mussten sie externe Aufträge erteilen. Und die liefern nur so gute Leistung, wie sie auch bezahlt werden. Und eine Software ala Google Camera kann sich HMD schlicht nicht leisten, ohne die Preise der Geräte MASSIV zu erhöhen. Damit will ich HMD… Weiterlesen »
Für mich war bei Nokia ausreichend, dass es echtes Android One hatte, Update Garantie gegeben hat und im Vergleich zu den Pixel Geräten von Google man eine SD Karte nutzen kann. Mein einziges Problem mit Nokia: Sie halten das Update versprechen nicht mehr! Mein 7.2 steht noch auf dem März Update und Android 11 wird immer wieder verschoben (Android 12 steht schon in den Startlöchern). Ansonsten bin ich mit dem 7.2 recht zufrieden und der Preis war super dafür (hab natürlich nicht zum UVP gekauft!). Daher wird mein nächstes Smartphone definitiv ein Pixel. Ordentliche Updates sind mir wichtiger als alles… Weiterlesen »
„…Meinung des Autors“?..
Das ist eine schöne und sehr objektive Zusammenfassung der Ereignisse und der diesbezüglichen Entwicklung nach der Jahrtausendwende!
(Ich wünschte, die aufdringlich Threema und Signal anpreisenden WhatsApp-Basher hier auf diesem Blog hätten sich da ebenso dazu durchgerungen, ihre Artikel als bloße Meinungsartikel auszuweisen!)
Bloß bezüglich vermeintlich „trump’scher Sanktionen“ und „Huaweis (schwindender?) Zukunftschancen“ bin ich gegenteiliger Meinung.
Leider wurde es verpasst, die guten Kameras weiter zu nutzen und weiter zu entwickeln. Meine Frau hatte das Lumia 1020 und das Teil war der absolute Hammer. Ein Phone mit einer solchen Kamera und Android wären perfekt gewesen.
Wobei ich super zufrieden mit den Lumias und Windows war. Es gab halt dieses Problem mit den Apps und dass der Markt die dich ziemlich guten Geräte nicht so angenommen hat. LEIDER
Am Ende des Tages ist es das liebe Geld was fehlt. Und ja, dass wusste man vom startweg. Das neue Nokia hat im gesamten nicht einen Bruchteil des Budgets, was zb Samsung, Google oder Apple nur für ihre Kameras zur Verfügung hat. Wir sprachen hier über milliardenschwere Entwicklungen für die man Zeit und Geduld braucht. Ein gutes Beispiel ist hier oneplus/oppo, welche zunächst im niedrigen Preissegment arbeiten mussten, bevor sie etwas vergleichbares entwickeln konnten. Nokia dagegen startete mehr oder minder bei Null und kopierte an vielen Punkten nur. Dazu ist die Produktpalette bei weitem zu groß. 1-2 gute Phones im… Weiterlesen »