Gestern war Redmond seit langem mal wieder das Zentrum der Tech-Welt, als Microsoft auf seiner Pressekonferenz das „nächste Kapitel“ von Windows 10 einläutete. Die Erwartungen im Vorfeld waren so groß, dass Microsoft eigentlich nur enttäuschen konnte. Doch das haben sie nicht getan. Die ersten Reaktionen der Windows Communtiy, die ich aufschnappen konnte, variierten zwischen „zufrieden“ und „euphorisch“, wobei ich persönlich eher in die erste Kategorie falle.
Das gestrige Event war sehr viel größer als die erste Windows 10 Präsentation Ende September, aber noch weit entfernt von Apple-Keynote Dimensionen. Die Räumlichkeiten wirkten eher klein, die Atmosphäre familiär, und das Publikum war so lahm/nüchtern, dass Joe Belfiore selbst das Ausbleiben eines erwarteten Applauses damit entschuldigen musste, dass „wahrscheinlich alle mit Tippen beschäftigt“ sind. Im Gegensatz zur ersten PK gab es diesmal auch einen Live-Stream (das Video könnt ihr euch HIER anschauen), der für viele Zuschauer aber zu einem Buffering-Festival wurde. (Zumindest das hat man sich bei Apple abgeschaut).
Die Präsentation begann mit einem sichtlich nervösen Terry Myerson, der zunächst einmal ausgiebig den 1,7 Millionen Windows Insidern dankte, die die Technical Preview von Windows 10 bisher getestet haben. „Wir entwickeln Windows gemeinsam“, lautete das Motto und man glaubt Microsoft, dass sie es ernst meinen. Nie zuvor wurden die User so früh und ausgiebig an der Entwicklung der neuen OS Generation beteiligt und nie zuvor schien Microsoft so aufmerksam auf ihr Feedback zu hören.
Terry Myerson war es auch, der die erste gute Nachricht des Abends verkündete: kostenloses Upgrade auf Windows 10 für alle User von Windows 7, Windows 8.1 und natürlich Windows Phone 8.1. Das Angebot gilt vorerst für ein Jahr nach Release des neuen Betriebssystems. Einmal upgedated bleibt Windows 10 aber kostenlos.
Neue Features in Windows 10: viel Gutes, wenig Überraschendes
Joe Belfiore hatte dann die Ehre, die neuen Consumer Features von Windows 10 zu präsentieren. Auf dem Desktop war das vor allem die neue Benachrichtigungszentrale, die die ungebliebte Charms Bar ablöst, sowie die Integration der digitalen Assistentin Cortana.
Für 2-in-1 Geräte wie die Surface wurde das Continuum Feature demonstriert, das bisher nur als Konzept bekannt war, und einen nahtlosen Übergang zwischen veschiedenen Bedienmethoden bzw. Touch- und Desktop Umgebung ermöglichen soll.
Und dann wurde uns zum ersten Mal Windows 10 auf Smartphones und Tablets (bis 8 Zoll) präsentiert. Im Vergleich zu Windows Phone 8 sahen wir ein frischeres Design und einige lang erwartete Neuerungen wie eine interaktive Benachrichtigungszentrale, ein aufgeräumtes Einstellungs-Menü und eine Integration von Skype in den Nachrichten-Hub.
Anwendungen wie Kalender, Maps, Fotos, Music und der neue Outlook Email Client sind nun allesamt Universal Apps und sollen eine einheitliche und synchronisierte User Experience über alle Windows Geräte hinweg gewährleisten.
Die neuen, touch-optimierten Office Apps sehen vielversprechend aus, schließen aber eigentlich nur die Lücke, die derzeit zu iPhone und iPads besteht. Der neue Webbrowser Spartan könnte hingegen tatsächlich der Hit werden, den sich viele erhoffen.
Die große Überraschung blieb zwar aus, dafür präsentierte Microsoft bis dahin eine ganze Reihe sinnvoller und wohldurchdachter Entwicklungen, die man am liebsten sofort haben möchte. Was auch gleich den Haken an den schönen neuen Features benennt, denn ein genauerer Release Date für Windows 10 wurde gestern nicht bekannt gegeben.
https://www.youtube.com/watch?v=teoZk3QEc40
Neue Windows 10 Preview nächste Woche, Phones im Februar
Dafür wurde immerhin die neue Preview Version von Windows 10 für nächste Woche angekündigt (die meisten hatten wohl gehofft, dass sie gleich nach dem Event veröffentlich wird), eine Preview von Windows 10 für Phones wird wohl im Februar kommen.
Ich sage übrigens deshalb etwas umständlich „Windows 10 für Phones“, weil Microsoft darauf besteht, dass der Windows Phone Nachfolger einfach nur Windows 10 heißt (und nicht etwa Windows Phone 10, oder Windows Mobile, oder dergleichen). Die Redmonder halten also strikt an der One Windows Sprechweise fest, obwohl wie gestern in Wirklichkeit eine ganze Reihe verschiedener Ausgaben von Windows 10 gesehen haben: eine für Phones und Tablets bis 8 Zoll, eine für Desktop/Laptop/große Tablets, eine für die Xbox usw. Was wir gesehen haben, lässt allerdings auch hoffen, dass sich das ganze für den User – jenseits der Microsoft PR – auch wirklich wie eine zusammenhängende Plattform anfühlt.
Gute Nachrichten für Gamer
Die guten Nachrichten für Gamer hatte Xbox Chef Phil Spencer parat. Das Highlight: Spiele können bald von der Xbox Oneauf alle Windows PC’s und Tablet’s gestreamt werden! Einige Games werden außerdem einen cross-platform multiplayer modus unterstützen, sodass Konsolen- und PC-Spieler Online aufeinandertreffen können. Das neue DirectX 12 soll 50% mehr Leistung bei 50% weniger Stromverbrauch ermöglichen. Und mit der Möglichkeit Gaming Videos aufzunehen und über Xbox Live zu teilen, greift Microsoft einen aktuellen Trend auf (Cartman Brah!!!).
Holographic Computing – die Zukunft?
Wenn es auf der gestrigen Präsentation so etwas wie einen „one more thing“ Moment gab, dann war es die Präsentation von Windows Holographic und der HoloLens, einer neuartigen 3D-Datenbrille, die Bilder und Inhalte aus dem Computer direkt in unsere Welt einblendet. Das Wohnzimmer wird damit zum Spielfeld, ein flacher Tisch zur Schaltfläche und ein leerer Raum zur virtuellen Werkstatt für 3D-Modelle. Ich dachte ja zuerst, das sei ein weiteres Gimmick wie die gefloppte Google Glass, oder die VR-Brille Occulus Rift. Aber Microsoft scheint es mit „holographic computing“ wirklich ernst zu meinen:
„Der Fortschritt unserer Branche ist markiert von Momenten, in denen neue Kategorie entsteht. Windows 10 und Holographic Computing ist ein solcher Moment“, so Microsoft Chef Satya Nadella. Und die Kollegen, die das Glück hatten HoloLens ausprobieren zu können, waren allesamt begeistert.
Ist Windows Holographic die Zukunft? Vielleicht. Nein, wahrscheinlich sogar. Aber ich glaube, die Zukunft von Windows wird sich nicht an der HoloLens entscheiden.
https://www.youtube.com/watch?v=aThCr0PsyuA
Satya Nadella – Vision und Emotion
Satya Nadella, der als letzter die Bühne betrat, hatte darüber hinaus kein „one more thing“ dabei. Er war gestern nicht der Mann für die Announcements, sondern für die Visionen und Emotionen.
„Wir wollen WIndows entwickeln, von etwas, das Leute brauchen, zu etwas, das Leute wollen, zu etwas, das User lieben“.
„Windows 10 ist für eine Welt entwickelt, in der es mehr Geräte geben wird als Menschen. Das bedeutet, dass die Mobilität der Nutzer-Erfahrung zählt, nicht die Mobilität des Gerätes.“
Und eine erfreuliche Ansage für alle gescholtenen Windows (Phone) User:
„Windows ist die Heimat für die besten Microsoft Erfahrungen. Wir werden unsere Dienste überall haben, aber wenn es um Windows geht, häufen wir nicht nur Apps an, sondern integrieren alles nahtlos ineinander.“
Es war ein souveräner, teilweise mitreissender Auftritt des Microsoft Chefs, der dem ereignisreichen Event nochmal einen klaren Fokus für die Zukunft mitgab.
Microsoft hat eine ganze Menge richtig gemacht
Als ich diesen Artikel begonnen habe, habe ich mich dazu bekannt, eher „zufrieden“ als „euphorisch“ zu sein. Während des Schreibens ist das Pendel aber langsam umgeschlagen, die Euphorie gewachsen. Indem ich das Windows 10 Event habe Revue passieren lassen, merkte ich, dass Microsoft doch eine ganze Menge richtig zu machen scheint. Einziges Manko: Windows 10 ist noch eine wudnerschöne Zukunftsmusik. Bis das finale Release Realität wird, wird Microsoft noch einige Stolpersteine überwinden müssen. Und die Tech-Welt wird sich ein ganzes Stück weitergedreht haben.
Doch zumindest für den Moment, ist Microsoft das aufregendste Technologie-Unternehmen der Welt. Und das war es seit Ewigkeiten nicht mehr. Genießen wir diesen Moment, solange er anhält. Und warten wir mit angemessener Vorfreude auf das, was kommt. Die nächsten Monate werden auf jeden Fall spannend.
Das Preismodell ist mir immer noch nicht ganz klar: Habe ich 1 Jahr Zeit für das Upgrade, damit es für immer kostenlos ist oder muß ich nach 1 Jahr auf jeden Fall zahlen, wenn ich weiterhin (Funktions?-)Updates haben will? In letzterem Fall würde das Ganze verdächtig nach einem Einstieg in ein Abomodell riechen. Das ist der einzige Punkt, der mir an dem Abend nicht gefallen hat.
Ersteres: Ein Jahr lang Zeit upzudaten. Nach dem Update bleibt Windows 10 auf Lebzeiten kostenlos.
Ich kann MS leider nur ein „stehts bemüht“ geben. – Kein Überraschungen was Win10 angeht. GUI überarbeitet und Cortana ist ofiziell drin. Keine Infos zur Preispolitik o.ä. – Neue Browser. Brauch die Welt nicht hätten sie auch den IE überarbeiten können, wenn es technisch nicht sogar so ist: also reines Marketing. Browser ist wieder Closed und nur für Windows. – Windows Phone: Ebenfalls nur optische Verbesserungen und Marketing Blabla. Eine übersichtliche Systemsteuerung wow! Kein Kommentar zu Android Apps auf Windows (das wäre was gewesen wo ich gesagt hätte: super MS mutiger schritt) – HoloLens: Für mich der größte Fake überhaupt:… Weiterlesen »
das mit einem Jahr kostenlos habe ich so verstanden, dass alle ein Jahr Zeit haben kostenlos zu upgraden. wer sich in diesem Jahr nicht entschieden hat Windows 10 zu installieren der muss sich eine Lizenz kaufen.
– Aussagen zur Preispolitik gab es – muss man nur genau hinhören – Die Sache mit dem neuen zweiten Browser finde ich auch etwas .. dubios, wenn am Ende wieder nur Trident unter der Haube werkelt. Aber wer weiß.. – der Windows Phone Teil hätte spektakulärer ausfallen können – andererseits wurde eine kürzere Wartezeit in Aussicht gestellt, als ursprünglich angenommen; was freilich mehr als gerne gesehen wird. – Holographics ist auf jeden Fall spanend – die Frage wird sein, wer gewinnt die Gamer, wer das Fernsehen, die Filmseher, und vor allem: wer gewinnt die Kreativen, die die Programme/Design, etc. dafür… Weiterlesen »
Also wenns technisch einwandfrei funktioniert, würde das jedes Display überflüssig machen – wozu also noch Monitore, wenn das Ding alles kann – vom Projizieren einzelner 3-D Objekte, vieler 3-D Objekte, oder ein “virtuelles” Display direkt vor dem Auge. Ich denke das könnte tatsächlich einiges revolutionieren, wenns gut gemacht wird (auch für Spiele, wenn der Input Lag gering ist).