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Microsoft zahlt 26,2 Milliarden Dollar – Darum ist LinkedIn so teuer

Es ist die größte Übernahme in der Geschichte von Microsoft: für 26,2 Milliarden Dollar kauft der Software-Riese das Karriere-Netzwerk LinkedIn. 26,2 Milliarden Dollar – bei dieser Summe musste so mancher Leser erstmal schlucken, zumal LinkedIn hierzulande eher eine Marke der Kategorie “schonmal gehört” ist und sich hinter dem nationalen Konkurrenten Xing einreihen muss.

Auch die Börse reagierte zunächst skeptisch. Nach der Ankündigung der Übernahme verlor die Microsoft Aktie fast 4%. Die LinkedIn Aktionäre dürfen hingegen jubeln: Microsoft bietet 196 Dollar pro Aktie und damit einen Aufschlag von fast 50% gegenüber dem Schlusskurs des Vortages.

26,2 Milliarden Dollar mag verrückt klingen, die Summe reflektiert aber zunächst einmal die Tatsache, dass Microsoft hier kein Start-Up, sondern ein gereiftes Unternehmen kauft. LinkedIn, Ende 2002 gegründet, ist schon seit über 5 Jahren an der Börse gelistet, es beschäftigt rund 9200 Mitarbeiter und wies zuletzt einen Quartalsumsatz von 861 Millionen Dollar aus. Das Karriere-Netzwerk gehört damit schon zum Silicon-Valley Establishment – nicht mehr so jung und sexy wie die neuen Internetstars, aber solide und mit bewährtem Geschäftsmodell.

Viele Branchenkenner zeigen daher auch Verständnis für die hohe Bewertung: “LinkedIn ist eine erstklassige Firma und verdient eine erstklassige Bewertung” , wird ein Analyst zitiert. Tatsächlich stand der Aktienkurs im vergangenen Jahr noch bei über 270 Dollar – daran gemessen, hätte Microsoft geradezu ein Schnäppchen gemacht. 

Darum ist LinkedIn für Microsoft so wertvoll

Mit dem E-Learning Portal Lynda hat LinkedIn selbst vor Kurzem eine Milliardenübernahme gestemmt, die für Microsoft strategisch von Interesse ist (ein anderer LinkedIn Zukauf – Slideshare – dürfte unseren Lesern von den Adduplex Statistiken bekannt sein).  Das wertvollste Asset des Unternehmens ist aber eindeutig seine Kundendatenbank.

Das Netzwerk vermeldete zuletzt 433 Millionen registrierter Nutzer, immerhin 106 Millionen davon sind regelmäßig aktiv. Und mit dem Fokus auf Karriere, Geschäftskontakte, Produktivität, spricht LinkedIn dabei exakt die Zielgruppe von Microsoft an. Seitdem sich Office 365 von einer Programmsammlung zu einem plattformübergreifenden Cloud-Service gewandelt hat, betreiben die Redmonder selbst so etwas wie ein Karriere- und Produktivitäts-Netzwerk. Vor allem hier sieht Microsoft Chef Satya Nadella großes Synergiepotential. In einem Schreiben an die Beschäftigten schwärmt er:

“Wie Leute Jobs finden, Qualifikationen erwerben, Marketing betreiben, ihre Arbeit erledigen, um letzten Endes Erfolg zu finden, erfordert eine vernetzte Geschäftswelt. Es bedarf eines dynamischen Netzwerks, das die Informationen eines Fachmanns aus LinkedIns öffentlichem Netzwerk mit den Informationen in Office 365 und Dynamics zusammenbringt. Diese Kombination wird ganz neue Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel ein LinkedIn Newsfeed, der ihnen Artikel zu genau dem Thema anbietet, an dem Sie gerade arbeiten, oder ein Office, das ihnen über LinkedIn einen Experten vorschlägt, um Ihnen bei der Aufgabe zu helfen, die sie erledigen möchten. Wenn solche Erfahrungen intelligenter und reizvoller werden, wird auch das Interesse an LinkedIn und Office 365 steigen. Und im Gegenzug, wird uns das neue Möglichkeiten zur Monetarisierung erschließen, über individuelle Lizenzen, Firmenlizenzen oder zielgruppengerechte Werbung.”

Wie jeder Deal dieser Größenordnung, birgt aber auch die LinkedIn Übernahme zahlreiche Risiken. Microsoft kauft den einstigen New Economy Höhenflieger in einer Schwächephase: die Wachstumsraten sinken seit mehreren Quartalen kontinuierlich, der Verlust fiel zuletzt deutlich höher aus, als erwartet. Nach Bekanntgabe der letzten Quartalszahlen brach der Aktienkurs von LinkedIn um fast 30% ein, die Wachstumsphantasien waren seitdem deutlich getrübt.

Um die Übernahme zu realisieren, musste Microsoft dem umworbenen Internetunternehmen zudem weitestgehende Unabhängigkeit zusichern. Die Marke LinkedIn bleibt bestehen und operationell eigenständig. Der bisherige CEO Jeff Weiner wird LinkedIn weiter führen und direkt an Satya Nadella berichten. Windows-Guru Paul Thurrott warnt deshalb, dass Microsoft denselben Fehler begeht, wie einstmals bei der Skype Übernahme. Damals machten die Redmonder ähnliche Zugeständnisse und taten sich in Folge dessen schwer, den VoiP-Dienst effektiv in die eigenen Produkte zu integrieren. In diesem Sinne schreibt Thurrott sarkastisch:

“Also mal sehen: Microsoft zahlt vier Nokias für eine Firma, die sie wie Skype behandeln werden. Klingt das für irgendjemanden wie ein Erfolgsrezept?”

Klar ist: Satya Nadellas Erbe wird ab jetzt untrennbar mit dem LinkedIn Deal verbunden sein. Bisher hat der Nachfolger von Steve Ballmer ein gutes Händchen bei der Entwicklung von Microsoft bewiesen. Mit 26,2 Milliarden Dollar ist der Einsatz diesmal aber verdammt hoch. Die Zukunft wird zeigen, ob Nadella auf die richtige Karte gesetzt hat.


Quellen: LinkedIn, SPON, Handelsblatt

 

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  • Viel geld ? nur einen bruchteil davon für die Lumias und wir wären viel weiter ?

    • Ich ginde MS hat viele Entwickler und eine Marketingabteilung. Wahrscheinlich müssten die nur arbeiten.... Viel Geld müsste da nicht zusätzlich fliessen.

    • Ein Bruchteil? Wenn ich bedenke was Windows Phone seit seinem start an Kosten verursacht hat, dann hat Microsoft mehr als einen Bruchteil in seine mobile Plattform investiert!

  • Ich halte diese Übernahmestrategie für absolut unpassend zu Microsoft. Sie würden lieber mehr Geld in die Werbung investieren und den Store, die Apps und W10 Mobile pushen.

    • Die Frage stelle ich mir auch. Der rennt offenbar mit Tunnelblick dahin und sieht nur Business-Kunden und alles was damit zusammenhängt. Ich sehe es als grundlegend falsch an, sich in der heutigen Zeit derartig zu spezialisieren. Googles Strategie sieht da bedeutend besser aus, die mischen überall mit. Ich denke, in 10Jahren wird Google alles beherrschen, was nur annähernd mit IT zu tun hat, Microsoft wird nur noch eine unbedeutende Rolle spielen und vielleicht sogar bereits zum Google Imperium gehören, Nadella sei Dank.....?

  • Hier geht es nicht um Einnahmen von Premium Accounts oder so, hier geht es um Daten und Daten sind, wie viele Analysten schon geschrieben haben, das neue Öl. Und MS ist nicht "nur" Windows, das muss halt mal in den Kopf der Menschen rein. Ja als WM Fan denkt man sich mit ein bisschen von der Summe könnte man die WM Sparte neu beleben. Nein könnte man nicht, nicht zum jetzigen Zeitpunkt.

  • Wieder ein Schuß in den Ofen, nur kostet er diesmal das Dreifache, was Nokia mal gekostet hat. Warum war den LinkedIn halbwegs erfolgreich? Weil sie unabhängig waren! Ich kenne kaum einen Manager, der jetzt noch seine Vita dort stehen lässt.

  • Hätte Microsoft lieber mal den Bruchteil davon an die App-Entwickler gezahlt, die iOS u. Android immer weiter pushen u. WP8 u. sogar W10M verrecken lassen mit dem Argument zu weniger Nutzer?...Beispielsweise Payback bietet die Pay-Funktion nicht u. Amazon kein Prime Instant Video, Music immerhin über Drittanbieter... Und Edeka zog die auch unter W10M perfekt laufende App ganz zurück ... Paypal u. eBay sollen folgen... Es reicht allmählich... Und das sage ich als ansonsten vom OS u. dem Lumia 950 XL schwer begeisterter Insider Fast Ring der ersten Stunde (Redstone 14361.1000)! Ärgerliche Grüße aus Cottbus von Hirsch71

  • Erinnert sich noch jemand an Übernahmen wie Navteq durch Nokia oder Autonomy durch HP? Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, daß der bezahlte Preis absurd überhöht war (im Falle von Navteq hatte Nokia dann ja noch nicht einmal mehr genug Geld übrig, um die Mitarbeiter weiterhin zu bezahlen, und die Kartenqualität wurde ständig schlechter).

    LinkedIn ist insgesamt gesehen defizitär, und die meisten Mitglieder sind vermutlich genauso wie ich (registriert seit 2008) Karteileichen mit kostenlosem Account. Außerdem prüft doch bei LinkedIn sowieso niemand nach, was da in den Profilen steht - eine Ex-Kollegin von mir hat geheiratet und jetzt ihr Profil mit Kompetenzen wie "Fenster putzen" und "Wäsche waschen" umgestaltet - ging einwandfrei als "Qualifikation" durch.

    Dafür spart Microsoft an anderer Ecke, beispielsweise bei der Lokalisierung der Produkte. Da werden inzwischen nicht nur indiskutable Preise für Freiberufler bezahlt, das Projektmanagement sitzt jetzt zum Teil auch in Vietnam und kann kaum Englisch. Aber an anderer Stelle werden die Milliarden nur so verpulvert...

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Königsstein

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