Eines muss man Apple lassen: der Rollout eines iOS Updates hat in der Regel etwas von einer perfekt getimten Militäroperation. Auf Befehl schwärmen die Updates von Apple’s Servern aus um iPhones auf der ganzen Welt praktisch zeitgleich auf den neuesten Stand zu bringen.
Der Windows Phone User hat sich hingegen schon an leicht chaotische Zustände gewöhnt, wenn mal wieder eine größere Aktualisierung ansteht. Wer, Wann, Wie die neueste Version von Windows Phone erhält, scheint in der Regel nicht mal Microsoft zu wissen.
Das liegt nun aber nicht (oder zumindest nicht nur) daran, dass Microsoft planloser vorgeht als Apple, sondern dass bei einem WP-Update viel mehr Parteien ihre Hände im Spiel haben.
Zuerst stellt Microsoft die Grundversion des Updates bereit, zum Beispiel das GDR 1 von WP 8.1. Diese wird dann von den verschiedenen Geräteherstellern angepasst und mit eigenen Firmware Updates versehen. Bei Nokia heißt die resultierende Version dann zum Beispiel Lumia Denim. Um diesen Prozess abzukürzen und die neuste OS-Version schneller an den User zu bringen, stellt Microsoft die Updates auch als Developer Preview bereit. Doch auch das läuft nicht immer ohne Probleme, wenn es wiederum heißt die Firmware Updates der OEMs mitzunehmen.
Zu allem Überfluss mischen sich nun auch noch die Netzbetreiber ein und bestehen darauf, die Updates ihrerseits abzusegnen und ggf. an die eigenen Anforderungen anzupassen. So kann es vorkommen, dass ein und dasselbe Smartphone Modell, sagen wir das Lumia 1520, bei Vodafone das Update früher bekommt als bei T-Mobile und bei O2 überhaupt nicht. Mit einem ungebrandeten Gerät („country variant“) ist man hier in der Regel auf der sicheren Seite. Allerdings kann es hier passieren, das gewisse Carrier-spezifische Funktion mit Updates verloren gehen – so jüngst geschehen mit der Mobilbox Pro von T-Mobile.
Apple hat solche Probleme vor allem deshalb nicht, weil es den ganzen Update-Prozess selbst in der Hand hat und andere nach seiner Pfeife tanzen lässt – insbesondere die Netzbetreiber, die dem iPhone Hersteller mehr als eine Extrawurst gönnen. Die Netzbetreiber dürfen neue iPhone-Updates zwar (innerhalb einer von Apple vorgegebenen Frist!) testen, haben ansonsten aber keinerlei Mitspracherecht. Natürlich gefällt das den Providern nicht. Aber Apple nutzt immer wieder die eigene Marktmacht aus, um T-Mobile und Co. seine Bedingungen zu diktieren.
Mit Apple’s Update-Disaster wurde nun aber der Alptraum der Netzbetreiber wahr. Falls es jemand noch nicht mitbekommen hat: das gestern veröffentlichte iOS 8.0.1 legte beim iPhone 6 den Netzempfang lahm. Apple musste das Update zurückziehen und seinen Kunden ein Downgrade empfehlen.
Auch wenn sich der Schaden durch den schnellen Stop des Updates noch in Grenzen hält: Das ist ziemlich genau das Szenario, vor dem die Netzbetreiber (nicht ganz unberechtigte) Sorge haben. Ihr ohnehin ständig überforderter Kundendienst wird von ohnehin ständig überforderten iPhone User überrannt. Und ein Ausfall des Netzempfanges bedeutet natürlich einen Verdienstausfall, wenn die Kunden nicht mehr telefonieren, smsen oder mobil surfen können. Das Geschäftsmodell eines Netzbetreibers basiert nun einmal darauf, dass seine Kunden mit entsprechenden Geräten auf das Netz zugreifen können.
Bedeutet das nun, dass sich auch Apple in Zukunft der üblichen Kontrollen und Tests unterziehen muss? Wohl kaum. Apple wird weiterhin seine Bedingungen diktieren und die Provider werden kuschen, um auch das nächste iPhone mit ihren Verträgen verkaufen zu können.
Wie WPCentral’s Daniel Rubino schon gestern auf seinem Twitter-Account sagte, könnten die wahren Leidtragenden am Ende die User von Android und insbesondere Windows Phone Geräten sein. Denn Microsoft und Co. werden es nun schwer haben ihrerseits gegenüber den Providern auf größere Freiheiten und zügigere Umsetzung von Updates zu pochen. Im Gegenteil, das Beispiel „iOS 8.0.1“ könnte zum Totschlagargument der Netzbetreiber für noch mehr Kontrolle und noch langwierige Update-Prozesse werden.
Bleibt eigentlich nur eine Lösung: der Kunde muss Apple abstrafen, wenn der selbstgefällige Konzern aus Cupertino Mist baut. Anlässe gab es dafür in letzter Zeit ja genug.
Bildquelle: deathmetalmods via Twitter (@DeathMetalMods)