Auf der diesjährigen Build Konferenz, so schien es, hatte Microsoft zur letzten großen Schlacht gegen den Windows App-Gap gerufen. Der Softwareriese hat verschiedene „Brücken“ vorgestellt, die es Entwickler leicht machen sollten, ihre vorhandenen Apps auf die Windows 10 Plattform zu bringen.
Mit Project Westminster lassen sich Web Anwendungen auf Windows 10 portieren. Project Islandwood soll die einfache Portierung von iOS Apps ermöglichen. Am weitesten gingen die Redmonder aber mit Project Astoria, das es ermöglichen sollte, Android Apps praktisch unverändert auf Windows Phones laufen zu lassen. Dazu hatte Microsoft ein komplettes Android Subsystem in Windows 10 Mobile integriert, das das open source Betriebssystem emulieren konnte. Trotz einiger Gerüchte im Vorfeld, waren die Ankündigungen ein Paukenschlag.
Ein Paukenschlag ist auch die Meldung, die Daniel Rubino von WindowsCentral gestern veröffentlicht hat. Denn allem Anschein nach, hat Microsoft das Projekt Astoria gestoppt. Auf unbestimmte Zeit. Ob es jemals weiter geht, ist derzeit ungewiss.
Project Astoria (vorerst?) auf Eis gelegt
Die offiziellen Foren, auf denen sich Entwickler (nach erfolgreicher Bewerbung) über die Astoria Portierung informieren können, sollen seit September verweist sein. Anfragen an Microsoft bleiben seitdem unbeantwortet. Das Android Subsystem wurde aus den neusten Windows 10 Mobile Builds komplett entfernt, das betrifft auch das „RTM Build“ 10568 mit dem die ersten Geräte in einigen Wochen ausgeliefert werden sollen. Eine interne Quelle wird mit den Worten zitiert „die Android App Portierung verläuft nicht wie geplant„.
Mögliche Gründe für den Astoria Stopp
Über die Gründe für den vermeintlichen Stopp von Project Astoria gibt es derzeit verschiedene Spekulationen.
- Viele Windows Entwickler waren unglücklich über Astoria, weil es Anreize nimmt native Windows Apps zu entwickeln. Durch die Möglichkeit des Sideloadings von Android APKs – die man in der Regel leicht aus dem Internet herunterladen kann – wurden nach Meinung von Kritikern auch Raubkopien Tür und Tor geöffnet.
- Laut einigen Berichten soll das Android Subsystem in Windows 10 Mobile zu technischen Problemen geführt haben. Vor allem die mysteriöse „Verlangsamung“ des Betriebssystems mit der Zeit, über die sich manche Nutzer beklagt haben, soll darauf zurückzuführen sein.
- Die Rechtslage bezüglich der Emulation von Android war nie eindeutig geklärt
- Das Projekt soll sehr ressourcenintensiv sein. Angeblich umfasst das Astoria Team von Microsoft 60-80 Mitarbeiter, werden an Project Islandwood lediglich 5 Entwickler arbeiten.
Microsoft bleibt Antwort schuldig
In einer ersten Stellungnahme gegenüber WindowsCentral reagierte Microsoft ausweichend:
„Wir sind entschlossen, Entwicklern verschiedene Optionen zu geben, um ihre Apps auf die Windows Plattform zu bringen, einschließlich schon verfügbarer Brücken für Web und iOS und bald auch für Win32. Die Astoria Brücke ist noch nicht bereit, aber andere Tools bieten tolle Möglichkeiten für Entwickler.“
Eine klare Ankündigung, ob und wie es mit Astoria weitergeht, bleibt Microsoft schuldig. Aus einigen Quellen heißt es, sei bereits auf Eis gelegt und Microsoft suche bloß noch nach dem richtigen Zeitpunkt (und der richtigen Art) um dies zu kommunizieren.
Tatsächlich scheint sich Project Islandwood derzeit als der erfolgsversprechendere Ansatz zu erweisen. Das Toolset, das es Entwicklern ermöglicht, Windows 10 universal Apps in der iOS Programmiersprache zu schreiben, erfordert deutlich mehr Arbeit für die Portierung einer App, dafür ist das Resultat aber auch sehr viel näher an einer nativen Windows Anwendung dran. So wurde etwa das Kultspiel Candy Crush Saga als eine der ersten iOS Apps mittels Islandwood auf Windows Phone portiert. Die neue Facebook universal App scheint auf gleiche Weise zu entstehen.
Was bedeutet das für die Windows Plattform?
Wenn Microsoft bei Project Astoria tatsächlich den Stecker ziehen sollte, ist es schwer abzusehen, was das für die weitere Entwicklung der Windows App Plattform bedeutet. Viele Leute haben Android Apps auf Windows Phones schon immer als Sündenfall betrachtet und würden den Schritt sicherlich nur begrüßen. Andere, wie mein Kollege Leo Klint, sahen in Astoria – nach anfänglicher Skepsis – einen wichtigen Zwischenschritt im Kampf gegen den App Gap. Ich persönlich glaube, dass die Entwicklung von Windows 10 in den ersten Monaten so positiv war – gerade im Hinblick auf die Akzeptanz von Desktop-Apps – dass die Plattform auch ohne die „Abkürzung“ über Android Portierungen gedeihen wird.
Es wird Zeit, dass sich Microsoft jetzt klar und deutlich zu Astoria äußerst und sagt, was Sache ist. Derzeit deutet aber alles darauf hin, dass wir bis auf weiteres keine Android Apps auf Windows 10 sehen werden.
Project Astoria wohl auf Eis gelegt – gute Entscheidung oder ein Rückschlag um Kampf gegen den App Gap? Diskutiert mit in den Kommentaren!
Quelle: WindowsCentral Bildquelle: Sam Spratt, Gizmodo
Für mich ein klarer Rückschritt! Ich bin Hardcore Windows Phone User, mich bringt man damit nicht weg von WP aber ich kenne viele die begeistert waren als sie meine Android Apps auf meinem Lumia sahen. Einige davon wollten beim 950 zuschlagen und ihr iPhone oder Android verkaufen.
Die Builds mit Astoria waren deutlich langsamer als die letzten paar ohne. Ich denke sie müssten dies dringend fixen und nicht das Projekt ganz einstampfen. Zumindest nicht im ersten Jahr mit Win10…
Ich finde den Schritt sehr gut aus Entwicklerperspektive UND auch aus Anwenderperspektive, wenn ich mich an die gleiche Umsetzung auf BlackBerry 10 erinnere…
WOBEI diese Brücken eigentlich die Idee haben, die Entwickler mit einer schnellen Lösung für Windows 10 zu locken und sie nach einer Zeit dazu zu bringen, eine native App zu entwickeln. Wenn ich mir im Store aber die Screenshots der Facebook Beta ansehe, dann sehe ich bei Project Islandwood den zweiten Schritt noch weniger wie bei Astoria, denn Astoria hatte durchaus seine Limitierungen (Emulator, Mobile only, etc.).
Werden viele Apps nicht ohnehin nativ für Android und nativ für iPhones entwickelt? Wenn die Android-Umgebung so viele Probleme bereitet, dann können doch die iOS-Pendants mit Islandwood portiert werden. Ich weiß nicht, welche Apps ausschließlich für Android entwickelt wurden. Vielleicht sind diese Apps von Microsoft als weniger wichtig eingestuft worden.
@Königsstein, es heißt übrigens verwaist.
Ich finde es schade. Erst dieser Vertrauensbruch bei OneDrive und nun diese Rolle rückwärts beim Project Astoria. Gerade hier sah ich Chancen, den App-Gap mit einem Schlag zu verringern. Schade. Irgendwie ist das ein Teufelskreis. Den App-Entwicklern bzw. den Auftraggebern fehlt der Anreiz, eine App in Auftrag zu geben. Ich selbst versuche regelmäßig, große Dienstleister (z.B. Commerzbank, ebase, DiBa, Krankenkassen, Opel, Sonos (Lautsprecher) und viele andere mehr) immer mal aufzuwecken, in dem ich als Kunde meine Unzufriedenheit ausdrücke, dass hier nur 2 der 3 großen mobilen Betriebssysteme unterstützt werden. Auch bei Amazon kann man bei den Bewertungen schreiben: “ …… Weiterlesen »
Seine Meinung kundtun bringt prinzipiell etwas. Es ist aber auch nicht so, dass Unternehmen nicht wüssten, dass es Windows Phone gibt. Letztendlich möchte aber kein Unternehmen ein drittes Ökosystem fördern, um das sie sich dann auch noch kümmern müssen. Dieser Druck muss sich aus signifikant sinkenden Absätzen ergeben oder aus der Erkenntnis den Umsatz mit einer Windows Phone App merklich nach oben zu treiben.
Im Moment kommen die meisten Unternehmen zu dem Schluss, dass es langfristig Kosten spart, wenn man das mobile Betriebssystem von Microsoft boykottiert.
Für mich ist es logisch und nachvollziehbar. Die Android Apps liefen ja nur mit dem Unterbau. Und das auf Kosten der Leistung.
Die iOS Variante adaptiert ja nativ via C+ und gilt für mich als aussichtsreicher. Und iOS und Android nehmen sich in der Anzahl der Apps nichts.
Das ist korrekt. Allerdings schöpfen viele iOS Entwickler Apples APIs voll aus, dadurch wird die Portierung schwerer, da man entsprechende Pendants für die Windows Plattform einpflegen muss. Diese größere Hürde wiederum könnte Entwickler von einer Portierung abhalten.
Für mich als „noch Android User“ ein Rückschritt. Das 950 soll mein erstes Windows Phone werden, ich bin gespannt wie sehr mich dieses App Gap stören wird. So bringt Microsoft die Leute nicht zum wechseln…
Ich persönlich begrüße den Schritt eigentlich nur. Man kann auf der einen Seite sagen, dass Astoria den AppGap hätte lindern können. Aber: Wir hätten dadurch (zumindest bisher) keine Universal Apps gehabt, wir hätten uns unter Umständen unnötige Sicherheitsprobleme ins Haus geholt und Android an sich ist kein Allheilmittel. Sieht man ja an Blackberry OS 10. Die sind mit der direkten Integration einer Android Runtime und dem Amazon Appstore noch weiter gegangen und das Ergebnis ist am Ende gewesen, dass BBOS nur noch die Nummer 5 am Markt ist, weil Tizen vorbeigezogen ist. Im Übrigen ist Windows doch eigentlich auf einem… Weiterlesen »
Ich denke, dass Astoria wieder kommen wird, dann aber sicher als Variante von Islandwood, sprich dass Android Apps auf W10M umgeschrieben werden. Zu den Gründen: Aufgrund der Reaktion bzw. der fehlenden Reaktion von MS vermute ich schon fast, dass sie sich mit Google nicht bzgl. dem Subsystem einigen konnten (Lizenz etc.). Das würde das Schweigen erklären. Da man sich ja gerade stark annähert, will man durch diese „Unstimmigkeit“ keinen neuen Unmut zwischen Windows Usern und Google erzeugen. Technische Probleme kann man lösen bzw. würde MS dann auch sagen, wenn sie es nicht lösen könnten und würden dann auf Islandwood verweisen,… Weiterlesen »
Aus reiner Anwendersicht ist das eher nicht so schön. Erst am Wochenende wollte ich mir einen netzwerkfähige Gerät einrichten – natürlich nur per iOS oder Andorid App möglich. Da war Projekt Astoria ehrlich gesagt eine Verheißung. Ansonsten unterschreibe ich aber alle hier genannten Gründen gegen eine (womöglich verkorkste) Unterstützung von Android-Binaries vorbehaltlos.
Alles soll so bleiben. Ich finde die Universal Apps super. Wir brauchen keine Android Apps auf dem Windows Telefon. Ich kann solche Menschen sowieso nicht leiden, die auf andere schießen aber selber nichts gebacken bekommen (haben). Soll jetzt alles wieder umgeschmissen werden, nur weil er den Erfolg nicht bei sich sieht? Ich denke das wäre eine instabile Entwicklung. Wie schon einige geschrieben haben, die Builds mit Projekt Astoria waren um einiges langsamer und instabiler.