Ein Gastbeitrag von Mark Tepper.
Die Katze ist aus dem Sack. Auf der kürzlich vergangenen Build Conference 2015 hat Microsoft vorgestellt, wie der Store in Zukunft um wichtige Apps, welche bislang vorwiegend auf iOS und Android Systemen zu finden waren, erweitert werden soll. Doch allen ursprünglichen Vermutungen entgegen, nämlich dass Windows zukünftig nativ Android Apps unterstützen soll, wird „lediglich“ das Portieren selbiger auf unsere Plattform durch neue Tools erleichtert.
Was bedeutet dies nun für Windows, seine Benutzer und vor allem, die Entwickler? Für Windows soll es endlich den erhofften Aufschwung bringen. Indem viele Apps, welche bislang nicht im Store verfügbar waren, für Windows portiert werden, soll die Attraktivität des Betriebssystems für Endnutzer gesteigert werden. Vor allen Dingen im mobilen Sektor, sprich Smartphones und Tablets, in welchem sich Microsoft bislang mehr schlecht als recht behaupten kann.
Doch wie steht es um diejenigen, die sich dem Entwickeln von Apps verschrieben haben? Die Meinungen gehen stark auseinander. Es gibt solche, die den Neuigkeiten einigermaßen gelassen gegenüberstehen, und jene, die es als den drohenden Tod für Windows Apps sehen. Ich persönlich betrachte es mit einigem Abstand. Vermutlich, weil ich zwar Entwickler, dabei jedoch auf das Web und nicht Apps jedweder Plattform fokussiert bin. Einerseits muss ich beispielsweise Tobi, dem Entwickler der bekannten Pocket App Poki zustimmen, dass das direkte Entwickeln von Apps für Windows nun augenscheinlich an Attraktivität verloren haben könnte, jedoch sollte man meiner Meinung nach das Big Picture betrachten.
Seien wir mal ehrlich, Microsoft gibt Entwicklern mit Visual Studio seit sehr langer Zeit schon die wohl fortschrittlichsten und komfortabelsten Werkzeuge an die Hand, die man sich nur wünschen kann. Das, und die vergleichsweise leicht verständliche Handhabung von C# haben aber nicht ausgereicht, um insbesondere größere Unternehmen dazu zu bewegen Windows als Plattform zu bedienen. Dies hat, was meine Sicht der Dinge angeht, vor allen Dingen zwei Gründe:
- Manche Unternehmen, Google und Snapchat seien an dieser Stelle exemplarisch erwähnt, sind gerade heraus Anti-Microsoft. Mag dies bei Google hauptsächlich deshalb sein, weil Google endlich im vom Microsoft dominierten Enterprise Gebiet Fuß fassen möchte, sind es bei Snapchat und anderen wohl überwiegend persönliche, nicht weiter nachvollziehbare Gründe.
- Marketshare. Dies wurde an vielerlei Orten bereits hinreichend diskutiert und erläutert, dennoch ist und bleibt es der Hauptgrund für die Abwesenheit vieler App-Größen im Windows Store.
Auf Punkt 1 muss wohl nicht näher eingegangen werden, wie ich finde. Offensichtliche Ignoranz hat früher oder später jedem geschadet und den ultimativen Stolperstein eines jeden hart umkämpften Business dargestellt. Vergleichsweise kleine Fische wie Snapchat wird ihr Schicksal vermutlich schneller ereilen als Giganten wie Google. Doch selbst letzterer gerät zuletzt immer mehr ins Kreuzfeuer und hat selbst unter hartgesottenen Fans längst den Ruf des Good-Guy verloren.
Punkt 2 jedoch ist die tatsächliche, sprichwörtliche Wurzel allen Übels. Als Smartphone- oder Tablet OS spielt Windows selbst nach nunmehr 4.5 Jahren keine ernstzunehmende Rolle. Auch wenn es vordergründig für jedes Unternehmen wichtig sein sollte so viele Menschen wie möglich zu erreichen und zu bedienen, bedeutet eine zusätzliche App für eine weitere Plattform einen nicht unerheblichen finanziellen Aufwand. Ob ein Unternehmen nun eine App an externe Entwickler in Auftrag gibt oder eigene Spezialisten dafür einstellt, es kostet Geld. Und zwar nicht wenig.
Natürlich gibt es sicher Unternehmen, deren vorhandene Entwickler neben Objective C und/oder Java eben auch C# beherrschen. Nun könnten diese selbstredend dann auch eine App für Windows entwickeln. Nur leider ist dies schlichtweg nicht möglich, da sie für gewöhnlich nebst Updates für die im Google Play Store bzw. Apple App Store veröffentlichten Apps für gewöhnlich auch noch andere Projekte betreuen. Das Entwickeln einer weiteren Version ihrer App würde zu Lasten eben dieser Apps und anderen Projekte gehen. Womit also doch entweder weitere Entwickler eingestellt werden oder die Entwicklung an ein externes Unternehmen vergeben werden. Womit wir eben beim Thema Kosten sind. Apps zu entwickeln kostet Geld. Ein Unternehmen handelt aber ausschließlich Profit-orientiert. Wenn die Kosten einer App, also Entwicklung sowie regelmäßige Updates und Wartung eingeschlossen, den letztendlichen Nutzen übersteigen, wird kein Unternehmen der Welt sich dazu entschließen diese App in Auftrag zu geben.
Microsoft erhofft sich nun, durch das Vereinfachen des Portierens vorhandener Apps auf die Windows Plattform, den notwendigen Aufwand – und somit letzten Endes die Kosten – für die Unternehmen so weit wie möglich zu reduzieren. Ob sich das auszahlen wird oder nicht, wird sich zeigen. Ich persönlich wage es aber zu bezweifeln. Entweder steht uns eine Flut halbgarer Apps ins Haus, die nach kurzer Zeit weit hinter ihren Android und iOS Pendants zurückfallen werden, weil sie eben doch keine regelmäßigen Updates erhalten, oder der Aufwand wird tatsächlich so gering, dass der Kostenfaktor für die Unternehmen so drastisch sinkt, dass der Nutzen diesen spürbar übersteigt. Um ehrlich zu sein, erwarte ich – wenn überhaupt – ersteres.
In diesem Punk stimme ich nämlich mit Rudy Huyn überein, welcher sagt, dass wohl eher simple Apps auf diese Art in den Windows Store finden werden. Alles komplexere wird weiterhin einen erheblichen Aufwand erfordern, welcher wiederum teurer als der daraus gezogene Nutzen bleibt.
Und auch wenn ich, wie Eingangs erwähnt, Tobi was die Attraktivität für Windows zu entwickeln zustimme, teile ich seine Sicht der Dinge, die stark nach Endzeit-Szenario klingt, nicht. Wenn Unternehmen wie eben Pocket sich bislang dazu entschlossen hat das „Risiko“ Windows nicht einzugehen, wird daran auch kein Project Astoria oder Project Islandswoods etwas ändern. Betrachtet man die offiziellen Pocket Apps für Android und iOS, dürfte auffallen, dass es dem Unternehmen wichtig ist, Qualität zu liefern. Und dies kann meines Erachtens nach von keinem Super-Converter-Tool der Welt gewährleistet werden. So oder so wäre ein nicht unerheblicher Aufwand von Nöten, die App in vollem Funktionsumfang, denkbar frei von Bugs und dem hohen Qualitätsstandard gemäß zu entwickeln. Konvertierungstools hin oder her, dies dürfte immer noch Kosten mit sich bringen, die den Nutzen für das Unternehmen deutlich übersteigen.
Fazit: ich erwarte durch die angekündigten Tools keine signifikanten Änderungen an der derzeitigen Situation (oder Stagnation) des Stores. Als Todeskriterium sehe ich es allerdings auch nicht. Eine direkte, native Unterstützung für Android Apps hätte diesbezüglich weitaus größeres Zerstörungspotenzial gehabt.