Wie schon das dritte, geht nun auch das vierte Quartal 2014 für Samsung unerwartet erfolglos zu Ende. Belastet durch schlechte Verkaufszahlen in der Mobil-Sparte kommt es zu einem weiteren Umsatz- und Gewinnrückgang, der aber nicht ganz so groß ausfällt wie befürchtet. Eins ist jedoch schon jetzt klar: Samsung wird sich aufgrund des verschärften Wettbewerbs in der Mobilsparte neu orientieren und eine bekannte Karte spielen: Aggressivität!
Samsung ist überall
Samsung ist längst überall, nicht nur auf Smartphones. Der süd-koreansiche Technik-Mischkonzern baut so ziemlich alles, von Kraftwerken und Schiffen, über Kühlanlagen und Wäschetrocknern, bis zu RAM-Bausteinen & Smartphones und meldet dabei mehr Patente an als IBM, jedoch weniger als Siemens. Die größte Aufmerksamkeit in der Kundenwahrnehmung hat jedoch Samsung Electronics, die für Fernseh- & Handy-Sparte zuständig ist.
Die Wirtschaft in Südkorea tickt anders
In Korea läuft vieles anders. Dies hat nicht nur mit der fernöstlichen Kultur zu tun, sondern vor allem auch mit der jüngeren politischen Geschichte; hier können jedoch nur einige Andeutungen gemacht werden. Südkorea wurde noch bis in die 1980er-Jahre von wechselnden Militärdiktaturen beherrscht, unter denen strenge Regeln und genaue wirtschaftliche Vorgaben galten. Auch wenn die Republik Südkorea heute als vollständig funktionierende moderne Demokratie gilt, wirkt diese Zeit nach.
Firmengeschichte und -strukturen
Beherrscht wird Samsung von der Familie Lee, die zu den vermögendsten und einflussreichsten in Südkorea gehören. Wie für koreanische Großkonzerne, Jaebol genannt, typisch engagiert sich Samsung in einer Vielzahl weiterer Branchen. Unter den Konzerngruppen ist Samsung der größte Jaebol, zu dem rund 80 Tochterunternehmen gehören. 2011 setzte die Gruppe mit mehr als 300 000 Mitarbeitern rund 177 Milliarden Euro um, mehr als der Volkswagenkonzern und erwirtschaftete rund ein Viertel des südkoreanischen Bruttoinlandsprodukts. Nach der Asienkrise in den 1990er Jahren musste Samsung, wie alle Jaebeol, sich aus zahlreichen Geschäftsfeldern zurückziehen und auf einige Kerngebiete konzentrieren. Seitdem ist Samsung Electronics der zentrale Zweig des Konglomerats.
Gegründet wurde Samsung 1938 als Lebensmittelladen, der nach dem Koreakrieg zum größte Nahrungsmittelhersteller Südkoreas aufstieg. Die Entwicklung des Konzerns ist dabei eng mit dem enormen wirtschaftlichen Aufschwung unter der Militärdiktatur von Park Chung-hee in den Jahren 1961–1976 verbunden. Nach erfolgen in der Baubranche stieg Samsung mit der 1969 gegründeten Tochter Samsung Electronics im großen Stil in die Fertigung von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten ein und stieg in den folgenden Jahrzehnten zu einem der größten Hersteller in der Branche auf. Auf Betreiben der südkoreanischen Regierung begann Samsung zu jener Zeit auch mit der Entwicklung von Halbleitern, speziell Speichermodulen. Die in dieser Zeit entstandene Verflechtung zwischen Staat und Wirtschaft beseht teilweise auch heute noch; sodass weiterhin vieles unter der Hand geregelt wird. Die südkoreanische Gesellschaft ist mittlerweile aber kritischer gegenüber den Jaebol eingestellt. Dies hängt u. a. mit großen Bestechungs- und Korruptionsskandalen so wie den auch bei uns vieldiskutierten schlechten Arbeitsbedingungen seitens Samsung zusammen.
Koreanische Tiger
Der Konzern wird durchaus modern, aber streng hierarchisch – manche sagen militärisch – geführt. Die Koreaner werden in der Branche als »fast mover« bezeichnet. Das heißt: Sie sind vielleicht nicht diejenigen die eine Entwicklung anstoßen, aber sehr schnell darin erfolgversprechende Trends zu erkennen und zu adaptieren. Dabei schaffen sie es häufig, innerhalb kurzer Zeit zum jeweiligen Marktführer aufzuschließen und teilweise sogar zu überholen. Ein Schlüssel hierzu ist einem äußerst aggressiven Vorgehen zu suchen gepaart mit hoher Qualität zu einem günstige(rem) Preis.
Hierzulande kennt man von dem Unternehmen vor allem die Elektroniksparte. Diese setzte im 2012 rund 141 Milliarden Euro um und verdiente dabei 16,7 Milliarden Euro. Samsung Electronics ist Weltmarktführer bei Smartphones und TVs – und einer der führenden Hersteller von Kameras, Hausgeräte, Chips, Displays und Lithium-Ionen-Akkus. Auch wenn man es nicht sieht, steckt in vielen Geräten Samsung drin – nicht zuletzt auch beim Erzrivalen Apple. Da Samsung die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt, und die meisten Bauteile in eigenen Fabriken entstehen, kann das Unternehmen auf Veränderungen im Markt schnell reagieren.
Jeder hat seine Leiche im Keller
Angesichts der Untriebigkeit des Konzerns wundert es nicht, dass sich hier ähnliche Leichen im Keller finden, wie jene, die Nokia seinen schlechten Ruf als Subventionsschwindler in Deutschland eingebraucht hat. So hatte Samsung in Berlin das Röhrenwerk Oberschöneweide 2005 an die Wand gefahren, nachdem man sich zuvor vom Land Berlin mit Millionen Subventionen unter die Arme greifen ließ. Scheinbar waren die öffentlichen Fördermittel für Samsung aber nicht hoch genug, um den Standort auf die Fertigung zeitgemäßer Flachbildschirme und Mobiltelefone umzustellen.
Ready to rumble
Das aggressive Gebaren von Samsung erfährt man als Kunde anders: Da ist einerseits die aggressive Preispolitik von Konsumergeräten bei (anfänglich) hoher Qualität, mit der man schon so manchen Mitbewerber ausgestochen hat, siehe etwa Fernsehtechnik und Smartphones. Zur Preispolitik gehört aber auch das Verhalten als Hersteller, besonders von Speicherbausteinen. Samsung hatte etwa in der Vergangenheit immer wieder in Phasen relativer Knappheit von DRAM-Modullen die Preise nach oben getrieben. Das Unternehmen ist auch für sein aggressives Marketing bekannt, auch wenn die Aktionen häufig ihr Ziel verfehlt. Man denke etwa an den polarisierenden Vergleich zwischen dem Galaxy S3 und iPhone 5 oder das bekannte Oscar-Selfie. Samsung verpulfert Millionen für Werbung – teilweise mehr als Apple – wenngleich dabei häufig die gewünschten Ziele nicht erreicht werden. Ein weiteres Schlachtfeld stellt ferner der Gerichtssaal dar. Der Patentstreit zwischen Apple und Samsung ist legendär. Auf jede Klage folgte stets eine Gegenklage, frei nach dem Moto: Was die können, können wir schon lange. Der Streit wurde mittlerweile zwar weitgehend beigelegt und teilweise gerichtlich unterbunden; aber das letzte Wort ist hier vielleicht noch nicht gesprochen. Zu den jüngsten Gefechten gehört die Auseinandersetzung mit Microsoft um Lizenzgebühren für Android sowie eine Gegenklage gegen Nvidia bezüglich der Verletzung von Grafikkarten-Patenten.
Fazit
Gerade wenn man sich gegen neuerstarkte Mitbewerber behaupten muss, wie Xiaomi, dass gerade als das „neue Samsung“ gehypt wird, dann wird Samsung nicht gleich aufgeben – sondern vermutlich altbekannte Karten ausspielen und angreifen. Wenn sich jedoch bewahrheitet, dass mit Smartphones nur noch wenig Geld zu verdienen ist, wird Samsung vermutlich weiterziehen. Das nächste große Ding ist schon angepeilt: Mit Internet-of-Things-Geräten (kurz IoT) soll zukünftig das große Geld verdient werden – und Samsung hat nicht vor, sich dabei in die Quere kommen zu lassen. Samsung wird in der Branche nicht umsonst als „das aggressivste Unternehmen der Welt“ gehandelt; ein Titel, der wohl ganz nach dem Geschmack der Firmenleitung ist. Es mag im Moment nicht so aussehen als würde sich der Konzern zu Tode siegen, vielleicht stellt sich Samsung aber mit ihrer aggressiven Attitüde, die ihnen so lange gute Dienste geleistet hat, am Ende selbst ein Bein stellen.
Danke, sehr interessanter Artikel. Vieles wusste ich über Samsung nicht!
Samsung war das Unternehmen, was bei mir in fast allen Produktbereichen unten durch war bzw noch ist. Handy war nach kurzer Zeit defekt, mehrere Festplatten haben sich mal so nebenbei verabschiedet. Der größte Flop war jedoch der Fernseher, den ich mir von Samsung gekauft hatte. Nach einer super Beratung im „Fachhandel“ (ich weiß schon, warum ich meinen Kram nur noch online kaufe) wurde mir suggeriert, dass Samsung das nonplusultra sei und die Panels für alle Geräte auf dem Markt herstellt. Unterm Strich war das Gerät aber absoluter Schrott und im Vergleich zu meiner Sony Röhre, die ich vorher hatte ein… Weiterlesen »