Leser unseres Blogs haben sicher gemerkt, dass wir nicht nur objektive Beobachter aller Dinge rund ums Windows Phone sind sondern auch Fans der Plattform und der Geräte auf denen sie läuft. Als solche interessieren wir uns natürlich auch dafür, welche Strategie unser Team verfolgt, um nach oben zu kommen. Denn – machen wir uns nichts vor – zurzeit sind wir weder der FC Bayern noch Borussia Dortmund, sondern eher Werder Bremen.
Hier möchte ich deshalb den Strategiewechsel würdigen, den Microsoft gerade vollzieht und dessen Auswirkungen wir in den kommenden Monaten noch stärker zu spüren bekommen werden. Denn mit Windows Phone 8.1 launcht Microsoft nicht nur das aktuell fortschrittlichste mobile Betriebssystem, sondern startet auch den Angriff auf den Massenmarkt. Das wurde insbesondere durch zwei Entscheidungen deutlich, die in den letzten Monaten verkündet wurden. Zum einen verzichtet Microsoft ab sofort auf Lizenzgebühren für Windows Betriebssysteme auf Smartphones und Tablets unter 9 Zoll. Smartphone Produzenten können WP 8.1 also kostenlos verwenden.
Zweitens hat Microsoft die Hardwareanforderungen für Windows Phones deutlich gelockert. Insbesondere wird WP 8.1 auch die schwächeren – und günstigeren – Qualcomm Chipsets der Reihen Snapdragon 200 und 400 unterstützen. Außerdem sind die Hersteller nicht mehr verpflichtet die kapazitiven Hardware-Buttons rund um die Home Taste zu verbauen, sondern können stattdessen Software-Buttons verwenden, wie es Nokia bereits beim Lumia 630 tut.
Was zunächst eher unspektakulär klingen mag, markiert tatsächlich eine Zeitenwende für Windows Phone und eine Abkehr von der Strategie der letzten Jahre. Denn als Microsoft Ende 2010 mit Windows Phone 7 den Angriff auf Apple und Google startete, hat man sich wohl am falschen Vorbild orientiert. Man wollte eher ein besseres iOS sein, als eine besseres Android.
Nach Userzahlen war Google zu jener Zeit zwar schon an Apple vorbeigezogen. Android war aber (vielleicht mehr noch als heute) zersplittert in mehrere Versionen und eine Unzahl von Custom-ROMs, die hauptsächlich auf billigen Endgeräten liefen – und das oftmals mehr schlecht als recht. Apples Philosophie war hingegen seit jeher die Einheit von Software und Hardware. iOS ist für iPhones gemacht und iPhones für iOS. Deshalb laufen Apples Geräte auch (meistens) wie sie sollen und haben durch das einheitliche Erscheinungsbild einen hohen Identifikationsfaktor.
Microsoft hatte wenig Interesse daran selbst ins Hardware-Geschäft einzusteigen, wollte aber die Zuverlässigkeit und Einheitlichkeit von Windows Phone durch relativ strenge und spezifische Vorgaben an die Produzenten der Endgeräte sicherstellen. Nokia, Samsung, HTC und Co. sollten zwar ihre eigenen Windows Phones designen, aber die User Experience sollte auf allen Geräten gleich (oder zumindest vergleichbar) sein und vor allem: gleich gut.
Außerdem ließ man sich von den Herstellern für die Verwendung des Betriebssystems zwischen 18€ und 24€ Lizenzgebühren pro Gerät zahlen. Microsoft ist nunmal ein Software-Konzern und hatte die Mentalität eines Software-Konzerns. Googles Geschäftsmodell hingegen bestand schon immer darin, Android frei und kostenlos zur Verfügung zu stellen und dann als Einfallstor für die anderen Google-Dienste zu missbrauchen. (Und natürlich auch kräftig an den App Verkäufen mitzuverdienen.)
Rückblickend können wir feststellen, dass Microsoft’s Strategie funktioniert hat (WP7 und WP8 laufen überall gleich und überall gut), aber trotzdem nicht sonderlich erfolgreich war. Denn die Hürden für Gerätehersteller waren einfach zu hoch gesetzt. In der Folge gab es nur relativ wenige Windows Phone Modelle in einem relativ hohen Preissegment. Im Premium-Bereich konnte man aber, vor allem in den USA, nur wenig Marktanteil gewinnen, auch weil Apple hier über eine sehr loyale – um nicht zu sagen devote – Userbase verfügt.
Aber diese Hürden hat Microsoft nun abgeschafft. Mit dem Ergebnis, dass wir nicht nur auf neue WP-Modelle von LG und HTC hoffen dürfen, sondern eine ganze Reihe kleinerer OEMs neue Windows Phones angekündigt haben – vor allem im low-end Bereich.
Meiner Meinung nach ist der Strategiewechsel von Microsoft vollkommen richtig.
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Weil die Hardware-Seite mittlerweile so weit entwickelt ist, dass ein gut programmiertes Betriebssystem wie WP 8.1 auch auf billigen Geräten flüssig und stabil läuft.
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Weil man Apple und Google noch stärker über den Preis attackieren kann. Das Nokia Lumia 630 für unter 150€ ist hier schon eine richtige Kampfansage.
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Weil sich Microsoft über günstige Smartphones auf Wachstumsmärkten wie China, Indien und Südamerika positionieren kann.
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Weil der Massenmarkt im low-end Bereich liegt – und market share wichtig ist. Denn nur so werden wie die größte Schwachstelle von Windows Phone los: den App Gap. User mit einem 100€ Windows Phone und User mit einem 600€ Windows Phone haben ja eines gemeinsam: sie sind potentielle App-Käufer und machen damit die Plattform für Entwickler attraktiver.
Da Microsoft gleichzeitig mit Features wie Cortana und dem erwarteten 3D Touch auch im high-end Bereich innovativ bleibt, bin ich sehr zuversichtlich was die Zukunft unserer Plattform angeht.
Königsstein
– Ex Apple Fan turned WPhub Contributor
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